Eine Hand hält eine bayerische Bezahlkarte für Asylbewerber
So sehen im Freistaat Bayern die Bezahlkarten für Asylbewerber aus (Archivfoto). Bildrechte: IMAGO/Bihlmayerfotografie

Asylleistungen Dresdens OB gegen eigene kommunale Bezahlkarte: "sinnlose doppelte Geldausgabe"

29. März 2024, 09:33 Uhr

Am 21. März stimmte im Dresdner Stadtrat eine hauchdünne Mehrheit für den AfD-Antrag zur Einführung einer eigenen Bezahlkarte für Asylbewerber. Doch Oberbürgermeister Hilbert sieht darin eine sinnlose doppelte Geldausgabe, weil seiner Meinung nach die bundesweite Bezahlkarte früher kommen wird, als die eigene. Wegen seines Widerspruchs müssen die Stadträte nur erneut entscheiden, sehr zum Ärger der AfD.

Dresdens Oberbürgermeister Dirk Hilbert hat Widerspruch gegen den Beschluss des Stadtrates eingelegt, eine eigene kommunale Bezahlkarte für Asylbewerber einzuführen. In dem am Gründonnerstag veröffentlichten Schreiben erklärt der FDP-Politiker, das Vorhaben sei finanziell nachteilig für die Stadt. Für so einen Fall erlaubt die Sächsische Gemeindeordnung einem Bürgermeister, Beschlüssen des Kommunalparlaments zu widersprechen.

Begründung: Eigene Karte kommt zu spät

Hilbert betont in seiner elfseitigen Begründung, dass er und seine Beigeordneten zwar die Einführung einer Bezahlkarte für Geflüchtete begrüßen, bezieht sich dabei aber auf das vereinbarte bundesweite Projekt, auf das sich Sachsen und 13 weitere Bundesländer Ende Januar verständigt und inzwischen angeschoben haben. Es soll voraussichtlich Anfang September, spätestens aber zum Jahreswechsel starten.

Während interessierte Kartendienstleister sich aber schon bis zum 28. März für diesen Auftrag bewerben mussten, hat Dresden für sein eigenes Projekt das laut Oberbürgermeister notwendige bundesweite Vergabeverfahren noch nicht einmal gestartet. Die Dresdner Bezahlkarte könne deshalb frühestens ab Dezember 2024 ausgegeben werden - und damit möglicherweise erst nach dem Start des bundesweiten Bezahlkartenmodells. Das soll zudem alle bis dahin schon vorhandenen kommunalen Guthabenkarten für Asylbewerber ablösen.

Hilbert will sinnlose Zusatzausgaben vermeiden

Nach Ansicht der Dresdner Stadtspitze wäre die Entwicklung einer eigenen Bezahlkarte nur eine sinnlose Verschwendung von ohnehin nicht vorhandenem Geld. Im Widerspruch nennt Hilbert die Summe von 140.000 bis 230.000 Euro. Darin eingerechnet sind mehr als 1.600 Arbeitsstunden von Beschäftigten der Stadtverwaltung, die für das Projekt notwendig wären. Und für die verpflichtende Umstellung das Bundesverfahren würden erneute Bereitstellungskosten entstehen, so Hilbert.

Der Oberbürgermeister hat nun für den 18. April eine Sitzung des Stadtrats einberufen, der dann erneut über den Antrag für eine eigene kommunale Bezahlkarte für Asylbewerber entscheiden soll. Stimmt wieder eine Mehrheit der Abgeordneten dafür, könnte Hilbert laut Gemeindeverordnung erneut Widerspruch einlegen.

Dirk Hilbert
Will eine aus Sicht der Verwaltungsspitze sinnlose Geldverschwendung verhindern: OB Dirk Hilbert hat Widersprch gegen einen Stadtratsbeschluss eingelegt. Die Gemeindeverordnung legt fest, unter welchen Bedingungen so etwas geht. Bildrechte: IMAGO/Sven Ellger

AfD reagiert verärgert

Das aktuelle Veto des Stadtoberhauptes stößt vor allem bei der AfD auf Kritik. Der umstrittene Antrag wurde nämlich von der Partei eingebracht, die in Sachsen als gesichert rechtsextremistische Bestrebung gilt. Für den Antrag gab nur deshalb eine knappe Mehrheit von 33 zu 32 Stimmen, weil die Fraktionen der CDU, FDP und Freien Wähler dafür votiert hatten.

Besonders das Ja der Unionsabgeordneten verursachte bundesweit Schlagzeilen und brachte ihnen einen kräftigen Rüffel ihres Bundesparteichefs Friedrich Merz ein. Dieser betonte, die CDU habe immer gesagt, dass sie AfD-Anträgen, egal, in welchen Parlamenten, nicht zustimmen werde.

Die AfD feierte dagegen die Zustimmung der CDU-Stadträte als Sieg über die vielbeschworene "Brandmauer" gegen rechts. Nun unterstellt der Chef des Dresdner AfD-Kreisverbands, André Wendt, Hilbert, der Oberbürgermeister habe es "offenbar nicht verkraftet, dass einem AfD-Antrag - bei einem solch wichtigen Thema - mit Mehrheit zugestimmt worden ist".

Sachsens Landkreise geben schon nach Ostern Bezahlkarten aus

Im Gegensatz zu Dresden hatten sich die sächsischen Landkreise schon früher selbst und nicht auf AfD-Anträge hin auf ein Pilotprojekt zur Einführung einer Bezahlkarte für Geflüchtete verständigt. Deren Ausgabe startet bereits ab Anfang April.

Auch mit der Karte stehen Asylbewerbern genau die gleichen gesetzlichen Leistungen zu wie bisher, nur dass sie Geldzuwendungen kaum noch bar ausgezahlt bekommen. Das senke den dafür nötigen Verwaltungsaufwand für die Kommunen, sagen Behörden und Politiker. Außerdem soll verhindert werden, dass das Geld ins Ausland fließt – zum Beispiel an die Familien der Geflüchteten oder an Schlepper, die sie in die EU und nach Deutschland gebracht haben. Deshalb können mit der Karte nur geringe Geldbeträge abgehoben und keine Auslandsüberweisungen vorgenommen werden.

MDR (stt)/dpa

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