Menschen versammeln sich neben einem Drucker
Im Dezember haben Studierende an der Uni Halle für den Erhalt der Drucker protestiert. Bildrechte: Johanna Pichler

Studierende schreiben für den MDR Uni Halle: Studierende machen Druck für Drucker-Erhalt

13. März 2024, 10:36 Uhr

Die Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg schafft ihre Drucker ab und will zukünftig mehr auf digitale Lösungen setzen. Das sorgt für Protest unter den Studierenden. Sie meinen: Die Drucker zu entfernen wäre auf keinen Fall nachhaltig. Ein Gastbeitrag einer Studentin aus Halle.

Dieser Text ist im Rahmen des Projekts "Studierende schreiben" in Zusammenarbeit mit der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg entstanden.

Will ein Studierender der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg ein Blatt Papier ausdrucken, so hat er deutlich weniger Möglichkeiten als noch zu Beginn des Semesters im Oktober. Seitdem hat die Universität einen Großteil der Drucker für die Studierenden abgeschafft. Übrig geblieben sind neun Exemplare, die zunächst bis Juni 2024 erhalten bleiben sollen.

Drucker an der Uni Halle werden durch Auflichtscanner ersetzt

Die Entscheidung, die Drucker abzuschaffen, verkündete das Rektorat in einer Rundmail an alle Studierenden im Oktober. Hintergrund für die Änderungen sei, dass die Dienstleistungsverträge über den Betrieb der Drucker erneuert werden müssen. Da die Zahl der kostenpflichtigen Ausdrucke seit Jahren rückläufig sei, sollen die Multifunktionsgeräte durch sogenannte Auflichtscanner ersetzt werden.

"Mit diesen beiden Maßnahmen kommen wir zugleich unserem Ziel von Klimaneutralität bis 2030, zu dem sich der Akademische Senat in der Nachhaltigkeitsstrategie der MLU bekannt hat, einen Schritt näher", erklären Rektorin Claudia Becker und Kanzler Alfred Funk in der von ihnen unterzeichneten E-Mail.

Petition gegen die Abschaffung erreicht fast 3.000 Unterschriften

Der Studierendenrat der Universität reagierte darauf mit Empörung und startete im November eine Petition gegen die Abschaffung der Drucker. Knapp 3.000 Unterschriften kamen bisher zusammen. Zur Einordnung: An der Uni Halle waren im vergangenen Jahr mehr als 20.000 Studierende eingeschrieben.

Viele Studierende machen sich in den Kommentaren der Petition gegen die Entscheidung des Rektorats stark. Ein Unterzeichner aus Halle schreibt: "Nicht alle Menschen haben einen Drucker und sollten einen Drucker besitzen (Stichwort Elektroschrott). Außerdem haben nicht alle Menschen einen Copy-Shop in der Nähe." Die Uni sollte keine ausgedruckten Arbeiten verlangen, ohne die Infrastruktur dafür bereitzustellen. Eine weitere Person kommentiert: "Studierenden soll es nicht verwehrt sein, kostengünstig arbeiten zu können, um einen Bildungsfortschritt zu erreichen." Die Drucker abzuschaffen würde gefährden, dass alle Studierenden gleichbehandelt werden.

Nicht alle Menschen haben einen Drucker und sollten einen Drucker besitzen (Stichwort Elektroschrott). Außerdem haben nicht alle Menschen einen Copy-Shop in der Nähe.

Ein Unterzeichner der Petition

Protestaktion auf dem Universitätsplatz

Nachdem das Rektorat auch nach einem offenen Brief des Studierendenrates weiter an seinen Plänen festhielt, rief dieser zu einer Protestaktion im Dezember auf. Dem Aufruf folgten laut eigenen Angaben gut 100 Studierende, die sich auf dem Universitätsplatz sammelten. Unter ihnen auch Gordon Dannat, der Lehramt studiert.

Ein junger Mann hält ein Portestschild hoch auf dem steht: "Wir wollen drucken"
Lehramtsstudent Gordon Dannat hat sich bei der Protestaktion für den Erhalt der Drucker eingesetzt. Bildrechte: Johanna Pichler

Für den Protest hat er extra ein "Wir machen Druck"-Protestschild gebastelt, das er während der Redebeiträge in die Höhe hält. Seine Dozierenden stellen ihre Studientexte meist online zur Verfügung, berichtet Gordon. Normalerweise würde er sie ausdrucken, um sie mit Permanentmarker, Bleistift und Kugelschreiber markieren zu können. "So, wie man das auch früher gemacht hat", erklärt der Student. Er sei "nicht so der Online-Typ" und möge es, ein Blatt Papier vor sich zu haben.

Klimaschutz oder "Pseudoargument"?

Das Argument der Klimaneutralität hielt der mittlerweile zurückgetretene Vorsitzende des Studierendenrates, Jan Niklas Reiche, für ein "Pseudoargument" der Universität. "Natürlich hat die Uni nicht die Drucker abgeschafft, um etwas für den Klimaschutz zu tun, sondern die Uni hat das gemacht, weil die Uni Geld sparen will", erklärte Reiche in seiner Rede beim Protest. Das bedeute nur, dass Studierende in Zukunft an anderer Stelle drucken und zum Beispiel Copyshops nutzen oder sich privat einen Drucker anschaffen müssen. "Das hat klimaschutzmäßig überhaupt keine Wirkung", fügt er hinzu.

