Justiz Gera: AfD-nahe Verwaltungsrichter urteilen deutlich öfter gegen Asylsuchende aus Afrika
Hauptinhalt
16. November 2023, 10:40 Uhr
Wenn Migranten einen abgelehnten Asylantrag bekommen, können sie vor einem Verwaltungsgericht dagegen klagen. In Gera urteilten zwei Richter mit Nähe zur AfD deutlich öfter gegen klagende Flüchtlinge aus Afrika als der Bundesschnitt. Das geht aus Zahlen hervor, die MDR THÜRINGEN vorliegen.
Über zehn Jahre ist es her, dass Destiny aus Nigeria floh. "Wenn du dich weigerst, nicht mehr schwul zu sein, zerstören sie dein Leben", sagt er. Er wollte der Diskriminierung entkommen, die ihm auch von der eigenen Familie entgegenschlug. "Ich wurde immer wieder geschlagen, verletzt - auch Leute aus der Nachbarschaft waren dabei." Destiny landet in libyschen Camps, erlebt Morde und Vergewaltigungen, bis er es irgendwann auf eines der überfüllten Boote schafft, die das Mittelmeer nach Italien queren. 2021 kommt er in Deutschland an.
Destiny heißt eigentlich anders - weil sein Asylstatus nicht abschließend geklärt ist, bleibt er hier anonym. Im Interview zeigt Destiny Narben auf seiner Brust. Sie erzählen von der Gewalt, die er in seinem Leben wegen seiner Sexualität erlebt hat. Weil er bei der Prüfung seines Asylantrags durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) in Suhl nicht ausführlich genug seine Erfahrungen schildert, lehnt die Behörde sein Ersuchen ab. Ein Schock für Destiny.
Der Richter wollte mir nicht glauben, dass ich schwul bin.
Doch noch gibt es eine zweite Chance: Nach dem deutschen Asylrecht, das selbst für Profis kompliziert ist, können Geflüchtete vor einem Verwaltungsgericht gegen die Entscheidung des Bamf klagen. In Thüringen ist für Kläger aus afrikanischen Staaten das Verwaltungsgericht in Gera zuständig.
Destiny reicht dort Klage ein - und verliert. "Der Richter wollte mir nicht glauben, dass ich schwul bin", beschreibt Destiny die Verhandlung. "Ich habe ihm alles versucht zu erklären. Ich hätte ihm auch Fotos gezeigt, auf denen ich mit einem anderen Mann zusammen bin. Aber der Richter war nicht überzeugt."
Neue Zahlen stützen Kritik
Spricht man mit Rechtsanwälten, die vor dem Verwaltungsgericht (VG) Gera regelmäßig klagen, kommt oft nur ein müdes Abwinken zurück. Sätze wie "Da habe ich eigentlich noch nie gewonnen" fallen dann. Oder, bezogen auf Fälle aus Nigeria: "Um da mal einen Fall zu gewinnen, muss schon viel passieren."
Die Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion aus diesem Jahr enthält Zahlen zu den Asylverfahren vor deutschen Verwaltungsgerichten - und nun erstmals auch zu den Verfahren vor dem VG Gera. Dabei fallen verschiedene Dinge auf:
Schlechtere Chancen für Nigerianer in Gera
Die Antwort listet auf, wie erfolgreich Klagen nach den einzelnen Herkunftsländern waren. Wichtig ist: Gerichtsurteile sind immer Einzelfallentscheidungen. Die unterschiedlichen Quoten sprechen daher nicht zwingend und unmittelbar für eine strenge oder weniger strenge Spruchpraxis. Doch die teils erheblichen Unterschiede werfen Fragen auf:
Beim Herkunftsland Nigeria zeigt sich zum Beispiel, dass die Chancen, in Gera ein Verfahren zu gewinnen, deutlich schlechter liegen als im Bundesschnitt. Für Nigeria war seit 2015 bis auf ein Jahr der Richter und Vizepräsident des Gerichts, Fuchs, zuständig. Das geht aus dem Geschäftsverteilungsplan des VG hervor, die der MDR einsehen konnte. Demnach sind in den vergangenen Jahren die Kammern zwei, vier und sechs für Asylverfahren zuständig gewesen. Fuchs ist Stand 2023 Vorsitzender der vierten Kammer - dazu kommen zwei weitere hauptamtliche Richter.
