3 Menschen auf einem schlecht beleuchteten Gehweg
Gegen die hohe Jugendkriminalität in Halle soll es neue Maßnahmen geben. (Symbolbild) Bildrechte: MDR

Kritik an Neun-Punkte-Plan Halle: Sozialwissenschaftler kritisiert Maßnahmen gegen Jugendkriminalität

03. Oktober 2023, 14:41 Uhr

Der Sozialwissenschaftler Hans Goldenbaum kritisert die neuen Maßnahmen gegen die Jugendkriminalität in Halle, die auf einem Krisengipfel beschlossen worden sind. Seiner Meinung nach würden die strukturellen Probleme nicht in Angriff genommen.

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Der Hallesche Sozialwissenschaftler Hans Goldenbaum sieht die beschlossenen Maßnahmen zur Bekämpfung der Jugendkriminalität in Halle kritisch. Goldenbaum ist Bereichsleiter Gewalt- und Radikalisierungsprävention der Halleschen Jugendwerkstatt und sagte MDR SACHSEN-ANHALT, eine Erhöhung der Polizeipräsenz und die Einrichtung einer speziellen Ermittlungsgruppe hätten in der Vergangenheit schon etwas bewirkt, allerdings würden die strukturellen Probleme in Halle nicht in Angriff genommen: "Die Schulen leiden unter einer hohen Überlastung, es fehlen Lehrer. Auch die Schulsozialarbeit, die jedes Jahr kurz vor der Einstellung steht, ist massiv überlastet. Die Schulen sind aber die Scharnierstellen, wo man noch intervenieren könnte. Aufgrund der vielen Probleme dort passiert das aber derzeit nicht."

Jugendkriminalität in anderen Städten

Goldenbaum zufolge ist die Zunahme von Jugendkriminalität aber auch in anderen deutschen Städten zu beobachten. Er begründet diese Entwicklung mit den ähnlichen sozialen Strukturen in urbanen Räumen: "Wir haben da beispielsweise eine Häufung von Familien und Kindern, die in Armut leben. Wir haben dort besonders viele Kinder, die in ihrer Bildungslaufbahn scheitern und auch nur wenige Möglichkeit haben, in ihrer Freizeit strukturierte Angebote besuchen zu können."

Deshalb gibt es den Neun-Punkte-Plan

Auf einem Gipfel hatten sich Vertreter der Stadt sowie verschiedener Landesministerien am Montag auf einen Neun-Punkte-Plan geeinigt, um die Jugendkriminalität in Halle effektiver zu bekämpfen. Zum erarbeiteten Maßnahmenkatalog gehörten unter anderem eine erhöhte Polizeipräsenz und eine Anlaufstelle für die Opfer von Jugendgewalt, sagte Bürgermeister Egbert Geier (SPD) bei dem extra anberaumten Gipfeltreffen. Sachsen-Anhalts Justizministerin Weidinger begrüßte die Maßnahmen. Sie sollten betroffene Kinder und Jugendliche sensibilisieren, gegen sie gerichtete Straftaten auch anzuzeigen.

Hintergrund ist die Häufung der Kinder- und Jugendkriminalität in Halle. Laut Innenministerium hat die Stadt im Jahr 2023 bis einschließlich August 518 Fälle von Kinder- und Jugendkriminalität mit 484 Jungtatverdächtigen registriert. 305 dieser Straftaten seien vorsätzlich einfache Körperverletzungsdelikte. 148 gefährliche und schwere Körperverletzungen und 57 Raubdelikte seien erfasst worden. 2019 waren es laut Ministerium 388 Fälle mit 342 Jungtatverdächtigen im Bereich der Kinder- und Jugendgewaltkriminalität.

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Bildrechte: picture alliance / KEYSTONE | MARTIN RUETSCHI

MDR (Thomas Tasler, Johanna Daher)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 03. Oktober 2023 | 10:00 Uhr

4 Kommentare

schwester65 vor 31 Wochen

Es macht mich wütend, wenn ich lese, daß mal wieder auf einem Krisengipfel Punktepläne erarbeitet wurden. Damit ist das Problem für die eigentlichen Verantwortlichen abgehakt und wird an die Polizei und Lehrer weitergereicht.
Den Mangel an Lehrern und Erziehern gibt es seit vielen Jahren und viel zu große Klassenverbände mit Inklusion und Migration und Sprachbarriere schaffen eine Lernatmosphäre, bei der gar kein Kind mehr etwas mitnehmen kann, aber Hauptsache billig. Das ist eine Schande für ein angeblich ach so reiches Land.
In die Bildung und Ausbildung unserer Kinder zu investieren heißt, in die Zukunft dieses Landes zu investieren und das sollten auch unsere Politiker allmählich begreifen.
Dem Treiben der Jugendbanden sollte konsequent entgegengesteuert werden.
Wie viele andere Probleme wächst uns auch das sonst wieder über den Kopf.

DanielSBK vor 31 Wochen

Es ist bereits genug Geld da - auch die Elternhäuser sind im Leistungsbezug. Der Steuerzahler kann nicht für alles zur Kasse gebeten werden und wieviel denn noch?!

Goldloeckchen vor 31 Wochen

„Wir haben dort besonders viele Kinder, die in ihrer Bildungslaufbahn scheitern und auch nur wenige Möglichkeit haben, in ihrer Freizeit strukturierte Angebote besuchen zu können."“


Dafür steht leider kein Geld zur Verfügung. Vielleicht könnte ein Sondervermögen Abhilfe schaffen 🇩🇪😉

🫣😉☝️😂

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