Bei einer Razzia gegen sogenannte «Reichsbürger» führen vermummte Polizisten, nach der Durchsuchung eines Hauses Heinrich XIII Prinz Reuß zu einem Polizeifahrzeug
Im Dezember 2022 wird Heinricht XIII. Prinz Reuß von Polizisten abgeführt. (Archivbild) Bildrechte: picture alliance/dpa | Boris Roessler

Justiz Nach gescheiterten Putsch-Plänen: Verdächtige "Reichsbürger" bleiben in U-Haft

19. Juli 2023, 17:33 Uhr

Viele der im Dezember festgenommenen "Reichsbürger" um Heinrich XIII. Prinz Reuß bleiben weiter in Untersuchungshaft. Laut BGH besteht bei allen Personen Fluchtgefahr. Die Gruppe hatte einen bewaffneten Putsch gegen das politische System der Bundesrepublik Deutschland geplant.

Nach einer Großrazzia in der "Reichsbürger"-Szene vor etwa einem halben Jahr bleiben 22 Beschuldigte in Untersuchungshaft. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe entschieden. Bei allen Personen bestehe Fluchtgefahr, in einigen Fällen sei auch Schwerkriminalität als Haftgrund gegeben.

"Der besondere Umfang und die besondere Schwierigkeit des Verfahrens haben ein Urteil noch nicht zugelassen und rechtfertigen die Haftfortdauer", teilte der BGH am Mittwoch mit. Laut Gesetz muss nach sechs Monaten U-Haft geprüft werden, ob diese verlängert werden darf.

Gruppe plante bewaffneten Putsch

Die Gruppe um Heinrich XIII. Prinz Reuß soll vorgehabt haben, das politische System in Deutschland mit Waffengewalt zu stürzen und eine neue Regierung zu installieren. Es habe einen militärischen Arm gegeben, der Waffen beschaffen sollte. Die Beteiligten hätten auch Tote in Kauf genommen.

Den bisherigen Erkenntnissen zufolge handelte es sich bei der Gruppierung "hochwahrscheinlich" um eine terroristische Vereinigung, teilte der BGH weiter mit. "Denn sie bestand aus mehr als zwei Personen, war auf längere Dauer angelegt, hatte eine organisatorische Struktur und verfolgte mit der Abschaffung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland sowie der Schaffung eines neuen deutschen Staatswesens ein übergeordnetes gemeinsames Interesse."

Bei 20 Beschuldigten bejahte der dritte Strafsenat den dringenden Verdacht der mitgliedschaftlichen Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung sowie der Vorbereitung eines hochverräterischen Unternehmens. Darunter ist auch eine Person, der bislang nur die Unterstützung einer solchen Vereinigung vorgeworfen worden war. Bei den beiden übrigen Personen geht es nach wie vor um Unterstützung.

Waffen sichergestellt

Die Bundesanwaltschaft hatte Anfang vergangenen Dezember 25 Verdächtige in Deutschland, Österreich und Italien festnehmen lassen, darunter eine ehemalige AfD-Bundestagsabgeordnete, Ex-Offiziere und Polizeibeamte. Manche wurden zwischenzeitlich aus der U-Haft entlassen. Die Einsatzkräfte stellten unter anderem zahlreiche Waffen sicher. Weitere Beschuldigte gerieten nach und nach ins Visier, inzwischen wird gegen mehr als 60 Verdächtige - überwiegend Deutsche - ermittelt.

"Reichsbürger" und "Selbstverwalter" zweifeln die Legitimität der Bundesrepublik an. Das Bundesamt für Verfassungsschutz geht von rund 23.000 Menschen aus, die dieser Szene angehören. 2021 hätten "Reichsbürger" und "Selbstverwalter" 1.011 extremistische Straftaten begangen. 2020 seien es noch 599 gewesen. Seit 2016 wurden den Angaben nach 1.050 waffenrechtliche Erlaubnisse entzogen.

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MDR (cfr)/dpa

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR THÜRINGEN JOURNAL | 19. Juli 2023 | 19:00 Uhr

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