Mit Löschhubschraubern wird das Feuer am Brocken bekämpft. Insgesamt 5 Löschhubschrauber sind im Einsatz.
Seit Samstag brennt es am Brocken im Harz. Zuletzt standen 160 Hektar Wald in Flammen. Bildrechte: picture alliance/dpa | Matthias Bein

FAQ Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Waldbrand am Brocken

07. September 2022, 19:13 Uhr

In Sachsen-Anhalt hat es in diesem Sommer vermehrt im Harz gebrannt. Seit Samstag wütet ein weiterer Waldbrand auf 160 Hektar unterhalb des Brockens. Dieser wirft bei den Userinnen und Usern viele Fragenn auf. Warum müssen Löschflugzeuge aus dem Ausland helfen? Warum breitet sich der Brand unterirdisch aus? Weitere Fragen und Antworten finden Sie hier im Überblick.

Warum breitet sich das Feuer am Brocken unterirdisch aus?

Dass sich der Waldbrand am Brocken auch unterirdisch ausbreitet, liegt an einem sich dort befindlichen Moorgebiet. Laut NDR sind Moorbrände schwer zu löschen, wenn auch der unterirdisch liegende Torf brennt. Das passiert schnell, wenn diese zum Zwecke der Landwirtschaft trockengelegt sind oder der Grundwasserspiegel abgesenkt wurde.

Löschwasser reicht laut NDR nicht aus, um den Brand unterirdisch vollständig zu löschen. Denn das Wasser dringe nicht tief genug in die Erde ein. Um die Schwelbrände ohne menschliche Hilfe zu ersticken, müsste es über einen längeren Zeitraum hinweg regnen. Besonders gefährlich ist dabei die starke Rauchentwicklung, da die Gase, die dabei freigesetzt werden, hochgiftig sind.

Hilft das Wetter bei den Löscharbeiten?

Aktuell hoffen die Einsatzkräfte im Nationalpark auf Regen. Wenn der nicht bald einsetze, so Kreisbrandmeister Kai-Uwe Lohse, könne sich der Löscheinsatz noch bis kommende Woche hinziehen. Auch sorgt er sich um aufkommenden Wind, der die restlichen Glutnester wieder anfachen könnte.

Hilfreicher Regen könnte auch im Harz bald kommen. Laut MDR-Wetterstudio ist das Tief "Peggy" auf dem Weg – auch über den Harz. Ab Donnerstag soll es dann auch in der Harzregion um den Brocken zu Niederschlägen kommen. Am Mittwoch hatte es nur einen kurzen Schauer gegeben, der den Einsatzkräften zufolge keine Auswirkungen auf die Löscharbeiten hatte

Wie groß ist das Brandgebiet?

Mit Hilfe von Wärmebildkameras wurde festgestellt, dass sich der Brand unterirdisch auf 160 Hektar ausgebreitet hat (Stand Donnerstag).

Wie viele Helfer sind am Brocken im insgesamt im Einsatz?

Laut Kreisbrandmeister Kai-Uwe Lohse waren am Mittwoch rund 300 Feuerwehrkräfte und 10 Löschhubschrauber im Einsatz. Hinzu kommen Einheiten der Polizei, der Flugbereitschaft und der Bundeswehr. Auch zwei Löschflugzeuge aus Italien sind vor Ort.

Warum kommen Flieger aus dem Ausland?

Die beiden über das europäische Hilfsprojekt "RescEU-IT" aus Italien angeforderten Löschflugzeuge sind seit Montagmorgen am Brocken unterwegs und noch bis Mittwoch im Einsatz, sagte Nationalparkleiter Roland Pietsch MDR SACHSEN ANHALT HEUTE. Wasser holen die Flugzeuge laut dem Onlinedienst Flightradar im 20-Minuten-Takt aus dem Concordiasee im Harzvorland.

Tagsüber waren etwa 30.000 Liter Wasser per Überflug aller Luftfahrzeuge über der Brandstelle verteilt worden. Die Unterstützung aus der Luft ist Kreisbrandmeister Kai-Uwe Lohse zufolge notwendig, weil Teile des Feuers an einem 30 bis 45 Grad steilen Hang liegen. Vor Ort gibt es demnach kaum Infrastruktur in Form von Waldwegen.