0,2 statt 6,8 Prozent haben Erfolg
In seinen Aufgabenbereich fielen demnach zwischen 2015 und Mitte 2023 insgesamt 546 Nigeria-Verfahren - eines davon war eben auch das von Destiny. Und insgesamt nur eines hatte Erfolg, was eine Positivquote von 0,2 Prozent ergibt. Gleichzeitig hatten bei allen bundesdeutschen Verwaltungsgerichten im Schnitt 6,8 Prozent der Nigeria-Fälle Erfolg (2.867 von 42.326). Die Positivquoten waren andernorts für nigerianische Kläger also deutlich höher.
Zuständig war Fuchs zwischen 2017 und 2019 auch für Fälle aus dem Herkunftsland Eritrea. Dabei fällt auf, dass noch im Vorjahr 2016 die Positivquote in Gera bei 18,5 Prozent im Vergleich zu 12,8 im Bundesschnitt lag. Der Vorgänger von Fuchs gab also mehr Klagen statt als im Bundesschnitt.
Im Jahr 2017, als Fuchs Eritrea übernimmt, dreht sich der Spieß um. Es sind nur zwei von 261 Fällen (0,8 Prozent), denen der Richter stattgibt - im Gegensatz zu immer noch recht hohen 9,3 Prozent im Bundesschnitt.
Zu Gast auf der Wahlparty des Geraer OB-Kandidaten der AfD
Es sind vor allem Richter Fuchs und sein Kollege, der Richter und Pressesprecher des Gerichts, Amelung, wegen denen das VG Gera seit ein paar Jahren einen teils zweifelhaften Ruf genießt. 2021 veröffentlichte der Journalist Joachim Wagner sein Buch "Rechte Richter und Staatsanwälte" und widmete den Ostthüringer Verwaltungsrichtern gleich ein ganzes Kapitel.
Er weist darin nicht nur auf Urteile hin, die "überwiegend zugunsten neo-nazistischer Verbände, der NPD, der AfD […] ausgegangen sind." Sondern er zeichnet zum ersten Mal eine in weiten Teilen restriktive Rechtsprechung gegen klagende Asylbewerber aus afrikanischen Staaten nach.
Videos und Fotos auf Facebook von 2018 zeigen beide, Fuchs und Amelung, auf der AfD-Party nach der Oberbürgermeisterwahl in Gera mit dem Kandidaten und heutigen Landtagsabgeordneten Dieter Laudenbach. Es wird applaudiert, als Laudenbach vom Triumph gegen die "etablierten Parteien" spricht. Er war in beiden Wahlgängen Zweiter geworden.
Freundschaftliches Verhältnis auf Facebook
In Laudenbachs Restaurant "Graf Zeppelin" in Gera sind die Richter damals regelmäßig zu Gast und pflegen in Kommentarspalten auf Facebook ein freundschaftliches Verhältnis zum Rechtsaußen-Politiker.
Erlaubt ist all das natürlich. Doch es spricht zumindest einiges dafür, dass Fuchs und Amelung den Positionen der in Thüringen als gesichert rechtsextremistischen AfD - samt ihren migrationskritischen Ansichten - nicht komplett abgeneigt gegenüberstehen oder zumindest standen.
Einem einzelnen Richter "ausgeliefert"
Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang auch, dass in Verwaltungsgerichtsverfahren laut geltender Ordnung in der Regel Einzelrichter Entscheidungen treffen. Nur in der Ausnahme entscheidet eine ganze Kammer aus drei Berufsrichtern und zwei ehrenamtlichen Richtern gemeinsam über einen Fall.
Ich habe auch schon bei Richter Fuchs erlebt, dass er das einfach nicht glaubt.
Das Beispiel von Destiny verdeutlicht das Problem, das für Kläger daraus entstehen kann. Ein Anwalt, der anonym bleiben will, schildert dem MDR: Laut einem EuGH-Urteil muss ein Kläger seine sexuelle Orientierung eigentlich nicht beweisen. Aber: "Ich habe auch schon bei Richter Fuchs erlebt, dass er das einfach nicht glaubt." Damit müsse der Richter gar nicht mehr argumentieren, ob dem Kläger in der Heimat eine Gefahr droht oder nicht.
