Dr. Bernd Wiegand Oberbürgermeister Halle (Saale)
Gegen Bernd Wiegand wird es vorerst keinen Prozess geben. (Archivbild) Bildrechte: IMAGO / Steffen Schellhorn

Nach Gerichtsentscheidung Halles Oberbürgermeister Wiegand fordert Rückkehr ins Rathaus

03. März 2023, 18:59 Uhr

Zwei Jahre nach der sogenannten Impfaffäre um Halles suspendierten Oberbürgermeister Bernd Wiegand wird es erst mal kein Gerichtsverfahren geben. Das Landgericht Halle begründete seine Entscheidung damit, dass die erhobenen Vorwürfe nicht den Tatbestand der Untreue erfüllen. Wiegand fordert nun die sofortige Aufhebung seiner Suspendierung. Das Landesverwaltungsamt kündigte an, das Disziplinarverfahren gegen Wiegand auszuweiten.

Gegen Halles suspendierten Oberbürgermeister Bernd Wiegand (parteilos) wird es wegen der sogenannten Impfaffäre vorerst kein Gerichtsverfahren geben. Ein Sprecher des Landgerichts Halle sagte am Freitag, man lehne ein Verfahren gegen den Oberbürgermeister und dessen Büroleiterin wegen angeblicher Manipulationen bei der Impfreihenfolge ab. Die erhobenen Vorwürfe erfüllten nicht den Straftatbestand der Untreue. Auch die Veränderung eines Protokolls sei nicht als Fälschung strafbar.

Wiegand ist laut Landgericht von der Staatsanwaltschaft Halle gemeinschaftlich begangene veruntreuende Unterschlagung (§ 246 StGB) sowie Fälschung beweiserheblicher Daten (§ 269 Abs. 1 StGB) vorgeworfen worden. Die Impfungen der Beschuldigten selbst sind demnach nicht Gegenstand der Anklageschrift.

Einschätzung des Gerichts Teilerfolg für Wiegand

Dem Sprecher des Gerichtes zufolge hat Wiegand möglicherweise verwaltungsrechtliche Befugnisse überschritten, sich aber nicht rechtswidrig Impfdosen angeeignet. Wiegand habe als Oberbürgermeister der Stadt die Verfügungsbefugnis über den Corona-Impfstoff gehabt.

Zudem sei die damals geltende Regelung zur Impfreihenfolge verfassungswidrig gewesen. Auch Datenfälschung konnte das Gericht nicht erkennen. Die Staatsanwaltschaft hatte Wiegand vorgeworfen, ein Protokoll nachträglich verändert zu haben, um den Stadtrat zu täuschen. Dadurch sei der Eindruck entstanden, dass der Katastrophenschutzstab sein Vorgehen genehmigt habe. Das sei aber keine Fälschung beweiserheblicher Daten im rechtlichen Sinn, erklärte das Gericht. Die Entscheidung ist ein Teilerfolg für Halles suspendierten Oberbürgermeister.

Gegen den Beschluss kann Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberlandesgericht in Naumburg zu entscheiden hat.

Wiegand fordert sofortige Aufhebung der Suspendierung

Wiegand selbst forderte am Freitag die sofortige Aufhebung seiner Suspendierung. Er erwarte vom Präsidenten des Landesverwaltungsamtes, dass dieser die "nun gegenstandslos gewordene vorläufige Suspendierung unverzüglich" aufhebe, sagte er in einem Statement, das MDR SACHSEN-ANHALT vorliegt.

Wiegand wiederholte zudem seinen Vorwurf, den Befürwortern der Suspendierung sei es um parteipolitische Interessen gegangen. Sie hätten ihn aus dem Amt drängen wollen. Im Gespräch mit der Deutschen Presseagentur (dpa) sprach er von einer "Hexenjagd".

Landesverwaltungsamt weitet Disziplinarverfahren aus

Das Landesverwaltungsamt hat unterdessen das Disziplinarverfahren gegen Wiegand ausgedehnt. In einem Schreiben an den Stadtrat heißt es, er stehe im Verdacht, durch weitere "Handlungen ein Dienstvergehen begangen zu haben". Ihm werde vorgeworfen, vor dem Landgericht bewusst falsche Aussagen gemacht zu haben. Außerdem soll er dienstliche Ressourcen für private Zwecke genutzt haben.

Das Landesverwaltungsamt listet unter anderem eine Reihe von Fällen auf, bei denen Mitarbeiter der Stadtverwaltung zwischen 2018 und 2020 Restaurant- und Hotelreservierungen im privaten Rahmen für den OB übernommen haben sollen. Diese Handlungen begründeten den Verdacht eines Dienstvergehens, so das Landesverwaltungsamt.

Das Disziplinarverfahren gegen Wiegand umfasst mittlerweile zahlreiche Punkte. Darunter fallen unter anderem Verstöße gegen tarif- und haushaltsrechtliche Vorschriften und dienstrechtliche Verstöße im Rahmen seiner vorzeitigen Impfung entgegen der 2021 geltenden Corona-Impfpriorisierung.

Wiegand wegen vorzeitiger Imfung in der Kritik

Wiegand war massiv in die Kritik geraten, weil er sich Anfang 2021 gemeinsam mit mehreren Stadträten vorzeitig gegen Corona impfen ließ. Diesen Schritt begründete er damit, dass man übriggebliebene Impfdosen vor dem Wegwerfen bewahren wollte. Im Rahmen der Aufklärung geriet Wiegand ins Straucheln, verwickelte sich in Widersprüche und wurde schließlich im April 2021 durch den Stadtrat suspendiert. Es folgten ein Disziplinarverfahren und staatsanwaltschaftliche Ermittlungen.

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dpa, afp, MDR (Fabian Brenner, Annekathrin Queck)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 03. März 2023 | 18:00 Uhr

28 Kommentare

Eiche am 04.03.2023

Der Wiegand hat sich durch „ vordrängeln“ impfen lassen als mein Vater ( dtl. älter als der Wiegand) es nicht durfte. Der lebt noch … mein Papa nicht. Diese Menschen haben in meiner demokratischen Republik keine Entscheidung zu treffen. Er soll sich durch Arbeit gern rehabilitieren, jedoch im Rathaus hat er nichts zu suchen!!!!

Mitteldeutsch am 04.03.2023

genug is genug oder wie viel Steuergeld soll weiter sinnlos ....
die Drahtzieher und deren Handlanger sollten mindestens finanziell Verantwortung übernehmen
OB Dr. Bernd Wiegand wurde von Halle / Saale Bürger gewählt und wird grenzwertig von Übergeordneten wegen Vordrängeln (eigentlich sollte Impfdosis nicht verfallen), und "an nicht seinen Haaren herbeigezogenen Übertreibungen, an Amtsführung behindert.
Vllt. beendet unser "Landesfürst" diese teure Posse mit seiner Richtlinienkompetenz der Politik, trägt er dafür die Verantwortung.

steka am 04.03.2023

bringt nichts, der "Betriebsfrieden" zwischn OB Wiegandund Stadtrat ist dauerhaft gestört, eine erforderliche Zusammenarbeit unmöglich. An seiner Stelle hätte ich es schon längst wie der zur Abdankung gezwungene sächsische König gehalten : "Macht eurern Dreck alleene !"

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