Ein Federball liegt auf einem Tamburin-Schläger.
In Italien ist Tamburello eine alte Sportart. Seit dem 17. Jahrhundert ist es dort als Sport etabliert. In Deutschland hat sich um 2010 eine Szene um den Tamburin-ähnlichen Schläger gebildet. Bildrechte: MDR / Martin Dietrich

Neue Sportart Badminton mit Tamburin? So geht der Nischensport Tamburello

09. September 2023, 14:00 Uhr

Sieht komisch aus, funktioniert aber als Sportgerät tadellos: Ein mit Nylon bespanntes Tamburin wird beim Tamburello als Schläger eingesetzt. Eine Spielvariante davon, die an Badminton erinnert, heißt Tambourelli und gehört zu den Trendsportarten. Dresden stellt einige der erfolgreichsten Sportler und Sportlerinnen in diesem Bereich, die trotz Nische bei internationalen Turnieren mitspielen.

An dem Abend ist es laut in der Turnhalle des Bertolt-Brecht-Gymnasiums in Dresden. Kein Wunder, denn jeder der knapp ein Dutzend Anwesenden hält ein Tamburin in den Händen. Sie trommeln aber nicht damit. Denn das kreisrunde Spielgerät ist mit Nylon bespannt, um einen Federball über ein 1,75 Meter hohes Netz zu befördern.

Einfacher Einstieg

Der Spielaufbau erinnert an Badminton. Doch Tambourelli, wie die Sportart richtig heißt, dürfte nochmal einsteigerfreundlicher sein. "Das Besondere ist, dass es so leicht zu erlernen ist. Ich brauche nur ein einfaches Hand-Auge-Koordinationsgefühl und schon geht es los", erklärt Sebastian Rose vom Verein Tamburello Dresden.

Tamburello wurde in Italien entwickelt und meint verschiedene Varianten, die sich mal an Tennis, Beachvolleyball oder eben Badminton orientieren, aber immer mit dem außergewöhnlichen Schläger gespielt werden. Tambourelli ist die jüngste Unterart. Es kann im Einzel oder Doppel stattfinden.


So funktioniert Tambourelli Gespielt wird auf einem 4,10 Meter mal 9,45 Meter großen Feld. Das Netz hat eine Höhe von 1,75 Meter. Das Feld ist längs in vier Sektoren geteilt. Es kann im Einzel oder Doppel gegeneinander gespielt werden. Die Angabe wird von unten geschlagen. Nach Anpfiff des Spiels muss der Ball über das Netz in der gegnerischen Hälfte landen. Der Ball darf nicht den Boden berühren, ansonsten erhält der Gegner einen Punkt. Ein Satz gilt als gewonnen, wenn ein Spieler oder eine Spielerin 21 Punkte erreicht hat. Für einen kompletten Sieg braucht es zwei gewonnene Sätze. Deutscher Tamburello-Sportverband

Ein Mann im Sportler-Outfit hat einen Federball und einen Tamburin-Schläger in der Hand.
Sebastian Rose ist einer der erfolgreichsten deutschen Tambourelli-Spieler. Zweimal holte sich der 37-Jährige schon den WM-Titel. Bildrechte: MDR/Martin Dietrich

Weniger Leistungsdruck als beim Fußball

Sebastian Rose ist eine Koryphäe im Nischensport. Viermal gewann er die Deutsche Meisterschaft, zweimal holte er den WM-Titel – zuletzt 2018 in Schottland. Ein Kunstschuss, bei dem man in gehockter Haltung einen Schlag hinterm Rücken ausführt, trägt seinen Namen: "Der Sebastian".   

Das ist ihm durchaus unangenehm, sagt Rose. Bescheidenheit sei schließlich ein Merkmal der Tambourelli-Szene. Im Gegensatz zu Breitensportarten wie Fußball oder Handball gehe es hier lockerer zu. Es gebe keinen so großen Leistungsdruck. Turniere haben extra Kategorien für Kinder oder Ü-50-Spieler.

"Ich würde schon sagen, wir sind eine große Familie. Das merkt man auch im Spiel", sagt Rose. "Es ist immer fair und herzlich, jeder wird begrüßt. Ich glaube, dass macht auch den Reiz aus." 


Tambourelli im Selbsttest. So spielt es sich Und wie spielt sich Tambourelli nun? Beim Selbsttest zeigt sich, dass man tatsächlich schnell die Regeln und die Eigenarten des runden Schlägers verinnerlicht. Viel Kraft braucht man nicht. Meistens reicht es schon aus, den Federball nur kurz zu berühren, um ihn schwungvoll übers Netz zu jagen.

Dresden ist ein Hotspot für Tambourelli-Spieler

Etwa 120 Mitglieder hat der Verein insgesamt – mit steigender Tendenz. Jedes Jahr sollen trotz einiger Abgänge rund zehn Vereinsmitglieder dazukommen. Zwar habe sich die Sportart erst vor knapp 15 Jahren in Deutschland etabliert, dennoch hätten sich besonders Sachsen und Dresden als ein Hotspot herauskristallisiert. Rose schätzt – ganz bescheiden – dass von den fünf besten Tambourelli-Spielern drei aus der Region kommen.

Einer davon ist sein Schützling Alexander Christen. Bei der letzten WM im Juli 2023 in Freital belegte Christen in seiner Alterskategorie Ü-18 im Einzel als auch im Doppel jeweils den ersten Platz. Laut Christen hat das Leben als Spitzensportler in der Nische sowohl Vor- als auch Nachteile.

"Man hat sehr schnell die Möglichkeit, international zu spielen, egal, ob WM oder EM", erzählt er. "Das ist schon cool, weil man überall hinfahren und sofort neue Leute kennenlernen kann. Es ist gleichzeitig aber auch ein Zwang. Man kann keine Freundschaftsspiele gegen mehrere Vereine in Dresden spielen, sondern man muss immer irgendwo hin."

Man hat sehr schnell die Möglichkeit, international zu spielen, egal ob WM oder EM. Das ist schon cool, weil man überall hinfahren und dann sofort neue Leute kennenlernen kann.

Alexander Christen Verein Tamburello Dresden

Verein ermöglicht Auslandsreisen

In Zukunft könnte sich das vielleicht ändern. Drei Vereine gibt es in Dresden schon, bald soll ein vierter im Stadtteil Trachenberge dazukommen. Für die Auslandsreisen nach Schottland oder Japan legt der Verein auch mal Geld zusammen.

Auch um jüngeren Spielern und Spielerinnen solche Erfahrung zu ermöglichen, an einem Turnier teilzunehmen. Es kommt aber viel auf Eigenengagement an. Eine größere Förderung oder eine starke nationale Vereinsstruktur mit Scouts, Sportschulen und Co. verteilt über die Republik gibt es in Deutschland noch nicht.     

Nächstes Turnier Ende September

Nach erfolgreichem Selbsttest und einigen sehenswerten Spielzügen können wir zwar bestätigen, dass Tambourelli einsteigerfreundlich ist, es aber für die German Masters noch nicht ausreicht.

Tambourelli 2 min
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2 min

MDR um 2 Di 27.06.2023 14:00Uhr 02:29 min

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Für das größte Tambourelli Turnier Deutschlands, welches Ende September in Dresden stattfindet, braucht es noch deutlich mehr Training, wenn man mit den Profi-Spielern mithalten will.

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