Personalsorgen Das System Freiwillige Feuerwehr funktioniert in Lauscha nicht mehr

Die Personalengpässe bei der Freiwilligen Feuerwehr in Lauscha im Landkreis Sonneberg haben sich weiter verschärft. Sollten in den kommenden Monaten keine neuen Kameraden gefunden werden, ist die Feuerwehr nicht mehr einsatzfähig. Um den Brandschutz zu gewährleisten, müsste die Stadt dann eine Pflichtfeuerwehr einführen.

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Manuel Greiner-Stöffele wollte eigentlich keine Interviews mehr zu dem Thema geben. "Uns bringt es nichts und wir stehen danach immer dumm da", sagt er. Lauschas Stadtbrandmeister und Feuerwehrchef hat zusammen mit seinen Kameraden so ziemlich alles versucht. Als sie vor Jahren mit Löscheimern von Haus zu Haus zogen und Werbung für den ehrenamtlichen Dienst machten, waren sie in den lokalen aber auch überregionalen Medien.

"Gebracht hat es nichts", so Greiner-Stöffele. Vor zwei Jahren war das Medienecho ebenfalls groß. Nämlich als die Feuerwehrkameraden in ihrer Not das Thema Pflichtfeuerwehr ernsthaft ansprachen. Und heute? Ist die Lage laut Stadtbandinspektor noch prekärer geworden.

Wenn es so weitergeht, können wir in einigen Jahren eine Einsatzbereitschaft nicht mehr leisten.

Stadtbrandmeister Manuel Greiner-Stöffele

Personalproblem in Lauscha hat sich verschärft

"Weil in den letzten zwei Jahren viele Kameraden aus der Einsatzabteilung altersbedingt in die Alters- und Ehrenabteilung wechseln mussten. Und das hat natürlich zu einer Verschärfung des Personalproblems geführt. Wenn es so weitergeht, können wir in einigen Jahren eine Einsatzbereitschaft nicht mehr leisten. Dann gibt es ja nicht viele Varianten. Die umliegenden Feuerwehren könnten aushelfen. Oder eben wir müssen uns Gedanken machen über ein eine Lösung unseres Personalproblems", so Greiner-Stöffele.

Mathias Greiner-Stöffele, Stadtbrandinspektor und Feuerwehrchef in Lauscha
Immer weniger Kameradinnen und Kammeraden helfen in der Freiwilligen Feuerwehr in Lauscha aus. Das bereitet Feuerwehrchef Manuel Greiner-Stöffele Sorgen. Bildrechte: MDR/Bettina Ehrlich

Als Feuerwehrchef ist Greiner-Stöffele deshalb in der vergangenen Woche noch einmal in den Stadtrat gegangen, um die dramatische Lage zu schildern. Die Wehr Lauscha/Ernstthal zählt auf dem Papier 44 Kameraden. Doch gerade an den Wochentagen tagsüber fehlen die Leute.

"Die Meisten arbeiten außerhalb und können bei Einsätzen nicht rechtzeitig da sein." Im Stadtrat ist auch das Thema Pflichtfeuerwehr noch einmal zur Sprache gekommen. "Doch die meisten der Stadträte wollen da noch nicht ran", so Greiner-Stöffele. "Ich schätze das so ein, dass es dafür momentan keine Mehrheit gibt."

Vereinbart wurde deshalb noch einmal, dass die Kameraden demnächst in die größeren Betriebe der Stadt gehen. "Wir wollen da sowas wie einen Mitmachtag organisieren, einfach die Nähe zu uns herstellen", so Greiner-Stöffele. Insgeheim weiß er aber, dass das auch nicht wirklich den Durchbruch bringen wird.

Die Gemeinde überlegt außerdem, den freiwilligen Einsatz der Kameraden noch ein bisschen zu versüßen. "Mit kostenfreiem Eintritt ins Schwimmbad eventuell oder in verschiedene Veranstaltungen", schlägt CDU-Stadtrat Thomas Ellmer vor.

Thomas Ellmer, CDU-Stadtrat in Lauscha
Um mehr Menschen für die Freiwillige Feuerwehr zu begeistern, schlägt CDU-Stadtrat Thomas Ellmer kostenlosen Eintritt für Freizeit- und Kulturveranstaltungen vor. Bildrechte: MDR/Bettina Ehrlich

Einwohner könnten zum Feuerwehrdienst verpflichtet werden

Doch wenn es so wie bisher weitergeht und danach sieht es aus, kommt die Stadt an einer Pflichtfeuerwehr nicht vorbei. Dessen ist sich auch der Bürgermeister Norbert Zitzmann (pl) bewusst. Der Stadtrat müsse es beschließen, dann werde eine Satzung erarbeitet und dann erst könnten Einwohner zwangsweise zum Dienst in der Feuerwehr verpflichtet werden.

Es gibt Beispiele in Deutschland, da funktioniert das schon ganz gut. Viele Zwangsverpflichtete sind dann sogar freiwillig dabeigeblieben.

Manuel Greiner-Stöffele, Stadtbrandmeister in Lauscha

Bis dann aber die ersten Verpflichteten tatsächlich beim Brände löschen helfen können, vergehen noch einmal wichtige Monate. "Die Ausbildung zum Feuerwehrmann dauert im Schnitt zwei Jahre", gibt Mathias Nüchterlein zu bedenken. Nüchterlein ist Kreisbrandinspektor des Landkreises Sonneberg.

