Eine Bronzestatue der römischen Göttin Justitia mit Waage und Richtschwert in der Hand
Justitia gilt als Symbol der Gerechtigkeit. Bildrechte: picture alliance / dpa | Arne Dedert

Urteile der Woche Kein Zwangsgeld für wuchernde Hecke

24. Juni 2023, 05:00 Uhr

Fast täglich werden im Gerichtssaal wichtige Urteile gesprochen, die Einfluss auf unser Leben haben können. MDR AKTUELL präsentiert Ihnen die drei interessantesten dieser Woche in Kurzform.


Kein Zwangsgeld für nicht zurückgeschnittene Hecke

Oberlandesgericht Frankfurt am Main (AZ: 26 W 1/23)

Familie Buntenbach* lebt im Einfamilienhaus. Sie stört sich an der Hecke, die sich angrenzend auf dem Nachbargrundstück befindet. Sie wird ganz offenbar nicht beschnitten und sieht mittlerweile ziemlich unansehnlich aus. Bei einem Vergleich werden die Nachbarn deshalb nun verpflichtet die Hecke auf eine Höhe von 2,50 Meter zu kürzen und dauerhaft so zu halten. Allerdings halten sich die Nachbarn nicht an diese Vereinbarung. Die Familie verlangt deshalb vom Gericht ein Zwangsgeld gegen sie zu erheben, hilfsweise auch eine Zwangshaft. So soll der Rückschnitt erzwungen werden. Das zuständige Landgericht verhängt tatsächlich 500 Euro Zwangsgeld.

Am Oberlandesgericht Frankfurt am Main war man jedoch anderer Ansicht: Es ist hier rechtlich und wirtschaftlich unerheblich, wer die Arbeiten vornimmt. Die Nachbarn können folglich vor dem Landgericht beantragen, selbst die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen. Soweit für die Arbeiten das Betreten des Grundstücks der Nachbarin erforderlich ist, kann eine entsprechende Duldungsverpflichtung ausgesprochen werden.

Die Familie kann hier also eine Firma beauftragen um die Hecke zu schneiden - die Kosten müssen die Nachbarn tragen.


Jobcenter kommt für Dachreparatur bei Eigenheim auf

Bundessozialgericht (AZ: B 7 AS 14/22 R)

Siggi Sielicke* bewohnt allein ein Eigenheim mit einer Wohnfläche von 129 Quadratmetern. Vom Jobcenter bekommt er derzeit Bürgergeld. Nun aber muss das Dach repariert werden. Herr Sielicke verlangt, das Jobcenter müsse diese Kosten übernehmen – schließlich zählten sie zu den Unterkunftskosten. Dort jedoch ist man anderer Auffassung: Der Mann wohne in einer zu großen und damit nicht angemessenen Unterkunft. Instandhaltungen und Reparaturen würden in einem solchen Fall nicht übernommen.

Zu Recht? Nein, sagte das Bundessozialgericht: Das Jobcenter darf die Kostenübernahme für eine notwendige Dachreparatur im selbst bewohnten Eigenheim nicht pauschal ablehnen. Bei Hilfsbedürftigkeit können solche Instandhaltungskosten durchaus übernommen werden. Voraussetzung ist, dass das Wohneigentum angemessen ist und mit der Reparatur lediglich der Erhalt der Immobilie gesichert wird.

Die zuständige Vorinstanz muss das nun genau prüfen. Eine zu große Wohnfläche darf dabei zunächst keine Rolle spielen.


Kein Bürgergeld bei dualem Studium

Bundessozialgericht (Az: B 7 AS 11/22 R)

Tobi Tormann* hat sein langjähriges Erststudium abgebrochen. Nun studiert er erneut – und zwar im ausbildungsintegrierten dualen Bachelorstudiengang Mathematik und Informatik. Vom beteiligten Unternehmen erhält er eine Ausbildungsvergütung von rund 1.000 Euro monatlich. Sein Bedarf für Lebenshaltung und Wohnung liege aber deutlich darüber, argumentiert der Student. Deshalb beantragt er zusätzliche Hartz-IV-Leistungen – heute Bürgergeld. Das stehe ihm auch deshalb zu, weil er im Studium noch 20 Wochenstunden zusätzlich arbeiten müsse. Das Jobcenter jedoch lehnt ab.

Das Bundessozialgericht entschied: Laut Gesetz sind Studierende vom Bürgergeld ausgeschlossen, wenn ihr Studium "dem Grunde nach" auch mit Bafög gefördert werden kann. Genau dies ist hier der Fall. Daran ändert nichts, dass der Kläger keinen Anspruch mehr auf Bafög hat, weil er sein Erststudium abgebrochen hat. Die 20 Wochenstunden Arbeit sind außerdem im dualen Studium fester Bestandteil des Ausbildungskonzeptes.

Tobi Tormann muss mit den 1.000 Euro Ausbildungsvergütung auskommen.

*Alle Namen wurden von der Redaktion geändert.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 24. Juni 2023 | 06:00 Uhr

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