Dass die Flugzeuge aus Italien geholt wurden, liegt daran, dass Deutschland keine Löschflugzeuge besitzt. Auch eine Anschaffung solcher Flugzeuge sei nicht geplant, teilte eine Sprecherin des Bundesinnenministeriums im Juli mit. Sachsen-Anhalts Feuerwehrverband kritisiert diese Entscheidung.

Mittlerweile hatte der Landkreis Harz darüber nachgedacht selbst ein Löschflugzeug anzuschaffen. Landrat Thomas Balcerowski (CDU) sagte der Volksstimme im Juli, eine entsprechende Ausschreibung sei in Vorbereitung. Denn die Flugzeuge können mehr Wasser transportieren als Helikopter.

Ist der Brand durch Menschen verschuldet?

Kreisbrandmeister Kai-Uwe Lohse sagte MDR SACHSEN ANHALT, dass die Brandursache noch unklar sei. Sehr wahrscheinlich sei aber, dass der Brand am Brocken durch Menschenhand ausgelöst wurde. "Man braucht auch beim trockensten Material im Wald mindestens 300 Grad Celsius, um eine Flamme zu entzünden", sagt Forstwissenschaftler Michael Müller von der TU Dresden in einem Interview bei MDR Wissen.

Man braucht auch beim trockensten Material im Wald mindestens 300 Grad Celsius, um eine Flamme zu entzünden.

Michael Müller Professor der TU Dresden

Andere Ursachen können Glasscherben im Wald sein, glimmende Zigarettenstängel oder unachtsamer Umgang mit Feuerzeugen, Streichhölzern und anderen heißen Gegenständen. Laut Müller ist aber auch vorsätzliche Brandstiftung eine häufige Ursache und eine reale Gefahr. Hier kann es sein, dass der Brand aus wirtschaftlichen Gründen, Protest oder Provokation heraus entzündet wird.

Ist Totholz im Harzwald eine Brandgefahr?

Ja und Nein. Wenn ein Baum stirbt, wird er zu einem neuen Lebensraum für Insekten und Pilze, die für ein ausgeglichenes Ökosystem sorgen. Das ist zum Beispiel im Harz der Fall. Denn hier wird der Wald größtenteils sich selbst überlassen. Hier finden die verschiedenen Organismen im Totholz die besten Bedingungen vor. Liegt das Totholz auf dem Waldboden, wird es feucht und kann so als Wasserspeicher oder sogar als Brandschutz dienen.

Sobald das Holz den Boden jedoch nicht berührt und beispielsweise zwischen den Ästen der noch lebenden Bäumen hängt, trocknet es aus und ist sehr leicht brennbar. Thilo Heinken von der Uni Potsdam warnt außerdem vor der dicken Schicht aus trockenen Nadeln der Fichten und Kiefern als Brandursache. Totholz stellt auch bei den Löscharbeiten der Feuerwehr eine Gefahr, da es leicht zusammenbrechen und so Menschen verletzten kann, so die Einsatzkräfte.

Wie kann man den Harzwald vor Bränden schützen?

In Sachsen-Anhalt wird in den Waldumbau investiert. Ziel ist es, einen klimatoleranten, stabilen und robusten Laub- und Mischbestand auszubauen, der weniger anfällig für Waldbrände ist. Geplant ist also eine Wiederaufforstung und laut Sachsen-Anhalts Forstminister Schulze auch der Bau einer Schneise, die die Brände im Wald stoppen soll.

Im Nationalpark Harz wird diese Brandschutzschneise bereits auf den zahlreichen Wanderwegen mit einer Breite von 25 bis 30 Metern eingehalten, so Nationalpark Leiter Roland Pietsch im Interview mit MDR SACHSEN ANHALT HEUTE.

Auch Wanderer können den Wald aktiv vor Bränden schützen: Sie sollten nur die ausgeschriebenen Waldwege nutzen und nicht mit dem Auto in den Wald fahren. Denn der heiße Auspuff und Motor können leicht für Funkenflug sorgen. Leicht entzündlichen Müll wie Taschentücher oder Papierverpackungen sollten unbedingt wieder mit nach Hause nehmen und nicht im Wald liegen lassen. Alle Tipps finden Sie zusammengefasst bei MDRklärt!