Ob der Nachhaltigkeitsaspekt im Fokus der Abschaffung lag, verneint die Pressestelle der Universität auf Anfrage. Der Hauptgrund sei, dass die Dienstleistungsverträge über den Betrieb der Drucker hätten erneuert werden müssen.

Ihr könnt uns nicht erzählen, dass euch Nachhaltigkeit so dolle am Herzen liegt, wenn ihr eigentlich die Punkte, mit denen man wirklich nachhaltige Universität gestalten könnte, außer Acht lasst.

Jan Niklas Reiche, Vorsitzender des Studierendenrates

Der ehemalige Vorsitzende des Studierendenrates wies außerdem darauf hin, dass die Universität Halle ein Nachhaltigkeitsbüro initiiert hat – dessen Koordinationsstelle jedoch schon seit Mitte November unbesetzt ist. Das Büro hat eigentlich die Aufgabe, eine nachhaltige Universität zu fördern. "Ihr könnt uns nicht erzählen, dass euch Nachhaltigkeit so dolle am Herzen liegt, wenn ihr eigentlich die Punkte, mit denen man wirklich nachhaltige Universität gestalten könnte, außer Acht lasst", sagte Jan Niklas Reiche im Interview. Nach Angaben der Pressestelle hat das unbesetzte Nachhaltigkeitsbüro jedoch nichts mit der Abschaffung der Drucker zu tun.

Die Abschaffung der Drucker – ein Start ins digitale Zeitalter der Uni Halle?

Nach wie vor müssen viele Studierende der Uni Halle ihre Haus- und Abschlussarbeiten in Papierform abgeben. Mit der Abschaffung der Drucker kann dies durchaus zum Problem werden. "Wenn ihr eine papierlose Universität wollt, dann müsst ihr aber auch die Voraussetzungen schaffen", meint der Vorsitzende des Studierendenrates.

Der Senat der Universität hatte das Thema bereits im November diskutiert. Im Sitzungsbericht heißt es, dass "die Umstellung auf papierlose Prüfungsverfahren für Hausarbeiten und Abschlussarbeiten im Rektorat intensiv geprüft und mit Priorität bearbeitet werden" solle. Zudem gebe es ein entsprechendes Pilotprojekt im wirtschaftswissenschaftlichen Bereich der Universität.

Studierendenrat ist mit Kompromiss nicht zufrieden

Zu dem Protest gegen die Abschaffung der Drucker kam Rektorin Claudia Becker zwar nicht, jedoch übergab sie zeitgleich einen Kompromissvorschlag an den Studierendenrat. Die Drucker, die noch da sind, dürfen bleiben – erst einmal. Genau genommen bis Juni 2024. Dabei handelt es sich um neun Exemplare, die in vereinzelten Instituten der Universität untergebracht sind.

Aus Sicht des Studierendenrates ist dieser Teilerfolg nicht zufriedenstellend. Seine Protestrede schloss Jan Niklas Reiche daher mit einem Aufruf an seine Mitstudierenden: "Ganz viel, was für Studierende eigentlich Grundversorgung ist – um all das müssen wir gerade kämpfen und nicht dafür Visionen zu haben, was wir in den nächsten Jahren alles cool machen können, sondern einfach nur dafür, dass es nicht schlimmer wird. Aber wir können das nur gemeinsam ändern, wenn wir laut sind und Druck machen."

Wie es nun mit den Druckern weitergeht, ist nicht klar. Der Studierendenrat erklärte Anfang März, es gebe keine neuen Entwicklungen. Auch die Universität teilte mit, es gebe aktuell keinen neuen Stand. Allerdings arbeite man intensiv an dem Thema und erwarte, dass es in den kommenden Monaten neue Entwicklungen geben werde.

Eine junge Frau mit pinkem Regenschirm lächelt in die Kamera
Bildrechte: Johanna Pichler

Über die Autorin Johanna Pichler studiert seit Oktober 2023 den Master Multimedia und Autorschaft in Halle. Davor absolvierte sie ihren Bachelor in Journalismus mit der Vertiefungsrichtung Politik in Magdeburg. Aktuell arbeitet sie als Social Media und Community Redakteurin bei der "taz" und hat unter anderem dort als auch bei der "Süddeutschen Zeitung" Texte veröffentlicht.

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12 Kommentare

Teddy12 vor 6 Wochen

STUDENTEN! Es handelt sich ausschließlich um Studenten, mitunter auch vom Studentenrat! Erfreulicherweise weiß das der überwiegende Teil der Kommentatoren!

D.L. vor 6 Wochen

Tja, 2010 haben wohl die allermeisten Studenten noch nicht begonnen zu studieren.
Und dem Satz:"Die Uni sollte keine ausgedruckten Arbeiten verlangen, ohne die Infrastruktur dafür bereitzustellen."
Punkt

nilux vor 6 Wochen

Sprich: Ein paar Ewiggestrige wollen eben für "umme" drucken. Was auch immer. Wenn studentische Arbeiten immer noch in Papierform eingereicht werden müssen dann sollten sich die Leute mal eher dagegen richten und nicht gegen die Abschaffung von Druckern (die im Übrigen auch viel Strom verbrauchen)

Und vielleicht mal zum Kostenargument: Dass nicht nachhaltige Dinge durch wachsende Preise wie z.B. CO2-Steuer einfach zunehmend mehr kosten ist politisch gewollt und keine Willkür einer Uni-Leitung. Irgendwie scheinen manchen Studierende das irgendwie nicht zu kapieren.

Aber die Zahl sagt es ja schon: Mit einer Petition 3.000 gegen den vernünftigen Rest der 20.000 Studierenden.

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