Streit um Regenbogenfahne Kirche in Pirna wehrt sich gegen NS-Vergleich von AfD-nahem Bürgermeister
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18. Mai 2024, 18:31 Uhr
Der parteilose Pirnaer Oberbürgermeister Tim Lochner hat mit einer Kritik in den sozialen Medien eine Debatte ausgelöst. Weil dem von der AfD unterstützten Politiker die Regenbogenflagge an einer Kirche nicht passte, hat das im Vorjahr gewählte Stadtoberhaupt die religiöse Institution mit einem NS-Vergleich belegt. Dagegen hat sich der Kirchenvorstand nun mit einer Stellungnahme gewehrt.
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- Ein Post des AfD-nahen Pirnaer Oberbürgermeisters auf Facebook in dem er eine Kirchenaktion mit der NS-Zeit verglich, hat eine Debatte ausgelöst.
- Der Vorstand der Marienkirche in Pirna hat mit einer Stellungnahme reagiert.
- Um den Streit zu entschärfen, will die Kirche ein Geschenk mit einem geistlichen Anstoß in das Rathaus von Pirna schicken.
In Pirna hat sich ein Streit zwischen Oberbürgermeister Tim Lochner (parteilos) und dem Pfarrer der Marienkirche wegen einer Regenbogenfahne entzündet. Der von der AfD aufgestellte neue Oberbürgermeister Lochner hatte auf Facebook die evangelische Kirchgemeinde und ihren Pfarrer für die am Donnerstag gehisste Fahne scharf kritisiert. Dagegen hat sich die Kirchgemeinde verwahrt. In einem auf ihrer Internetseite veröffentlichten Statement hat sie ihre Sicht dargelegt.
Kirchenvorstand findet Post "schwer erträglich"
In dem mittlerweile gelöschten Post hatte Lochner Folgendes geschrieben: "Wenn wir ganz tief recherchieren, werden wir Belege finden, dass auch Fahnen mit Kreuz und Haken an der Marienkirche hingen... Kurz: es war Staatskirche, es ist Staatskirche." Wie der Kirchenvorstand auf seiner Internetseite schreibt, sei der Vorwurf schwer erträglich und inhaltlich falsch.
Kirche in falsches Licht gerückt
Die evangelische Kirche habe die Fehler von Teilen ihrer Institution in der NS-Zeit erkannt und bereut, heißt es weiter. Diesen Fehler wolle die Kirche nicht wieder begehen. Sie wolle sich "mutig bekennen“, dass Offenheit und Toleranz zu unserem Grundverständnis gehören. Die Regenbogenfahne sei dafür ein gutes Zeichen. Sie drücke menschliche Vielfalt aus.
Eben diesen Fehler wollen wir heute nicht wieder begehen und wollen 'mutig bekennen', dass Offenheit und Toleranz zu unserem Grundverständnis gehören.
Gesangbuch als Geschenk an OB
Dem Kirchengremium zufolge wird Lochner ein Gesangbuch für seine Bibliothek erhalten. Darin ist die "Barmer Theologische Erklärung" nachzulesen, die sich im Jahr 1934 gegen den bösen und tödlichen Ausgrenzungswillen des Führerstaats gewandt hatte. "Wir hoffen, dass dieses Geschenk hilft, die Fronten zu entschärfen", so der Kirchenvorstand. Zudem biete man Lochner weiterhin das persönliche Gespräch an.
CSD: "Lochner mit Propaganda der billigsten Art und Weise"
Für den stellvertretenden Vorsitzenden des Christopher Street Day Pirna, Klaus Elgner, ist das Verhalten Lochners "Propaganda der billigsten Art und Weise". Sie stelle eine Beleidigung nicht nur für die evangelische Kirchgemeinde dar. Wie der parteilose Stadtrat André Liebscher auf Facebook schreibt, war die Kirche um ihren Pfarrer Cornelius Epperlein eingesprungen, nachdem Lochner mit der Fahnen-Tradition seiner Amtsvorgänger im Rathaus brach.
MDR (Andreas Roth/wim)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN | MDR SACHSENSPIEGEL | 17. Mai 2024 | 19:00 Uhr