"Er hat die Kuh vorher schon vom Eis geholt. Die Frage, ob ein Richter dem Asylantragsteller glaubt, ist nämlich im Unterschied zu der Frage, ob bestimmten Personengruppen im Herkunftsland Verfolgung droht, fast nie durch ein Rechtsmittel angreifbar. Das ist eben auch das Gefährliche, warum man den Richtern so ausgeliefert ist."
"Rudimentäre" Arbeit von Fuchs
Die Arbeit von Richter Fuchs bezeichnet der Anwalt als "rudimentär". Gestützt werden solche Zuschreibungen von mehreren Gerichtsurteilen von Richter Fuchs, die dem MDR vorliegen. In einem Fall schildert ein Nigerianer die drohende Beschneidung seiner Frau und die Verfolgung im Heimatland, die ihm selbst bei einer Rückkehr bevorstünde.
Richter Fuchs begründet die Abweisung des Klägers im schriftlichen Urteil so: "Er hat als junger, gesunder und arbeitsfähiger Mann nicht zuletzt durch seine Reise nach Europa bewiesen, dass er sich in einer für ihn unbekannten Umgebung behaupten kann." Die Schilderungen des Klagenden bezeichnet der Richter immer wieder mit den Satzbausteinen "sehr detailarm, vage" - die Flucht des Klagenden als "Reise".
Selten Chancen auf Berufung im Asylverfahren
Doch warum können Asylsuchende nicht einfach so gegen ein solches Urteil in Berufung gehen? Generell gilt: Die Voraussetzungen dafür, Rechtsmittel einzulegen, sind ziemlich kompliziert geregelt. Von Instanz zu Instanz gibt es unter anderem immer strengere Voraussetzungen.
Aber: Im Asylrecht sind diese Voraussetzungen dann nochmal strenger, erklärt Thomas Lenhart vom Verein der Thüringer Verwaltungsrichter und Verwaltungsrichterinnen. Zum Beispiel müsse das Oberverwaltungsgericht das Rechtsmittel immer erst zulassen, etwa dann, wenn es Verfahrensmängel gibt, weil ein Richter unsauber gearbeitet hat.
OVG ließ Antrag gegen Fuchs' Entscheidung zu
Auffällig ist deshalb ein weiterer Fall, den Richter Fuchs in Gera verhandelte: Eine Nigerianerin hatte bereits in Italien einen Flüchtlingsstatus erhalten, floh von dort aber weiter nach Deutschland, nachdem sie laut eigener Aussage zur Prostitution gezwungen worden war. Nachdem das Bamf sie zurück nach Italien verweisen wollte, klagte auch sie bei Richter Fuchs. Er wies die Klage ab.
Der Anwalt der Nigerianerin legte in diesem Drittstaatenverfahren jedoch Berufung wegen Verfahrensmängel ein. Und der seltene Fall trat ein: Das Oberverwaltungsgericht (OVG) genehmigte diese Berufung.
Sanktionen nur im Ausnahmefall
Dass ein Richter aber tatsächlich für Entscheidungen sanktioniert wird, steht auf einem anderen Blatt. Die Hürden sind hoch, da grundsätzlich die richterliche Unabhängigkeit gilt - sprich: Richter nicht von Dritten oder gar der Politik beeinflusst werden dürfen. Ein Beispiel: Im Fall eines Weimarer Familienrichters wurde in diesem Jahr eine Freiheitsstrafe wegen Rechtsbeugung verhängt. Er hatte ein Urteil gegen die Maskenpflicht an einer Schule gefällt.
Auch Richter Amelung fällt auf
Doch es sind nicht nur die Urteile von Gerichtsvize Fuchs, die auffallen. Sondern auch die Verfahren, die besagtem Richter und Pressesprecher Amelung zugeordnet werden, weisen auf eine ähnliche Spruchpraxis wie die von Fuchs hin.
Ab 2018 war Amelung beispielsweise mit für Kläger aus Libyen zuständig: Drei von 132 Klagen wurden in jenem Jahr positiv beschieden - das entspricht 2,3 Prozent. Im Bundesschnitt waren es 152 von 946 - also 16,1 Prozent.
