Migration Nach über einem Jahr Suche: Immer noch kein Standort für weitere Erstaufnahmen in Thüringen

06. Februar 2024, 16:13 Uhr

Noch immer hat das Land nicht bekanntgegeben, wo weitere Erstaufnahmeeinrichtungen für neu in Thüringen eintreffende Flüchtlinge entstehen sollen. Die Kritik an den bisherigen Einrichtungen ist groß.

Das Land Thüringen sucht weiter nach geeigneten Immobilien für neue Erstaufnahmeeinrichtungen für Flüchtlinge. Es seien noch Absprachen nötig, teilte das Innenministerium MDR THÜRINGEN mit. Es gebe jedoch "vielversprechende Objekte". Ursprünglich wollte Innenminister Georg Maier (SPD) im Januar einen weiteren Standortvorschlag nennen. Bisher ist bekannt, dass das Land in Gera eine Erstaufnahme eröffnen will.

Migranten gehen über das Gelände der Zentralen Erstaufnahmeeinrichtung für Asylbewerber des Landes Brandenburg in Eisenhüttenstadt.
Das Thüringer Innenministerium wollte bereits im Januar mitteilen, wo eine neue Erstaufnahme im Freistaat für Flüchtlinge entstehen soll (Symbolfoto). Bildrechte: picture alliance/dpa | Patrick Pleul

Aufnahmeeinrichtungen überfüllt - Einzug in Gera verzögert sich

Das Land sucht seit über einem Jahr nach Objekten, die die überlastete Erstaufnahme in Suhl sowie die improvisierte Unterbringung in Hermsdorf entlasten können. In Eisenberg gibt es noch eine dritte, kleinere Erstaufnahmeeinrichtung. Die Thüringer Landesregierung hatte diese Aufgabe vom Migrations- auf das Innenministerium übertragen, um neuen Schwung in die Suche zu bringen. Im vergangenen Herbst hatte das Land angekündigt, in Ostthüringen, Mittelthüringen, Nordthüringen und in Südwestthüringen jeweils eine weitere Gemeinschaftsunterkunft zu eröffnen. Abgesehen von der Erstaufnahme in Gera gab es Ende des vergangenen Jahres auch in Nordhausen eine kontroverse Diskussion um eine mögliche Erstaufnahme.

Währenddessen verzögert sich der Einzug von rund 170 Asylbewerbern in die neue Erstaufnahmeeinrichtung in Gera: Aus dem Innenministerium hieß es, die Handwerker seien noch im Einsatz. Eigentlich sollten Flüchtlinge ab Ende Januar in die leerstehende, ehemalige Frauenklinik neben dem SRH-Waldklinikum einziehen, das schon von 2015 bis 2017 als Erstaufnahme des Landes genutzt worden war.

Landesregierung in der Kritik

An den Zuständen in den Erstaufnahmestellen in Suhl, Eisenberg und Hermsdorf gibt es immer wieder Kritik. In der chronisch überfüllten Unterkunft für Flüchtlinge in Suhl mussten etwa wegen eines massiven Ungezieferproblems Kammerjäger gerufen werden. Der Oberbürgermeister André Knapp (CDU) wirft der Landesregierung regelmäßig Versagen bei der Flüchtlingsunterbringung vor. In Hermsdorf werden die Asylsuchenden in einer Lagerhalle mit fast keiner Privatsphäre und viel länger als zunächst angedacht untergebracht. Diese Halle soll laut Innenministerium "perspektivisch" nur noch als Reserveunterkunft genutzt werden, wenn es Probleme in den anderen Erstaufnahmen gibt.

Welche Aufgabe haben Erstaufnahmeeinrichtungen?

  • Die Erstaufnahmeeinrichtungen in Suhl, Hermsdorf und Eisenberg werden vom Land Thüringen betrieben und sind ein zentraler Ort für alle neuen Asylsuchenden. Dort werden sie registriert und führen Interviews mit Vertretern des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bamf).
  • Von den Erstaufnahmen sollen die Flüchtlinge dann auf die Kommunen verteilt werden. Doch die die begrenzten Aufnahmekapazitäten der Kommunen führen zu langen Wartezeiten.

Zuletzt kritisierte auch der Präsident des Thüringer Landesverwaltungsamts, Frank Roßner, die frühere Zusammenarbeit mit Justizministerin Doreen Denstädt (Grüne) in der Migrationspolitik. "Der Kontakt zur Chefebene war nicht so, wie wir das vom Migrationsminister a.D. Dirk Adams und auch seinen Vorgängern kannten", sagte Roßner in einem Interview mit der "Thüringer Allgemeinen" (€) am Dienstag.

Roßner sagte in dem Gespräch mit der Zeitung, dass seine Behörde etwa zwei Wochen vor einer drohenden Vollbelegung die Erstaufnahmeeinrichtung für Geflüchtete in Suhl davor gewarnt hatte und wissen wollte, wie darauf zu reagieren sei. Die Ministerin sei aber über Tage nicht erreichbar gewesen. "Ich habe das dann mit dem Innenminister und dem Ministerpräsidenten besprochen", sagte Roßner der Zeitung.

Das Ministerium von Denstädt reagierte irritiert. "Dass Herr Roßner ein solches Interview gibt, ist merkwürdig und bedarf einer Klärung. Denn einige Aussagen sind vorsichtig gesagt irritierend und irreführend", teilte ein Sprecher mit. Sie entsprächen weder der Realität noch dem gemeinsamen Kenntnisstand im Kabinett.

Denstädt war Anfang 2022 ins Amt gekommen und damals auch für Migration zuständig. Sie geriet aber immer stärker unter Druck und stand zunehmend in der Kritik, vor allem der Kommunen. Das Kabinett beschloss schließlich einen Wechsel: Zuständig für Migration ist seit Dezember 2023 das Innenministerium. 

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MDR (KaBe/jml/cfr)/dpa

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Nachrichten | 05. Februar 2024 | 10:00 Uhr

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