Mehrere Besucher laufen in Richtung Militärhistorischen Museum Dresden.
Am Sonnabend hatten Besucherinnen und Besucher des Militärhistorischen Museums Dresden freien Eintritt. In einer Sonderausstellung wird die Entwicklung der Militärtechnik im Kalten Krieg im Wettstreit zwischen Ost und West gezeigt. Bildrechte: Philipp Brendel/MDR

Militärausstellung zum Kalten Krieg Militärtechnik in Dresden: Von Panzern und Raketen beeindruckt und schockiert

24. Juni 2023, 18:13 Uhr

Mit der Sonderausstellung "Overkill - Militär, Technik, Kultur im Kalten Krieg" zeigt das Militärhistorische Museum Dresden den Wettstreit zwischen Ost und West im direkten Vergleich. Bundeswehrsoldaten und Militärexperten erklären technische Details. Manche Museumsbesucher wollen mehr über Panzer wie Marder oder Puma wissen, denn durch den Ukrainekonflikt ist das Thema Krieg für sie Gesprächsthema.

Eine Gruppe Museumsbesucher hat sich um einen Marder Typ 1 versammelt. Benedikt Bäuerlein steht auf dem Panzer und spricht über ein Mikrofon zu den Menschen. Der Leutnant einer Panzergrenadiergruppe der Bundeswehr wirkt relativ klein im Vergleich zu dem mehr als 30 Tonnen schweren Stahlkoloss. "In diesem Panzer ist man geschützt, wie in einem U-Boot. Das Konzept des Schützenpanzers hat sich im Kalten Krieg wegen der Atombedrohung entwickelt", sagt Bäuerlein.

Der Panzer-Experte zeigt auf einen direkt gegenüberstehenden Schützenpanzer vom Typ BMP-1 aus sowjetischer Produktion. "Mit mehr als 20.000 hergestellten Fahrzeugen ist das einer der meistgebauten Panzer", erklärt Bäuerlein. Die Feinde im Kalten Krieg zwischen Ost und West stehen sich hier auf dem Außengelände des Militärhistorischen Museums Dresden in Form der beiden Panzer sinnbildlich direkt gegenüber.

Ein Mann steht auf einem Panzer und spricht zu Museumsgästen.
Benedikt Bäuerlein erklärt einer Besuchergruppe die Funktionsweise des Panzers Typ Marder 1, der in den 1970er-Jahren in Westdeutschland produziert wurde. Bildrechte: Philipp Brendel/MDR

Heißer Wettstreit um Panzer im Kalten Krieg

Der Wettlauf im Kalten Krieg zwischen sozialistischem Osten und demokratischem Westen sei auch ein militärischer gewesen, sagt Bäuerlein. "Bei den Panzern wird deutlich, dass es dem Westen um Qualität und dem Osten um Quantität ging", erklärt der 25-Jährige. Der BMP-1 wurde zwar in Massen produziert, sei aber bereits nach wenigen Jahren gegen keinen Panzer aus dem Westen angekommen. Der Marder habe hingegen mit Infrarotsignalen trumpfen können, wodurch der Panzer auch nachts einsatzfähig sei.

Bei den Panzern wird deutlich, dass es dem Westen um Qualität und dem Osten um Quantität ging.

Benedikt Bäuerlein Leutnant einer Panzergrenadiergruppe der Bundeswehr

"Und wie heiß wird es da drin?", fragt ein Zuhörer aus der Menge. "Im Winter ist es schön, im Sommer nicht", sagt Bäuerlein und lacht. Für ihn sei das Interesse für Panzertechnik mit dem Zweiten Weltkrieg und Kalten Krieg im Geschichtsunterricht gekommen. Seit 2020 ist Bäuerlein auch sogenannter Tankfluencer - ein Kunstwort aus den Begriffen "Tank" (Panzer) und "Influencer" (Englisch "to influence" = beeinflussen). Er postet bei Twitter Beiträge zu Militär- und Panzertechnik.

Mehrere Besucher stehen vor der Hülle einer Atombombe in einem Militärmuseum
Die Zerstörungskraft von Atombomben ist den Museumsbesuchern während der Führungen verdeutlicht worden. Bildrechte: MDR/Philipp Brendel

Tankfluencer: Großes Interesse seit Ukrainekrieg

Seit dem Beginn des Ukrainekriegs bemerkt Benedikt Bäuerlein ein verstärktes Interesse daran, wie Panzer oder Geschütze funktionieren. "Dass das Interesse an Militärtechnik seit dem Ukrainekrieg bei den Leuten gestiegen ist, merkt man auch hier im Museum", sagt Bäuerlein. Und der Tankfluencer bemerkt es auch an seinen Followern bei Twitter: "Die sind von 10.000 auf aktuell 25.000 in den letzten anderthalb Jahren gestiegen."