Mildere Ausnahmen bei Fällen zu Somalia
Doch dass es auch ganz anders laufen kann, zeigen die Entscheidungen zu Somalia. Hier urteilten zwei Kollegen von Dr. Fuchs aus der vierten Kammer des Gerichts. Ihre Spruchpraxis weist ähnliche und auch höhere Schutzquoten als der Bundesdurchschnitt auf.
Sehr geringe Schutzquote auch bei Dublin-Verfahren
In der Antwort der Bundesregierung werden auch Zahlen zu den sogenannten Dublin-Verfahren erhoben. Zu den Fällen also, in denen Asylsuchende zum Beispiel bereits ein Verfahren in Italien durchlaufen haben. In den Gerichtsverfahren prüfen die Richter nicht die Situation im Herkunftsland, sondern in erster Linie, wie die Lage im Abschiebeland ist - eben in Italien.
Auch hier schneidet das VG Gera insgesamt laut der Statistik deutlich restriktiver ab als der Bundesschnitt: Zwischen 2015 und 2021 etwa wurde vier von 558 Klagen stattgegeben, bei denen Menschen nach Italien abgeschoben werden sollten - 0,72 Prozent. Der Durchschnittswert aller Verwaltungsgerichte lag bei 27,7 Prozent. Allein im Jahr 2018 hatten nur drei von 180 Klagenden, also 1,7 Prozent, in Gera Erfolg - im Bundesschnitt waren es fast 28 Prozent. Woher kommen diese deutlichen Unterschiede?
Zahlen "interpretationsbedürftig"
Der Vorsitzende des Verwaltungsrichtervereins, Thomas Lenhart, findet die Zahlen zwar interpretationsbedürftig - kann aber selbst keine abschließende Erklärung geben. Er verweist darauf, dass zumindest in den vergangenen Monaten mehr Klagen stattgegeben wurde:
Im ersten Halbjahr waren es beispielsweise zwölf von zwölf in Gera. Das sei "nicht zuletzt den jeweiligen politischen Verhältnissen in Italien geschuldet", so Lenhart, der selbst Richter am Verwaltungsgericht Weimar ist. Für die Gerichte sei nämlich entscheidend, wie gut die Mindeststandards im Abschiebeland für den Asylsuchenden sind.
Werden die Bedingungen für Geflüchtete in Italien beispielsweise unter der momentanen Regierung von Giorgia Meloni als schlechter eingeschätzt als unter der Regierung von Mario Draghi, äußert sich das auch in den erhöhten Schutzquoten - Asylsuchende werden also nicht mehr so schnell abgeschoben.
Auch das Thüringer Oberverwaltungsgericht kann die deutlichen Zahlenunterschiede auf Anfrage nicht beurteilen. Eine Möglichkeit sei aber, so das OVG, dass sich zum Beispiel die Gruppenzusammensetzung der klagenden Asylsuchenden unterschiedlich auswirke. Sprich: Die Quote könnte in Gera niedriger sein, weil dort vielleicht mehr alleinstehende Männer klagten. Und die Gerichte für sie eher geringere Mindeststandards im Abschiebeland als erforderlich betrachten.
Doch wie tragfähig ist diese These? Das Bamf selbst, das für die Verteilung der Asylsuchenden zuständig ist, erklärt auf Nachfrage, dass die Gruppenzusammensetzung in den Bundesländern in etwa gleich ist. Auch Pro Asyl oder dem Flüchtlingsrat Thüringen sind keine derartigen Abweichungen in der Gruppenzusammensetzung im Bundesvergleich bekannt.
Da hat man bei ihm speziell keinen Blumentopf gewinnen können.
Und ein Thüringer Anwalt, der anonym bleiben will, widerspricht dieser These noch deutlicher und benennt eine Ursache für die unterschiedliche Spruchpraxis noch klarer: Er führt sie in weiten Teilen auf den bereits erwähnten Richter Fuchs zurück. "Er spielt da schon eine Rolle. Da ist bei mir schon alles durchgefallen - egal, ob das eine Familie ist oder ein alleinstehender Mann. Da hat man bei ihm speziell keinen Blumentopf gewinnen können."