Notfallkontakte - Notrufnummer 112
- örtliche Rangern und Förstereien
- Brand- und Katastrophenschutz im Landkreis Harz: 03941 59 70 43 43
- Revier rund um Schierke am Brocken: 0160 7148822

Welche Alternativen gibt es in Sachen Brandschutz im Harz?

Eine andere Lösung, um Waldbrände zu verhindern wird in Derenburg im Harz praktiziert: Roteichen. Hier hat eine Revierförsterin vor 65 Jahren einen Waldbrandriegel mithilfe von Roteichen angelegt, erklärt Bürgermeister André Salomon MDR SACHSEN-ANHALT. Er ist 1,5 Hektar groß. Salomon erklärte: "Südlich von uns liegt ein Fichtenwald, der auf Felsen wächst, also sehr wenig Wasser bekommt. Wenn am Aussichtspunkt dort etwas passiert, würde sich das Feuer durch den Wald fressen."

Salomon, der auch Feuerwehrmann ist, weiß, wie verheerend Waldbrände in Fichtenwäldern wüten. Doch die Roteichen schützen den Fichtenbestand seit 65 Jahren. "Die Roteiche kommt aus Nordamerika", erklärt Thomas Roßbach. Er leitet das Betreuungsforstamt, zu dem auch der Stadtwald von Derenburg gehört.

Zudem hilft auch das Laub der Bäume gegen Feuer: "Das Laub der Roteiche ist außerdem feuerhemmend. Dadurch wird auf natürliche Weise die Ausbreitung von Waldbränden verhindert." Das liegt daran, dass die Laubblätter säurehaltig und schwer zersetzbar sind. So kann ein eventuelles Feuer ausgebremst werden. Dieses Wissen der Vorfahren ist in Jahren mit mehr Niederschlägen in Vergessenheit geraten.

Wie oft hat es in Sachsen-Anhalt dieses Jahr gebrannt?

In den ersten sechs Monaten hat es in Sachsen-Anhalt mehr als doppelt so viele Waldbrände gegeben wie im gesamten Jahr 2021. Von Januar bis Ende Juni 2022 brannten nach Angaben des Landeszentrums Wald Sachsen-Anhalt bei 80 Bränden insgesamt knapp 18 Hektar. Im Vorjahreszeitraum waren es 24 Brände auf gut 12 Hektar, im gesamten Vorjahr hat es 39 Mal auf 23 Hektar gebrannt.

Warum sind Waldbrände in Ostdeutschland besonders verheerend?

Die ostdeutschen Flächenländer sind aufgrund der Vegetation besonders gefährdet, weil hier vor rund 200 Jahren die Waldstruktur verändert wurde – von Laub- zu Nadelwald. Und Nadelbäume brennen besser. Die allermeisten werden jedoch enorm schnell gelöscht.

Dass Brände überhaupt so groß werden können wie die, die wir aktuell haben, liegt fast immer daran, dass schlicht nicht gelöscht werden kann. Das sagt Michael Müller, Professor für Waldschutz an der Technischen Universität Dresden. "Wenn wir Berglagen haben, in denen wir nicht vordringen können, oder bei Munitionsbelastung in sogenannten Wildnisgebieten, da haben wir einfach keine Waldbrandvorbeugung und wir haben auch keine Erschließung und wir haben die Gefahr der explodierenden Munition, sodass man es nicht riskieren kann, zu löschen", sagt Müller.

Brennender wald 23 min
Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Auf dem ehemaligen Gebiet der DDR befinden sich zahlreiche Übungsgebiete der Sowjetarmee, die noch immer munitionsbelastet sind. Brennt es auf einem solchen Gebiet, müssen die Einsatzkräfte einen Sicherheitsabstand von ca. 500 Metern halten um sich nicht selbst in Lebensgefahr zu begeben. Das erschwert die Löscharbeiten enorm.

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MDR (Maximilian Fürstenberg, Josephine Reinländer)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT HEUTE | 07. September 2022 | 19:00 Uhr

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