Es ist das Mächtige, dass hinter diesen Geräten steckt. Was sie mit ihrer Umwelt anrichten, ist unvorstellbar.

Sebastian Nitz Museumsbesucher aus Brandenburg

Nach dem Vortrag schaut sich Sebastian Nitz aus Brandenburg den Panzer Marder genauer an. Es ist die Größe und Leistung der Panzer, die ihn faszinieren: "Es ist das Mächtige, dass hinter diesen Geräten steckt. Was sie mit ihrer Umwelt anrichten, ist unvorstellbar."

Besucher eines Militärmuseums laufen zwischen Panzern unterschiedlichen Typs entlang.
Panzer aus der Zeit des Kalten Krieges stehen sich auf dem Außengelände des Militärhistorischen Museums teilweise direkt gegenüber. Bildrechte: Philipp Brendel/MDR

Angst vor atomarer Bedrohung

Zwischen Panzermodellen und Raketensprengköpfen hört eine Besuchergruppe Friedemann Walther zu. Der Museumsführer zeigt auf einer Weltkarte mehrere Flammen auf dem Kontinent Afrika oder der koreanischen Halbinsel. Sie stellen Stellvertreterkriege während des Kalten Krieges dar. "Der Kalte Krieg hat Europa geprägt und doch waren die Konflikte immer weit entfernt", erklärt Walther. Anders als jetzt der Ukrainekrieg.

Doch die atomare Bedrohung sei den Menschen damals schon wegen der Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki immer bewusst gewesen, sagt Walther. "Schauen Sie sich die Moulage in der Vitrine an." Die Museumsbesucher blicken nur zögerlich auf den aus Wachs geformten Kopf. Dieser ist von Brennwunden und Narben am Hals und Gesicht übersät und ist ein nachgebautes Modell von einem Opfer des Atombombenabwurfs von Hiroshima.

Mehrere Besucher stehen vor Sprengköpfen von Atomrakten in einem Militärmuseum
Die Größe von Panzern und Raketen beeindruckt, aber erschreckt auch einige Museumsbesucher. Bildrechte: MDR/Philipp Brendel

Eltern erklären Kindern den Krieg

Die Besuchergruppe kommt an mehreren verschiedenen großen Raketensprengköpfen an. Auf einmal flitzen drei Jungs vorbei und laufen zu den Panzermodellen. "Die Panzer sind laut und machen Krach. Das ist cool für die Jungs", sagt Felix Pietsch - der Vater von einem der Jungen. Der Marinesoldat erklärt das seinem fünf Jahre alten Sohn genauer, wenn die Bilder aus der Ukraine im Fernsehen zu sehen sind: "Ich sage dann 'Das ist kein Spiel. Das ist Ernst'".

Er selbst hat eher einen nüchternen Blick auf die Militärtechnik, interessiert sich für die technischen Details. "Es ist natürlich Scheiße, dass wir Panzer in der Ukraine einsetzen müssen."

Besuches eines Militärmuseum stehen an einem Kampfflieger.
Besonders viele Familien mit Kindern nutzten die Gelegenheit, um sich die Sonderausstellung zur Militärtechnik im Kalten Krieg anzuschauen. Bildrechte: Philipp Brendel/MDR

Keine Kriegsangst, aber eine gesunde Vorsicht

An einer Vitrine steht Sonja Schindler aus Baden-Baden. Das Interesse an Militärtechnik sei erst durch den Ukrainekrieg gekommen: "Das Militär war lange nicht mehr so präsent wie heute." Die Größe der Raketen beeindruckt sie und erschreckt sie zugleich: "Vor allem welche Zerstörungskraft dahinter steckt."

Das Militär war lange nicht mehr so präsent wie heute.

Sonja Schindler Museumsbesucherin aus Baden-Württemberg

Sie habe Respekt vor dem Krieg auch heute: "Wir hatten so viele Jahre keinen Krieg, jetzt ist er so nah. Ich habe keine Kriegsangst, aber eine gesunde Vorsicht. Hoffentlich eskaliert es jetzt nicht noch in Russland."

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Regionalreport aus dem Studio Dresden | 15. Juni 2023 | 14:30 Uhr

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