"Lauscha ist mit dem Problem kein Einzelfall, die Kameraden hier sprechen es nur immer wieder offen und ehrlich an", so Nüchterlein. Im benachbarten Spechtsbrunn beispielsweise geht demnächst ein Kamerad ebenfalls in Feuerwehrrente. Dann fehlen der Wehr auch dort tagsüber die Leute.

Mitglieder für die Freiwillige Feuerwehr gewinnen

Das System Freiwillige Feuerwehr funktioniert offensichtlich nicht mehr. "Um wieder mehr Menschen für den ehrenamtlichen Dienst zu begeistern, braucht es Anreize", ist Nüchterlein überzeugt. "Die Gemeinde muss überlegen: Was kann sie tun? Der Landkreis muss nachdenken. Was kann er tun? Was kann er für Vergünstigung eventuell anbieten? Aber ebenso ist auch das Land und der Bund in der Pflicht, hier zentrale Regelung zu schaffen, wieder Feuerwehrdienst attraktiver gestaltet werden kann. Zum Beispiel Steuererleichterungen, zum Beispiel Erleichterung in anderen Bereichen. Warum kann der Feuerwehrmann nicht im ganzen Bundesgebiet in Schwimmbäder, dort vielleicht Fitnessstudios nutzen? Aber das einfach und nicht nach komplizierten Regelungen nach komplizierten Verfahren, sondern so einfach wie möglich und so zielgenau wie möglich."

Mathias Nüchterlein, Kreisbrandinspektor des Landkreises Sonneberg
Kreisbrandinspektor Mathias Nüchterlein Bildrechte: MDR/Bettina Ehrlich

Beim Thema Pflichtfeuerwehr beschleichen den Kreisbrandinspektor trotzdem immer noch gemischte Gefühle. "Weil der freiwillige Dienst in der Feuerwehr doch eigentlich etwas sehr Ehrenhaftes ist. Und hier müssten sich doch Menschen finden, die den Dienst an der Allgemeinheit und speziell den Dienst für den Brandschutz und für die allgemeine Hilfe tun. Und insofern ist es sehr schade, dass wir über eine Pflichtfeuerwehr diskutieren müssen", sagt Nüchterlein.

Für den Lauschaer Feuerwehrchef Greiner-Stöffele hat die Pflichtfeuerwehr ihren Schrecken schon verloren. "Es gibt Beispiele in Deutschland, da funktioniert das schon ganz gut. Viele Zwangsverpflichtete sind dann sogar freiwillig dabeigeblieben."

Bürgermeister Zitzmann erinnert daran, dass es in Ernstthal schon 50 Jahre vor Gründung der Freiwilligen Feuerwehr 1924 eine Pflichtfeuerwehr gegeben hat. "Das Ganze habe also durchaus Tradition. Man erinnere sich halt nur kaum dran."

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MDR (bee,thk)

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN | MDR THÜRINGEN JOURNAL | 05. März 2024 | 19:00 Uhr

38 Kommentare

Deutscher_Patriot vor 7 Wochen

Es geht aber hier doch um die Feuerwehr in LAUSCHA.
Was hilft es dem Feuerwehrnotstand in LAUSCHA, wenn in Jena oder Berlin 1/4 der Migrationshintergründler in die Jenaer oder Berliner Feuerwehr einträten?
Ist Ausländerfeindlichkeit auch so ein Thema, was immer regelmäßig in Kommentaren aus dem Zusammenhang gerissen angesprochen wird...

Fakt vor 7 Wochen

@H.Kater:

Ob eine Berufsfeuerwehr vorhanden sein muss oder nicht, richtet sich nicht unbedingt nach dem Territorium, sondern, je nach Bundesland, nach Art der Stadt bzw. nach der Einwohnerzahl. Geregelt ist es in den Brandschutzgesetzen der Bundesländer.

"Die Verpflichtung einer Kommune zur Unterhaltung einer Berufsfeuerwehr richtet sich entweder nach der Einwohnerzahl oder dem Status einer Stadt (z. B. Kreisfreie Stadt in Nordrhein-Westfalen). In einigen Bundesländern ist eine Grenze von 100.000 Einwohnern festgelegt (z. B. in Hessen, Thüringen und Baden-Württemberg)."
(Quelle: u.a. Wikipedia)

H.Kater vor 7 Wochen

Sie vergleichen Äpfel mit Birnen. Eine Berufsfeuerwehr deckt ein bestimmtes Territorium ab, keine Anzahl von Einwohnern. Natürlich bauen sie nicht in jedem Dorf und jeder Kleinstadt eine Berufsfeuerwehr - sondern sie errichten strategisch platzierte Territorialfeuerwehren, die durch die versorgten Kommunen finanziert werden. Nehmen Sie Lauscha als Beispiel: Die Berufsfeuerwehr wird in Neuhaus am Rennweg eingerichtet und ist für alle Ortschaften im Umkreis von 15 Minuten zuständig ... das währen neben Neuhaus auch größere Orte wie Lauscha, Steinheid, Lichte, Schmiedefeld, Scheibe-Alsbach, Siegmundsburg, Piesau, Oberweißbach und viele kleine Orte. Nebenher sparen sie auch die unnötig in jedes Dörflein dislozierten Feuerwehrfahrzeuge ein und haben jederzeit professionelle Feuerwehrleute zur Verfügung.
Kostet am Ende nicht mehr als duzende freiwillige Feuerwehren. Mehrkosten tragen die Kommunen, die sie über ihre Kommunalabgaben refinanzieren.

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