MDR extra: Wie Künstliche Intelligenz unsere Arbeit verändert Zeitenwandel auf dem Arbeitsmarkt: Harter Kampf um Arbeitnehmer
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30. April 2023, 18:34 Uhr
Der Arbeitsmarkt wandelt sich von einem Arbeitgebermarkt zu einem Arbeitnehmermarkt. Die Folge: Beschäftigte haben mehr Macht. Sie wollen nicht nur mehr Geld, sondern auch bessere Bedingungen. Arbeitgeber müssen mehr um die Beschäftigten kämpfen. Sie werben mit Tischkickern, Sportevents und Partys.
- Der Arbeitsmarkt ist im Wandel. Arbeitgeber haben zunehmend mit offenen Stellen zu kämpfen.
- Arbeitnehmer haben größere Macht - und mit der setzen sie ihre Wünsche um.
- Der demographische Wandel macht dem Arbeitsmarkt zusätzlich zu schaffen.
Bei der Firma BTC rollt der Ball. Kein echter Fußball, aber immerhin ein kleiner Tischkicker-Ball. Es ist eine Partie unter Kollegen. Sie kickern – während der Arbeitszeit. Die Mitarbeiter sollen den Kopf frei bekommen. Und vor allem: Sie sollen sich wohl fühlen – damit sie bleiben.
Umkämpfter Arbeitsmarkt
Die Firma BTC kämpft um kluge Köpfe. Das Unternehmen ist auf IT-Dienstleistungen spezialisiert, hat zwölf Standorte in ganz Deutschland und beschäftigt dort 2.100 Mitarbeiter. Viele Arbeitsplätze wollen aber noch besetzt werden: Das Unternehmen hat zurzeit 300 offene Stellenanzeigen laufen.
Marcus Mrugalla ist Standortleiter in Leipzig. Auch hier werden neue Mitarbeiter gesucht. Doch einfach ist das nicht. "Die Leute stehen nicht Schlange. Man muss sich um sie bemühen", sagt Mrugalla. Der klassische Arbeitgebermarkt, den es vor 20 Jahren gegeben habe, sei Geschichte. Er spricht von einem "Arbeitnehmermarkt". Man müsse intensiv suchen und Personal umwerben. "Dabei spielt Geld zwar auch eine Rolle, aber nicht mehr ausschließlich."
Arbeitnehmer wünschen sich heute ganz andere Dinge. Home-Office und flexible Arbeitszeitmodelle stehen dabei weit oben auf der Liste. Auch ein Leasing-Fahrrad könne zur Verhandlungssache werden, sagt Mrugalla.
Immer mehr offene Stellen
Um Mitarbeiter zu finden, müssen sich Arbeitgeber neue Strategien einfallen lassen. Viele Branchen suchen händeringend Leute, aber finden sie immer seltener. Arbeitnehmer werden zunehmend zur heiß umkämpften Ressource. Die Zahl der offenen Stellen in Deutschland wächst immer weiter. Waren 2011 noch rund 466.000 Stellen unbesetzt, lag die Zahl fünf Jahre später schon bei über 650.000. Im letzten Jahr gab es ein neues Rekordhoch: 845.000 Stellen konnten nicht besetzt werden.
Wunsch nach Work-Life-Balance
Auf dem Leipziger Uni-Campus lassen sich Gründe für den Wandel finden. Hier sind die Arbeitnehmer der Zukunft, allerdings soll für viele hier die Zukunft nicht mehr nur aus Arbeit bestehen. Hier studiert eine neue Generation Arbeitnehmer – mit einer anderen Sichtweise auf das Arbeiten.
Junge Menschen wollen nicht mehr möglichst viel arbeiten, um möglichst viel Geld zu verdienen. Die 40-Stunden-Woche wird zunehmend als Belastung wahrgenommen. Eine bessere Work-Life-Balance wird von Arbeitnehmern zunehmend gewünscht. Auch die Vier-Tage-Woche ist ein attraktives Konzept.
Die Baby-Boomer machen Platz
Der Wunsch nach besserer Work-Life-Balance ist nur ein Grund, warum der Arbeitsmarkt in Aufruhr ist. Ein anderer ist der demografische Wandel. Die Generation der Baby-Boomer geht in den nächsten Jahren in Rente, es kommen aber nicht genügend Arbeitskräfte nach. Und so stehen Arbeitgeber unter Druck.
Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, sagt: "In Zeiten des Fachkräftemangels haben Beschäftigte mehr Macht gegenüber ihren Arbeitgebern." Sie müssten sich nicht mehr alles gefallen lassen und könnten schauen, bei welchem Arbeitgeber sie bessere Bedingungen bekommen.
Die größere Macht der Arbeitnehmer spiegelt sich auch in den aktuellen Tarifverhandlungen wieder. Postmitarbeiter fordern 15 Prozent mehr Lohn, der öffentliche Dienst wollte eine Steigerung um mehr als 10 Prozent. Auch wenn die Abschlüsse am Ende nicht ganz so hoch ausgefallen sind: Arbeitnehmer sind selbstbewusster geworden.
Das hat man beim IT-Dienstleister BTC längst begriffen. In Leipzig plant die Forma in den kommenden Wochen eine Plakatkampagne, um neue Mitarbeiter zu werben – mit mehr als nur gutem Geld. Die Firma wolle gemeinsam sportliche Aktivitäten wahrnehmen oder eine After-Show-Party veranstalten, sagte Standortleiter Mrugalla. Sport und Feierabend-Events sollen nicht nur dafür sorgen, dass die klugen Köpfe kommen. Sie sollen auch möglichst lange bleiben.
Das "MDR extra: Kollege Roboter! Wie Künstliche Intelligenz unsere Arbeit verändert" sehen Sie am Montag, den 1. Mai, um 17:50 Uhr im MDR Fernsehen oder live im Web und in unserer MDR AKTUELL-App.
Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | 01. Mai 2023 | 17:50 Uhr