Ein Reservist in Ausbildung tritt während eines Ausbildungsmoduls des Projektes "Ungediente für die Reserve" des Landeskommandos Hessen auf dem Truppenübungsplatz Hammelburg vor. 4 min
In der Oberlausitz soll in den kommenden Jahren ein neuer Bundeswehr-Standort aufgebaut werden. Bildrechte: picture alliance/dpa | Sebastian Gollnow

Bataillon(e) für die Oberlausitz Bundeswehransiedlung in Ostsachsen: Vier Standorte in engerer Auswahl

15. November 2023, 05:00 Uhr

Mindestens tausend Soldaten sollen in den kommenden Jahren in die Oberlausitz verlegt werden. Für die strukturschwache Region eine wichtige Ansiedlung. Doch kommen die Kasernen in den Landkreis Görlitz oder der Landkreis Bautzen – oder plant die Bundeswehr mit beiden?

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In Ostsachsen gibt es ein Rennen um eine Ansiedlung der Bundeswehr. Im Raum steht die Stationierung von voraussichtlich zwei Bataillonen in der Region – einem Logistikbataillon und einem Artilleriebataillon. Presseberichte wonach auch Einheiten des "Kommando Spezialkräfte" in der Oberlausitz angesiedelt werden sollen, können durch Recherchen von MDR Investigativ nicht bestätigt werden. Unklar ist bisher noch, wo genau die beiden Bataillone angesiedelt werden sollen. Im Fokus stehen mehrere Kommunen in den Landkreisen Görlitz und Bautzen.

Doch um welche Standorte handelt es sich genau? Aus einer internen Antwort des Bundesverteidigungsministeriums geht hervor, dass derzeit vier Standorte in der engeren Auswahl sind. Das Dokument liegt dem MDR vor. Demnach wurden vom Freistaat ursprünglich 22 Areale vorgeschlagen. Im Rennen sind nun noch die Orte Göda/Bautzen, Bernsdorf – Ortsteil Straßgräbchen, Bernsdorf/Hoyerswerda und Weißwasser. Diese werden laut der internen Antwort vertiefend untersucht.

Bundeswehransiedlung: Landkreis Görlitz oder Bautzen?

Weißwasser liegt als einziger der möglichen Standorte im Landkreis Görlitz – und außerdem nahe am Truppenübungsplatz Oberlausitz. In Weißwasser hat man sich nach eigener Aussage schon länger um die mögliche Bundeswehransiedlung bemüht.

Oberbürgermeister Torsten Pötzsch sagte dem MDR, eine Ansiedlung in Weißwasser sei "zweifellos im Sinne des Strukturwandels". Es sei aber auch nachvollziehbar, dass die Bundeswehr nicht nur in der im Kern betroffenen Region des Kohleausstiegs nach Standorten suche. "Wir würden uns aber natürlich freuen, wenn der Fokus auf diese Kernbetroffenheit gelegt wird und den Menschen hier, die wirklich betroffen sind, Perspektiven bietet." Man sei in Weißwasser überzeugt, dass man die besten Voraussetzungen biete. In Konflikt mit Mitbewerbern stehe man deshalb aber nicht. In Weißwasser könnte die Bundeswehr laut Pötzsch eine Fläche beziehen, auf der Platz für mehrere Kasernen Platz sei.

Für eine strukturschwache Region birgt die Bundeswehransiedlung ein enormes Potenzial. Wie viele Soldaten letztlich in der Region stationiert werden, ist noch nicht bekannt. Es geht aber wohl um mindestens tausend Soldaten und weitere Zivilangestellte. Viele der Soldaten würden vermutlich mit ihren Familien langfristig in die Region ziehen. Davon könnten wiederum Firmen vor Ort profitieren – zudem würde die Infrastruktur ausgebaut werden.

Entscheidung über Bundeswehransiedlung bis Ende des Jahres

Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) hatte nach einer auswärtigen Sitzung des sächsischen Kabinetts im Oktober gesagt: "Die Frage ist nicht, ob wir in Sachsen, sondern wo wir in Sachsen stationieren." Eine Entscheidung werde er voraussichtlich bis Ende des Jahres fällen. Nach MDR-Informationen waren in den vergangenen Wochen Vertreter des Verteidigungsministeriums und der sächsischen Landesregierung an den möglichen Standorten und hatten diese begutachtet.

Boris Pistorius
Die Bundeswehr soll umstrukturiert werden – die Oberlausitz neuer Standort werden. Bildrechte: picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Martin Meissner

In der Region und in Regierungskreisen heißt es, dass die Entscheidung nach dem genauen Standort alleine in den Händen des Verteidigungsministeriums liege. Aus der internen Antwort des Ministeriums, die dem MDR vorliegt, geht hervor, dass eine Stationierung an einem oder an mehreren Standorten geprüft werde.

Hoyerswerdaer Bürgermeister sieht Landkreis Bautzen am Zug

Theoretisch könnten also Kasernen jeweils in den Landkreisen Görlitz und Bautzen gebaut werden – es kann aber auch sein, dass am Ende ein Landkreis leer ausgeht. Nach MDR-Informationen gehen viele Stellen nur von einem Standort aus, der letztlich in der Oberlausitz entwickelt wird. Hinter den Kulissen habe dies offenbar zwischen Landkreisen, Kommunen und Staatsregierung für Verstimmungen gesorgt.

Torsten Ruban-Zeh ist Oberbürgermeister von Hoyerswerda im Landkreis Bautzen. Er sagte dem MDR, dass man es gerne sehen würde, dass bei zwei angesiedelten Bataillonen jeweils eines in den Landkreis Bautzen und eines in den Landkreis Görlitz gehen würde. Sollte nur ein Bataillon kommen, sollte man allerdings den Landkreis Bautzen stärken. Diese Versprechen habe der Ministerpräsident schon zum Jahresanfang gemacht. Schließlich habe Görlitz schon den Zuschlag für das Großforschungszentrum für Astrophysik erhalten, so Ruban-Zeh zum MDR.

Hoyerswerda bewirbt sich zusammen mit Bernsdorf um die Bundeswehransiedlung. In Bernsdorf waren früher NVA-Einheiten stationiert, das Gelände müsste allerdings grundlegend saniert werden. Bernsdorfs Bürgermeister Harry Habel sagte dem MDR, eine Stationierung von Soldaten und der Zuzug ihrer Familien würde insbesondere für das Lausitzer Seenland eine Bereicherung sein.

Die Pläne, in der Lausitz mindestens ein Bundeswehr-Bataillon zu stationieren, gibt es schon länger. Erste Pläne dazu wurden Anfang 2021 bei einem Besuch der damaligen Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) in der Lausitz bekannt. Damals hieß es, dass eine Entscheidung 2023 fallen solle. Beim Besuch des aktuellen Verteidigungsministers Pistorius im Oktober kam das Thema dann wieder auf den Tisch.

Über die MDR-Recherche Dieser Artikel ist im Rahmen eines neuen Investigativ-Teams des Mitteldeutschen Rundfunks entstanden, in dem Journalistinnen und Journalisten aller drei Landesfunkhäuser (MDR SACHSEN-ANHALT, MDR THÜRINGEN, MDR SACHSEN) zusammenarbeiten. Ziel ist, regionale Kompetenzen zu stärken.

Recherche-Schwerpunkte sollen unter anderem Rechtsextremismus, organisierte Kriminalität und Korruption auf kommunaler Ebene sein. Bei Anregungen zu investigativen Themen erreichen Sie das neue Investigativnetzwerk MDR Recherche unter recherche@mdr.de

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Nachrichten | 15. November 2023 | 07:00 Uhr

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