Der Nussknacker an der Oper Halle
Die Hallesche Inszenierung des "Nussknackers" fährt mit romantischen Kostümen und Hallenser Bühnenbild auf. Bildrechte: Yan Revazov

Rezension "Der Nussknacker" in Halle – ein getanztes Fest für die ganze Familie

04. Dezember 2023, 11:00 Uhr

Das ist doch mal eine Ansage: "Wir verwenden in unserem Nussknacker keinen einzigen Schritt von Marius Petipa oder anderen Choreografen. Unsere Version ist speziell für Halle gemacht." Der Ballettdirektor der Oper Halle, Michal Sedláček, hat sich viel vorgenommen und weiß, wovon er spricht. Denn als Kind tanzte er selbst schon mit. Wolfgang Schilling hat seine Inszenierung an der Oper Halle gesehen und findet, sie ist ein getanztes Fest für die ganze Familie geworden.

"Der Nussknacker" begleitet den Ballettdirektor der Oper Halle, Michal Sedláček, schon von Kindesbeinen an. Als es noch üblich war, die Rolle des kleinen Fritz wirklich mit einem tanzenden Kind zu besetzen, hat er sie im zarten Alter von zehn Jahren schon über 60 Mal getanzt. Das war noch in seiner alten Heimat Brno. Später gab er in seiner neuen Heimat Halle den Prinzen als Solist über 200 Mal. Kein Wunder, dass er nun als Choreograf die alte Geschichte mal auf eine ganz neue Weise erzählen will.

Neues Personal in einer alten Geschichte

Musikalisch bleibt er ganz bei Tschaikowsky, hinsichtlich der Handlung gibt er sich erfinderisch. Da taucht neben einer tanzenden Nonne mit ihren Waisenkindern zum Beispiel ein Team von Wichtelmännern auf. Eine vergnügungssüchtige Oma schwingt ein ziemlich flottes Tanzbein – und neben den obligaten Mäusen ist noch einiges andere Getier wie ein wilder Stier oder ein Eisbär in Begleitung von drei Schneemännern unterwegs.

Der Nussknacker an der Oper Halle
Den Eisbär tanzt in dieser Inszenierung Reo Morikawa. Bildrechte: Yan Revazov

Auch der aus dem Original bekannte Rat Drosselmayer hat bei Sedláček eine Frau an seiner Seite und ist wie sie Puppenspieler von Beruf. Die beiden agieren als Strippenzieher respektive gütige Beobachter des Spiels, das sie in Gang gebracht haben. Gespielt werden sie von einem Paar, das auch in Wirklichkeit verheiratet und in diesem Beruf unterwegs ist – Ines Heinrich-Frank und Lars Frank vom Puppentheater Halle.

Kultur

Nussknacker auf einem Weihnachtsmarkt 48 min
Bildrechte: IMAGO / Panama Pictures
48 min

MDR KLASSIK Di 06.12.2022 18:00Uhr 48:28 min

https://www.mdr.de/klassik/hoeren-sehen/der-nussknacker-neu-erzaehlt-familienkonzert-100.html

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Eine Stadt wird zur Bühne  

Bühnenbildner Hynek Dřízhal hat sich offensichtlich von der Halleschen Stadtkulisse inspirieren lassen und bekannte Gebäude wie das Rote Haus, die Marktkirche, die Peißnitzbrücke oder die Pauluskirche in sein Bühnenbild eingebaut. Man fühlt sich an die Zeichnungen von Josef Lada erinnert, bei dem sich Momente der naiven Malerei mit denen des Jugendstils vermischten.

Die Kostüme von Dorota Karolczak entführen in eine heile Welt und romantische Zeit. Mit diesem "Nussknacker" geht man ausstattungstechnisch in die Vollen – willkommen im Phantasialand an der Saale. Da lauert allerdings auch Kitschgefahr. Aber dort wollte das Team offensichtlich ganz bewusst über die Stränge schlagen.

Tänzerisch solides Handwerk

Im ersten Teil setzt Sedláček auf die große romantische Show, in der alles tanzt und sich bewegt, was Beine hat: Das Ballett, die Ballettakademie, sechs Kinder aus der Nachwuchsabteilung, die Statisterie, die beiden Puppenspieler. Wir erleben große Bewegungstableaus, es wird auch klassisch getanzt, aber hier steht das optisch-pantomimische Geschichtenerzählen im Vordergrund.

Der Nussknacker an der Oper Halle
Die Inszenierung setzt vor allem darauf, durch Tanzen Geschichten zu erzählen. Aber auch klassischer Tanz findet seinen Platz. Bildrechte: Yan Revazov

Der auffallendste tänzerische Moment in diesem Gewusel des ersten Teils war der Pas de deux der Puppen, das Laura Busquetts Garro als Colombine und Johan Plaitano als Harlekin im Stil eines Robot Dancers gaben. Im zweiten Teil, im Reich der Zuckerfee, tritt das Geschichtenerzählen dann in den Hintergrund. Die beiden Puppenspieler sitzen unterm Lichterbaum und beobachten die Geschenke-Parade.

Jetzt wird im Stil eines Nummernprogramms getanzt. Ayana Kamemoto als Marie und Aurelian Child-de Brocas als Prinz sind ein wunderschönes Paar. Kanako Ishiko als glitzernde Zuckerfee und die Company beweisen, dass sie auf der nicht allzu großen Opernbühne geschickt choreografierte Gruppenkonstellationen hinbekommen. Das ist tänzerisch bestes Handwerk, am Ende aber nicht die ganz große Tanz-Kunst, eher Restauration als Revolution. Dem Publikum war das egal, es fühlte sich von der Opulenz des Abends prächtig unterhalten.

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Dieses Thema im Programm: MDR KLASSIK | MDR KLASSIK am Morgen | 02. Dezember 2023 | 08:40 Uhr

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