Beratungsstelle: Urteil kann "Todesurteil" sein
Rechtsanwälte, aber auch Beratungsstellen für Asylsuchende kritisieren seit Jahren die Rechtsprechung in Gera. Christiane Welker vom Institut für Berufsbildung und Sozialmanagement (IBS) in Erfurt überraschen die Zahlen zur Entscheidungspraxis einzelner Richter nicht wirklich, denn das "sehen wir schon seit vielen Jahren in den Urteilen, die unsere Klient*innen uns vorlegen". Gleichzeitig beobachtet sie, dass für abgelehnte Kläger oft eine Welt zusammenbricht. "Für die Betroffenen kann das das Todesurteil sein - und zwar wörtlich."
Ähnlich äußert sich auch die Linke-Bundestagsabgeordnete Clara Bünger, die für ihre Fraktion die Kleine Anfrage gestellt hat. Ihr zufolge gehe es zudem nicht nur um einzelne "Skandal-Richter", sondern um eine größere Entwicklung: "Es steht zu befürchten, dass die zunehmend verrohte Asyldebatte auch die Rechtsprechenden nicht unbeeinflusst lässt und die Asylrechtsprechung insgesamt nach rechts verschiebt."
Neue Generation von Verwaltungsrichtern
Thomas Lenhart vom Verein der Thüringer Verwaltungsrichter bedauert die schlechte Wahrnehmung der Richter in Gera. Er kann und will nicht über die inneren Einstellungen der kritisierten Richter spekulieren und betont im Interview mit dem MDR die richterliche Unabhängigkeit.
Es ist unser Ziel, [...] hoffentlich positiver in der Wahrnehmung zu werden als in der Vergangenheit.
Aber: "Es ist unser Ziel, auch von uns als Verband, gewisse Standards richterlicher Tätigkeit zu formulieren." Richterliche Ethik, interkultureller Dialog - all das spiele zunehmend eine Rolle, "um den Bedürfnissen der Asylbewerberinnen und Asylbewerber gerecht zu werden und hoffentlich positiver in der Wahrnehmung zu werden als in der Vergangenheit."
Die Verwaltungsgerichtsbarkeit, so Lenhart, befinde sich außerdem "gerade in einem personellen Umbruch, weil viele der Personen, die Anfang der 90er-Jahre eingestellt worden sind, nun in den Ruhestand gehen. Und es kommen junge Kolleginnen und Kollegen nach, die anders an Dinge herangehen."
Junge Richter mit "differenzierterem Blick"
Ähnlich äußert sich anonym ein Anwalt. In den mit Asylverfahren betrauten Kammern beobachte er zum Beispiel, dass es zuletzt häufiger positive Urteile gegeben habe. "Da sind ja auch in diesen Kammern junge Richterinnen und Richter hineingekommen, die schon einen differenzierteren Blick haben."
Mittlerweile agiere zudem Richter Fuchs anders als früher. "Früher war es ein besonderes Merkmal bei diesem Richter, dass er innerhalb ganz kurzer Zeit diese Verfahren durchgezogen hat. Jetzt habe ich Verfahren, da liegt das Eilverfahren bis zu einem Dreivierteljahr - also völlig ungewöhnlich für ihn." Warum das so ist, darüber kann auch der Anwalt nur spekulieren.
Fuchs und Amelung ohne Kommentar
Der MDR hat das Verwaltungsgericht Gera sowie die Richter Fuchs und Amelung um eine Stellungnahme zu den Vorwürfen gebeten. Weshalb die Positivquoten so unterschiedlich ausfallen und wie sie mit dem Vorwurf umgehen, rechte Einstellungen zu vertreten - dazu wollten sich die Richter nicht äußern.
Eine Sprecherin des Oberverwaltungsgerichts Thüringen antwortete stellvertretend und betonte die richterliche Unabhängigkeit. Eine uneinheitliche Rechtsprechung sei mit dem Grundgesetz vereinbar und werde mit den Möglichkeiten zur Berufung "regelmäßig […] ausgeglichen und so die Rechtsprechung vereinheitlicht".
MDR (dst)
Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Das Fazit vom Tag | 15. November 2023 | 18:05 Uhr