Mutmaßlicher Machtmissbrauch Theater-Affäre in Erfurt: Neues Gutachten zu Montavon - Kritik an Stadt hält an

10. Mai 2024, 10:21 Uhr

In der Erfurter Theater-Affäre hat die Stadt ein weiteres Rechtsgutachten vorgestellt. Es attestiert Intendant Guy Montavon Pflichtverletzungen, die aber keine außerordentliche Kündigung rechtfertigten.

In der Erfurter Theateraffäre hat die Stadt am Mittwoch den aktuellen Stand der Untersuchungen bei einer Pressekonferenz bekannt gegeben. Demnach habe ein weiteres, von der Stadt beauftragtes Rechtsgutachten aus Sicht der Stadt viele Vorwürfe entkräftet. Es habe Pflichtverletzungen und Strukturprobleme gegeben, aber nach jetzigem Kenntnisstand keine juristisch relevanten Straftaten. Doch die Kritik im Stadtrat an der Stadt reißt auch nach diesem Gutachten nicht ab.

Stadtrat und Personalrat ignoriert

Laut Gutachten hat Generalintendant Guy Montavon bei der Vergabe von Aufträgen den Werkausschuss des Stadtrats nicht einbezogen sowie seine Informationspflicht in Bezug auf Missbrauchsvorwürfe verletzt. Mehrfach habe er Stadtrat und Personalrat ignoriert. Das reiche aber nicht für eine außerordentliche Kündigung Montavons aus. Montavon ist freigestellt, mit ihm soll ein Aufhebungsvertrag erarbeitet werden.

Guy Montavon
Guy Montavon 2023. Bildrechte: IMAGO / Jacob Schröter

Erfurter Stadträte können das zweite Gutachten in den nächsten Tagen lesen. Eine Veröffentlichung hatte Kulturdezernent Tobias Knoblich ausgeschlossen. Fachleute hätten von einer Veröffentlichung des Dokuments abgeraten. Als Grund hätten die Juristen den Schutz der im Gutachten genannten Menschen genannt.

Kultur

Tobias Knoblich schaut in die Kamera. 1 min
Anwälte raten von einer Veröffentlichung des Gutachtens zu den Vorwürfen am Theater Erfurt ab. Dazu äußert sich Kulturdezernent Tobias Knoblich im Audio. Bildrechte: MDR/David Straub
1 min

Die Anwälte der Wirtschaftsprüfungs-Kanzlei PWC raten dazu, das Gutachten zur Erfurter Theater-Affäre nicht zu veröffentlichen. Kulturdezernent Tobias Knoblich sagte dazu MDR KULTUR:

MDR KULTUR - Das Radio Di 30.04.2024 14:18Uhr 00:39 min

https://www.mdr.de/nachrichten/thueringen/mitte-thueringen/erfurt/knoblich-theater-erfurt-gutachten-audio-100.html

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Audio

Kanzlei kritisiert finanzielle Situation

Kritik üben die Juristen der Kanzlei PricewaterhouseCoopers daran, dass das Theater von den Einnahmen der Domstufenfestspiele lebt. Das berge ein hohes Risiko. Ende des Vorjahres war eine finanzielle Schieflage bekannt geworden.

Montavon hatte im November ein Millionendefizit eingeräumt. Daraufhin verhängte die Stadt als Eigentümerin eine Haushaltssperre am Theater über eine Million Euro für 2024.

Erstes Gutachten nach Missbrauchsvorwürfen

Der Stadtspitze attestieren die Juristen in Sachen Aufklärung der mutmaßlichen Fälle von Machtmissbrauch und sexualisierter Gewalt, richtig gehandelt zu haben. Die Vorwürfe seien zunächst sehr pauschal gewesen, hätten intern aufgeklärt werden müssen. Dem war die Gleichstellungsbeauftragte Stadt, Mary-Ellen Witzman, zuvorgekommen. Sie hatte die Vorfälle 2023 öffentlich gemacht. Daraufhin wurde ihr fristlos gekündigt.

Wegen der Vorwürfe hatte die Stadt Erfurt ein erstes Gutachten bei der Berliner Anwaltskanzlei in Auftrag gegeben. Diese war laut Stadtverwaltung zu dem Schluss gekommen, dass es Verstöße gegeben habe, aber nichts davon als Straftat verfolgbar sei. 

