Forscherin mit Lithium-Metall-Anode
In Wolfen soll Lithium zu einem batteriefähigen Rohstoff veredelt werden. (Symbolbild) Bildrechte: Siegfried Michael Wagner

Neue Ansiedlungen Rings um Bitterfeld-Wolfen starten Technologie-Unternehmen durch

07. Juli 2023, 16:53 Uhr

Der Chemiepark Bitterfeld-Wolfen gehört zu den wirtschaftlichen Schwergewichten in Sachsen-Anhalt. Der benachbarte Technologiepark Mitteldeutschland ist durch das Solar Valley bundesweit bekannt geworden. Beide buhlen um neue, innovative Firmen. Und tatsächlich bewegt sich einiges. Gerade siedeln sich Unternehmen aus sogenannten Zukunftsbranchen an.

MDR-Reporter André Damm
Bildrechte: André Damm

Die Zahlen des Chemieparkes Bitterfeld-Wolfen sind schon jetzt beeindruckend: Auf etwa 1.000 Hektar haben sich bisher rund 360 Unternehmen angesiedelt, die mehr als 11.000 Mitarbeiter beschäftigen. Bei den meisten Firmen handelt es sich um klassische Chemieunternehmen – entweder sind es Niederlassungen internationaler Chemiekonzerne oder relativ junge Firmen, die auf den Weltmarkt drängen. In Bitterfeld-Wolfen finden sie ein gut ausgebautes Schienen- und Rohrleitungsnetz vor, die Autobahn ist nicht weit. Diese Infrastruktur, in die die immense Summe von fünf Milliarden Euro gepumpt wurde, lockt inzwischen aber auch andere Unternehmen an, die den sogenannten Zukunftsbranchen angehören.

Lithium-Wertschöpfungskette etablieren

Da ist AMG Lithium in Wolfen. Das holländisch-amerikanische Unternehmen investiert zunächst 140 Millionen Euro, um sprödes Lithiumhydroxid zu reinigen und zu einem batteriefähigen Rohstoff zu veredeln – solch eine Raffinerie gibt es europaweit noch nicht. Geschäftsführer Stefan Scherer sagte beim Richtfest: "Die Industrie in Europa ist gerade dabei, sich zu etablieren. Die Batteriefertiger brauchen auch Kathodenmaterial und damit auch Lithium. Da müssen wir dabei sein." Wirtschaftsstaatssekretärin Stefanie Pötzsch ist sich sicher, dass noch viel mehr daraus entstehen kann. "Wir haben den nutzbaren Rohstoff da und dann ist es unser Wunsch, dass wir Unternehmen finden, die damit weiter arbeiten." So etwas nennt man Wertschöpfungskette. Diese findet sich bereits in der Solarbranche, die sowohl im Chemiepark als auch im benachbarten Technologiepark Mitteldeutschland stark vertreten ist.

Eine Baustelle mit Bagger und Schildern.
Im Mai 2022 wurde mit dem Bau einer Raffinerie zur Herstellung von Lithiumhydroxid in Wolfen begonnen. (Archivbild) Bildrechte: picture alliance/dpa | Sebastian Willnow

Das Unternehmen Hanwha-Q-Cells hat sich als Forschungsstandort im Solar-Valley in Thalheim längst profiliert und schließt nicht aus – bei entsprechender staatlicher Förderung – wieder in die Produktion einzusteigen. Ähnliches ist vom Nachbarn, dem Deutsch-Schweizer Unternehmen Meyer-Burger, zu hören. Im Juli hat die Firma begonnen, die Produktion weiter hochzufahren und will pro Tag 1,2 Millionen Zellen herstellen – ein Drittel mehr als bisher. Gleichzeitig wird die ehemalige Solibro-Fabrik umgebaut, damit auch hier Solarzellen gefertigt werden können. Eigenen Angaben zufolge soll sich bis Ende kommenden Jahres die Mitarbeiterzahl von derzeit 300 auf bis zu 750 erhöhen.

Noch mehr als 30 Hektar für neue Unternehmen

Da passen noch zwei weitere Neuansiedlungen ins Bild. Die US-amerikanische Firma NexWafe investiert gerade 30 Millionen in eine Fabrik, um Solar-Wafer herzustellen – diese millimeterdünnen Scheiben, in denen der photoelektrische Effekt stattfindet. Bislang werden diese fast ausschließlich in China gefertigt. Ein wichtiges Ausgangsmaterial nicht nur für die Photovoltaik-Industrie ist auch Silizium. Das deutsche Unternehmen Silicon Products will zusammen mit einem französischen Partner in Bitterfeld hochreines Siliziumcarbid herstellen. Nahezu alle Halbleiterproduzenten, so auch der Intel-Konzern, benötigen bei der Produktion diesen Rohstoff.

Von einer Aufbruchstimmung spricht Clemens Mai, Chef des Technologieparks Mitteldeutschland. Er ist zuständig für das Solar-Valley und die neue Papierfabrik in Sandersdorf-Brehna. Es gebe noch Platz für neue Unternehmen, mehr als 30 Hektar. "Schade ist natürlich, dass fast 60 Hektar an die Farasis-Gruppe verkauft wurden, die eine Batteriefabrik bauen wollte, aber einen Rückzieher machte. Das sind Filetstücke, die uns fehlen." Die Flächen direkt an der Autobahn 9 liegen quasi ungenutzt da – und bremsen etwas die kühnen Erweiterungspläne im Landkreis Anhalt-Bitterfeld.

MDR (Andre Damm, Alisa Sonntag)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 07. Juli 2023 | 12:00 Uhr

4 Kommentare

geradeaus vor 45 Wochen

Als ganz Wolfen mitte der 90er noch ~45k Einwohnende hatte. Ja war schön damals. Wie Wono dann zur Jahrtausendwende zerfiel war unschön mit anzusehen. Ich tat es immer nur aus der Ferne aus weil ich auch wegzog. Jedoch nicht mit weniger Schmerz.

Bobbau, Raghun Jeßnitz, Sandersdorf, Greppin, Muldenstein, Reuden, Thalheim, Siebenhausen und natürlich Bitterfeld, wo der Dreck vom Himmel fällt. Ich denk an euch ^^

Tim Taler vor 45 Wochen

Komisch, hier wird von Meyer- Burger etwas anderes kommuniziert. Man will lieber in den USA investieren, da sich hier die Bedingungen immer weiter verschlechtern. Die Produktion ist jetzt schon viel zu teuer...

Shantuma vor 45 Wochen

Solarvalley ... lustig.

Naja China reglementiert den Export von bestimmten seltenen Erden ab nächstes Jahr.
Darunter auch jene die man für Solarzellen und Mikrochips benötigt. Da China einer der größten Produzenten und Exporteure jener Erden ist ...

Mit einer feministischen Außenpolitik kommt man da nicht weit, denn China lässt sich vom Westen nicht belehren.

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