Heidecksburg in Rudolstadt
Auf der Heidecksburg prägten verschiedene Hofkapellmeister die barocke Musikszene von Rudolstadt. Bildrechte: MDR

MDR-Musiksommer Musikalischer Streifzug über die Heidecksburg Rudolstadt

08. August 2022, 13:59 Uhr

"Regieren, residieren, repräsentieren!" mit diesen drei gewichtigen Worten lässt sich die Mission der Fürsten zu Schwarzburg-Rudolstadt beschreiben.
Ihr Residenzschloss Heidecksburg hoch über der Stadt diente ihnen zwar lediglich als Sommersitz und bevorzugter Jagdaufenthalt, es zählt aber zu den bedeutendsten mitteldeutschen Schlossbauten des 18. Jahrhunderts. Und hinter den dicken Mauern spielte graziöse Musik. Ein musikalischer Streifzug über die Heidecksburg.

Obgeleich der barocke Kapellmeister Philipp Heinrich Erlebach nie einen Fuß nach Frankreich gesetzt hat, klingen Teile seiner Musik, als seien sie aus der Feder eines französischen Komponisten geflossen. Zwei Drittel seines Lebens diente er dem Fürsten in Rudolstadt und das für 35 Jahre. Sein Ruf hallte weit über die thüringischen Landesgrenzen hinaus. Der damals namhafte Musiktheoretiker und Schriftsteller Caspar Printz schwärmt:

Auszug aus: Die Musikaliensammlung der Schwarzburg–Rudolstädtischen Hofkapelle unter Philipp Heinrich Erlebach (1657 – 1714) "Von dannen kahm ich gen Rudolstadt/da ist Herr Erlebach bey dem Grafen von Schwarzburg Capellmeister, welcher unter den teutschen Componisten die meiste Satisfaction giebt/und sich trefflich hervor thut…"

Vebranntes Vermächtnis

Direktors der Heidecksburg, Dr. Lutz Unbehaun in der Schloߟbibliothek.
Lutz Unbehaun in der Schlossbibliothek der Heidecksburg. Bildrechte: IMAGO / Steve Bauerschmidt

Vor allem Erlebachs Instrumentalstücke waren überaus beliebt, denn sie atmen barockes Lebensgefühl jener Zeit. Allerdings blieben der Nachwelt von seinen über eintausend Werken nicht allzu viele erhalten. Die Erklärung, so Lutz Unbehaun, langjährige Direktor der Rudolstädter Heidecksburg: ein Großteil Erlebachs Werkes sei 1735 bei einem Schlossbrand zerstört worden. Im thüringischen Staatsarchiv, das auch auf der Heidecksburg sitzt, befänden sich aber noch eine Reihe von wichtigen Kompositionen, die durch Fachleute entdeckt werden.

Lange Tradition: Musikkultur in Rudolstadt

Als Erlebach 1681 zu den Schwarzburgern kommt, existiert die Kapelle bereits mehr als 40 Jahre. Anfänglich mit gerade einmal sechs Mitgliedern, einschließlich des Kapellmeisters und eines Kapellknaben. Doch musiziert wurde seit den Anfängen, sagt der bis Frühjahr 2021 amtierende Direktor Lutz Unbehaun:

Rudolstadt ist seit 1571 Residenzstadt und seit dieser Zeit zieht sich auch die Musikkultur durch. Da hat man keine Kosten und Mühen gescheut, um einfach wichtige Musiker hier nach Rudolstadt zu ziehen oder wichtige Komponisten zu engagieren.

Lutz Unbehaun, langjähriger Direktor Heidecksburg Rudolstadt
Rokoko-Saal im Schloss Heidecksburg mit Deckengemälde
Der Rokoko-Saal im Schloss Heidecksburg erinnert an barocke Zeiten. Bildrechte: MDR/Axel Berger

Und diese veredelten den Alltag bei Hofe, denn nicht nur in Gottesdiensten wird aufgespielt, auch bei Tisch, bei schlichten Zusammenkünften und natürlich bei fürstlichen Gelagen in den verschiedenen Sälen, wobei das Prunkstück der zwölf Meter hohe Festsaal ist. Im Stile des Rokoko mit konkaven und konvexen Wandschwüngen, reichen Stuckverzierungen und einem imposanten Deckenfresko, das den im Olymp versammelten Götterrat zum Thema hat.

Erlebachs Nachfolger

Auf Erlebach folgt der Thüringer Johann Balthasar Christian Freislich. Er stockt die Hofkapelle auf 30 Mitglieder auf. Damit bieten sich ihm musikalisch viel mehr Möglichkeiten. Auch im Instrumentarium, denn sein großzügiger Dienstherr, Günther der I., schickt ihn für ein Jahr nach Dresden, um beim Musik- und Tanzlehrer Pantaleon Hebenstreit dessen gerade entwickeltes Pantaleon – eine Art Hackbrett – zu erlernen.

Aber nicht nur Instrumentalkonzerte finden hoch oben im Musikzimmer und den Sälen statt, auch Opernaufführungen mit kostspieliger Ausstattung. Ab 1793 dann im neueröffneten Theater von Rudolstadt. Allein Georg Gebel, der nächstfolgende Hofkapellmeister, schreibt 12 Opern. Dieses Pensum schaffte er nur mittels starkem Kaffee, so die Überlieferung. Letztlich starb er an Erschöpfung – heute nennen wir das Burn Out.

Musikförderung über alles

Ein weiterer Name von Bedeutung für die Hofkapelle der Schwarzburger ist Traugott Maximilian Eberwein. Ende des 18. Jahrhunderts übernimmt er das Kapellmeisteramt und schlägt eine weltoffene Richtung ein. Er fördert den musikalischen Nachwuchs, bringt aber auch zahlreiche Werke Beethovens zur Aufführung.

Dass der Musikwelt einige Manuskripte und Tondokumente dieses umfänglichen Archivs vorliegen, ist dem ehemaligen Dramaturgen und Kapellmeister vom Theater Rudolstadt, dem angesehenen Musikwissenschaftler Peter Gülke zu verdanken.

Luftbild der Heidecksburg in Rudolstadt, 2013
Im thüringischen Staatsarchiv auf der Heidecksburg beschäftigt man sich mit dem Werk Erlebachs. Bildrechte: IMAGO / Karina Hessland

Musik – das lernen wir - war den Schwarzburgern immer ein Herzensbedürfnis und dafür wurden die Geldschatullen geleert ohne Rücksicht auf die Nachkommen.

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Dieses Thema im Programm: MDR KLASSIK | MDR KLASSIK am Morgen | 11. August 2022 | 08:40 Uhr

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