Theater Erfurt, ein flacher Glasbau mit einem asphaltierten Vorplatz 2 min
Am Theater in Erfurt muss entschieden werden, ob Guy Montavon nach seiner Freistellung zurückkehren darf. Bildrechte: IMAGO / Karina Hessland
2 min

Die Stadt Erfurt hat das arbeitsrechtliche Gutachten zu den mutmaßlichen Vorfällen am Theater öffentlich gemacht. MDR THÜRINGEN-Reporterin Antje Kirsten hat es sich angeschaut.

MDR THÜRINGEN - Das Radio Di 30.01.2024 18:25Uhr 02:11 min

https://www.mdr.de/mdr-thueringen/audio-montavon-theater-gutachten-100.html

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Grüne und CDU mit scharfer Kritik nach neuem Gutachten

Die Grünen im Erfurter Stadtrat reagierten mit heftiger Kritik an der Informationspolitik der Stadtspitze zu dem zweiten Gutachten. Fraktionssprecherin Laura Wahl sprach vom "Gegenteil lückenloser Transparenz". Nicht nur, dass die Stadtspitze zuerst die Presse und erst danach den Werksausschuss als Kontrollorgan des Theaterausschusses informiert habe, sei schlechter Stil gewesen. Für die Betroffenen müsse es zudem ein Schlag ins Gesicht sein, dass sich die Stadtspitze nun damit brüste, dass bei ihr keine Pflichtverletzungen festgestellt worden seien.

Die CDU im Stadtrat wirft der Stadtspitze vor, die Veröffentlichung der Ergebnisse als "Wahlkampf-Trick" zu nutzen. Nach Ansicht von CDU-Stadtrat und Werkausschuss-Mitglied Niklas Waßmann hat sich Oberbürgermeister Andreas Bausewein (SPD) mit der Pressemitteilung zum Gutachten selbst freigesprochen. Die Entlastung des Oberbürgermeister bezeichnet Waßmann als "Nebelkerze".

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MDR (kir/jn)

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN | MDR THÜRINGEN JOURNAL | 08. Mai 2024 | 19:00 Uhr

4 Kommentare

erfurter-buerger vor 31 Wochen

Absolut unverständlich, dass der seit 2018 Fachverantwortliche Herr Dr. Knoblich, in all dieser Zeit in seiner Kontrolltätigkeit nichts von den Vorgängen mitbekommen habe. Da fällt mir die Kritik zu seiner Arbeit als Kulturdirektor in bezug auf den Reformationstag wieder ein. Laut Thüringen konkret vom November 2018 hatte er sich in Bayreuth beworben, um dann von Herrn Bausewein als Dezernent vorgeschlagen zu werden. Man scheint gut miteinander zu können. Jetzt, wo wieder eine Wahl ansteht wird alles in Bewegung gesetzt, um den Deckel auf dem Topf zu lassen. Einfach ekelhaft...

Tpass vor 31 Wochen

Ein Gruseliges Bild von der Stadtführung aber egal wie es ausgeht. Eins ist sicher das eine Krähe der anderen kein Auge aushackt und die Machenschaften des OB Bausewein nicht länger ertragen werden müssen. Dann wählen wir mal Herrn Möller und schalten mal um auf das etwas andere Programm. Es ist schon sehr perfide das die Geschädigten und Opfer zum Täter werden. Toll die Stadtführung und die anderen Parteien schreien bloß rum aber machen nichts da sie selbst Angst haben in Ungnade zu fallen. Eigentlich wie immer und doch nichts anderes erwartet im und uns Rathaus. Und alle fragen jetzt wieder warum wird die Alternative gewählt???? Weil die anderen Koruption nicht aufhalten sondern mit fördern.

Freies Moria vor 31 Wochen

Wenn ich das richtig lese, sind die Vorwürfe der Gleichstellungsbeauftragten gar nicht in der Liste drin. Und auch sonst kein Grund vorhanden.
Ein paar Achtungszeichen gibt es, die auf fehlende Aufsicht deuten.
Eine Aufsicht hat die Gleichstellungsbeauftragte aber definitiv nicht geleistet, und es ist auch nicht ihr Job.
Die Gleichstellungsbeauftragte sollte also gleich mit weg, und nicht wieder besetzt werden, so kommen die hier entstandenen Kosten dann wenigstens wieder rein!

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