Gegen Personalmangel Thüringen: Wie sich kleine Museen in Krisenzeiten helfen
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28. November 2024, 04:00 Uhr
Ein Netzwerk von Museen im Süden Thüringens erprobt aktuell, wie sie sich unterstützen und Ressourcen teilen können. Denn Personalmangel und enge Finanzierung machen wichtige Projekte oft unmöglich. Deswegen haben sich Häuser im Kreis Hildburghausen wie das Kloster Veßra oder das naturhistorische Museum in Schleusingen nach einem langen Prozess zusammengeschlossen. Für den Anfang teilen sie pädagogische Mitarbeiter, die an manchen Orten zum ersten Mal Angebote für junges Publikum ermöglichen.
- Das Museumsnetzwerk Süd teilt sich das Personal – trotz unterschiedlicher Ausrichtung der Häuser.
- Bei den Anfangsschwierigkeiten ging es auch um Mitsprachemöglichkeiten.
- Das Netzwerk ist ein Vorzeigeprojekt und wird vorerst vom Freistaat Thüringen finanziert.
Karin Labrens ist immer auf Achse. Mit einem großen Koffer voller Scheren, Pinsel und Farbtuben fährt die Museumspädagogin durch den Landkreis Hildburghausen und sammelt Kilometer: vom Museum Eisfeld zum Schloss Glücksburg in Römhild, vom naturhistorischen Museum in Schleusingen zum Kloster Veßra. Trotz ihrer verschiedenen Ausrichtungen und Sammlungen sind sie alle Mitgliedshäuser des Museumsnetzwerks Süd. "Der Start vor zweieinhalb Jahren war alles andere als einfach", erinnert sich Labrens schmunzelnd. "Ich war erstmal von der Vielfalt der verschiedenen Orte erschlagen. Und habe mich gefragt, wie ich mich da jemals einarbeiten kann."
Angebote für Museen bündeln
Heute weiß sie – es geht, auch weil ein unverstellter Blick in der museumspädagogischen Arbeit durchaus wertvoll sein kann: "Da die Menschen, die ein Museum besuchen, in der Regel ja ch ohne Vorwissen kommen!" Gleichzeitig hat sie es durchaus geschafft, einen tieferen Einblick in die Sammlungen zu erhalten. Und festgestellt, dass es auch Ähnlichkeiten gibt.
So hat Labrens etwa ein Ferienprogramm zum Thema "Historische Möbel" entwickelt, da diese in verschiedenen Museen zu finden sind. Mit den Kindern und Jugendlichen spricht sie nun an den verschiedenen Orten über diese oft bunt bemalten, maßangefertigten Möbelstücke. Es geht um den privaten Geschmack zuhause, um mehr oder wenige nachhaltige Möbel und auch ums Selbermachen. Am Ende bemahlen alle Teilnehmenden kleine Holzschatullen.
Bedarfsgerechte Unterstützung für mehrere Museen
Häuser wie das Museum Schloss Glücksburg oder das Museum Eisfeld sind durch das Museumsnetzwerk Süd nun erstmals in der Lage, solche Angebote zu machen. Sie konnten sich früher nicht leisten, eigenes museumspädagogisches Personal zu beschäftigen, und greifen deswegen auf diese "Pool-Lösung" zurück, wie Netzwerk-Geschäftsführer Janis Witowski erklärt: "Der Grundgedanke bei der Gründung war: Die Museen in Südthüringen, die personell und finanziell durchaus Mehrbedarf haben, ganz konkret zu unterstützen. Und zwar nicht, indem man einzelne Häuser mit einzelnem Personal ausstattet. Sondern indem man eine zentrale Einrichtung schafft, die dann bedarfsgerecht mehrere Häuser unterstützt."
Probleme vor der Gründung in Thüringen
Wenn sich kleine Häuser kein eigenes Personal leisten können, dann teilen sie sich eben welches. Die Idee klingt simpel, aber es war ein langer Weg bis zur Gründung des Netzwerks. Bereits 2017 kamen erste Ideen auf, doch es gab Streit um Finanzierung und Mitsprachemöglichkeiten, so dass der Kreis Sonneberg, der zunächst mit an Bord war, wieder ausstieg.
Dann sollte ein Zweckverband für das Netzwerk gegründet werden, was sich aus juristischen Gründen als schwierig herausstellte. Am Ende wurde es ein Verein, der nun die sechs Museen im Kreis Hildburghausen unterstützt. Hauptsächlich im Bereich Museumspädagogik, aber auch beim Social-Media-Marketing, in der Öffentlichkeitsarbeit auf Messen, bei Weiterbildungen oder bei der Fördermittelakquise.
Mittlerweile könne man von einem erfolgreichen Start sprechen, so Koordinatorin Julia Böhler. So habe sich etwa die Zahl der Schulklassen, die das Deutsche Burgenmuseum auf der Veste Heldburg besuchten, in zwei Jahren verdoppelt: "Da merkt man einfach, dass die Schulklassen das Museum jetzt mehr im Bewusstsein haben. Sie waren schon mal da, sind vielleicht auch Wiederholungstäter."
Politische Unterstützung in Hildburghausen
Die Zahlen sehen gut aus – aber natürlich, sagt das Team, sei der Start auch anstrengend gewesen. Es habe sich alles einspielen müssen, zudem müsse man nach wie vor im Blick behalten, dass ein Umgang auf Augenhöhe mit den Museen stattfinde. Zum Glück habe es viel Unterstützung aus dem Landratsamt gegeben, betont Geschäftsführer Witowski. Das sei essentiell für eine erfolgreiche Arbeit.
Das Netzwerk wird noch bis 2027 fast ausschließlich vom Freistaat Thüringen finanziert, und die große Frage ist, wie es danach weitergeht. "Wir haben jetzt eben die Herausforderung, das Niveau beizubehalten. Dass wir eben eine feste Einrichtung werden, ohne die der Landkreis nicht mehr auskommt", so lautet der Plan von Janis Witowski. Die Zeichen dafür stehen zumindest derzeit gut. So wird das Netzwerk wachsen, und im Januar das Flechtwerk Almerswind als neues Fördermitglied aufnehmen. Das Flechtwerk befindet sich im Nachbarlandkreis Sonneberg, der sich vor ein paar Jahren ja noch aus dem Projekt verabschiedet hatte.
Redaktionelle Bearbeitung: jb
Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 28. November 2024 | 07:10 Uhr