Das frühere Bettenhaus des Geraer-Krankenhauses in Gera. (Archivfoto)
Das frühere Bettenhaus des Geraer-Krankenhauses war schon in der Flüchtlingskrise 2015/2016 eine Erstaufnahme des Landes Thüringen für Hunderte Geflüchtete. (Archivfoto) Bildrechte: picture alliance / ZB | Bodo Schackow

Demo Erste Flüchtlinge in Unterkunft in Gera eingezogen

07. März 2024, 20:44 Uhr

In Gera hat eine neue Flüchtlingsunterkunft ihren Betrieb aufgenommen. Nach Angaben des Thüringer Innenministeriums konnten die ersten neun Bewohner unbemerkt von den rund 80 Demonstranten, die zurzeit vor dem Gebäude protestierten, einziehen. Organisiert wurde das sogenannte Protestcamp vom Rechtsextremisten Christian Klar. Der Protest soll bis Sonntag andauern.

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Die ersten neun Asylbewerber sind am Donnerstagnachmittag in die neue Flüchtlingsunterkunft in Gera eingezogen. Das teilte das Innenministerium mit. Sie hätten die Unterkunft unbemerkt von den rund 80 Demonstranten erreicht, die seit Mittwoch vor dem Gebäude gegen die geplante Flüchtlingsunterkunft protestieren.

170 Menschen sollen in Gera untergebracht werden

In der neuen Erstaufnahme-Unterkunft in Gera sollen nach Angaben des Innenministeriums im Februar 170 Menschen untergebracht werden. Dies soll die zuletzt chronisch überfüllte Landeserstaufnahmeeinrichtung in Suhl entlasten. Der zunächst für Ende Januar angepeilte Einzug der ersten Flüchtlinge hatte sich zuletzt immer wieder verzögert. Unter anderem hatten Wasserleitungen ausgetauscht werden müssen. Die Kosten für die Unterkunft übernimmt komplett das Land.

Das Land betreibt bisher in Suhl, Eisenberg und Hermsdorf Erstaufnahme-Einrichtungen für neu ankommende Flüchtlinge in Thüringen. Neben Gera sollen etwa auch in Jena neue Flüchtlinge untergebracht werden. Von den Erstaufnahmen werden die Geflüchteten in der Regel nach der Registrierung beim zuständigen Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) auf die von den Kreisen und kreisfreien Städten in Thüringen betriebenen Gemeinschaftsunterkünfte, aber auch in Privatwohnungen verteilt.

Von Rechtsextremem organisiertes Protestlager

Nach Angaben der Polizei war zuvor vor dem ehemaligen Klinikum ein Protestlager mit einem Wohnwagen und einem Pavillon aufgebaut worden. Angemeldet wurde das sogenannte Protestcamp vom Rechtsextremisten Christian Klar. Er will nach eigenen Angaben bis Sonntag vor Ort bleiben.

Zwei Polizisten vor einer Gruppe Demonstranten.
Die neue Flüchtlingsunterkunft in Gera verfügt über einen Wachschutz, der in engem Kontakt mit der Polizei stehe, so das Innenministerium. Bildrechte: DBGrafie/David Breidert

Wie die Polizei mitteilte, wird auch ermittelt, ob bei den Protesten verfassungsfeindliche Reden gehalten und Lieder einer zur kriminellen Vereinigung erklärten Band abgespielt wurden. Die Zahl der Protestler hat im Laufe des Donnerstagsabends wieder abgenommen.

Bereits Ende Januar hatten etwa 75 Menschen Bauzäune vor dem ehemaligen Wismut-Krankenhaus aufgebaut und Tonnen angezündet. Sie wollten so die Zufahrt versperren. Auch da wurde der Protest von Teilnehmern aus dem rechtsextremen Spektrum angetrieben.

Mehrere Plakate während einer Demonstration in Gera
Bereits Ende Januar hatten etwa 75 Menschen Bauzäune vor dem ehemaligen Krankenhaus aufgebaut und protestiert. Auch da wurde der Protest von Teilnehmern aus dem rechtsextremen Spektrum angetrieben. Bildrechte: DBGrafie/David Breidert

Flüchtlinge sollen nur wenige Wochen in Geraer Erstaufnahme bleiben

Gemeinsam mit der Polizei und dem Landesverwaltungsamt wurde für die Erstaufnahme-Stelle Gera ein zusätzliches Sicherheitskonzept erarbeitet. Mit dem neuen Flüchtlingsheim sollen die Unterkünfte in Suhl und Hermsdorf entlastet werden. Geplant ist, dass die Asylbewerber nur wenige Wochen in Gera bleiben und dann in Gemeinschaftsunterkünfte der Landkreise und kreisfreien Städte verteilt werden. Die Landesunterkunft soll voraussichtlich ein Jahr lang betrieben werden.

Betrieben wird die Unterkunft vom Landesverwaltungsamt. Die Bewohner werden vor Ort vom DRK Gera betreut. Laut Innenministerium gibt es einen 24-Stunden-Wachschutz, der mit der Polizei in engem Kontakt stehe. Das frühere Bettenhaus des Geraer-Krankenhauses war schon in der Flüchtlingskrise 2015/2016 eine Unterkunft für Hunderte Geflüchtete.

Mehr zum neuen Asylbewerberheim in Gera und den Folgen

MDR (jhi/jn)/dpa

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Nachrichten | 06. März 2024 | 20:00 Uhr

18 Kommentare

Dermbacher vor 7 Wochen

Wo immer Flüchtlinge untergebracht werden sollen, regt sich – neben vielerorts großer Unterstützung durch Helferkreise – Widerstand. Bürgerversammlungen zeugen meist von einem typischen Diskussionsverlauf mit sich wiederholenden Argumenten.
Ich selbst bin in einem Helferkreis engagiert, kenne die Bedenken, oft Vorurteile und Ängste der Bevölkerung nur zu gut.
Die Integration der Unterkünfte ins Gemeinwesen ist kein Selbstläufer, aber machbar.
Das persönliche Mitwirken, Einbringen in soziale Strukturen (Fußballverein z.B.), persönliche Begegnungen sind nur ein Schlüssel, um Ängste und Vorurteile abzubauen, denn Vorurteile sind, wie Einstein sagte, schwerer zu zertrümmern als Vorurteile.

Dermbacher vor 7 Wochen

Was mich doch immer wieder bewegt, das Recht auf Asyl ist zwar schon so lange im Gesetz verankert, aber offensichtlich hat man nicht wirklich verstanden, was das in der Praxis bedeutet. Oder hat man bisher wirklich angenommen, dass wenn irgendwo in der Nähe Krieg oder gar mehrere Kriege ausgebrochen sind, dass hier nur vereinzelt Menschen Asyl beantragen? Wenn es Fluchtbewegungen gibt oder gab, dann waren es doch immer Massenbewegungen. Aber Asylrecht bedeutet eben auch die Bereitschaft im Kriegsfall mehr als nur eine "Hand voll" Flüchtlinge aufzunehmen. Was mich wundert, dass ein Szenario von mehreren Millionen Flüchtlingen scheinbar nie durchdacht wurde, wenn man erst jetzt sämtliche Aspekte diskutiert.

Dermbacher vor 7 Wochen

Integration ist ein Kampfbegriff, der schlicht das Akzeptieren des Anderen unmöglich macht und daher dem deutschen Charakter sehr entgegenkommt. Wir erinnern uns: Jüdische Deutsche haben sogar im 1 Weltkrieg für Deutschland gekämpft, genützt hat es nichts! Kein Wunder, wenn das Gesetz Blutsabstammung vorsieht.

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