Ein junger Mann mit Brille
Oliver-Pascal Leisner hat seinen Realschulabschluss an der Ökowegschule in Weißenfels gemacht. Bildrechte: MDR/Lucas Riemer

Letzter Schultag Nach Schulabschluss: Wie ein Weißenfelser die Zukunft plant

06. Juli 2023, 12:59 Uhr

Oliver-Pascal Leisner aus Weißenfels hat gerade die Sekundarschule abgeschlossen. Den Schritt ins Berufsleben geht der 17-Jährige nun mit einem klaren Plan – und etwas Angst.

Lucas Riemer
Bildrechte: MDR/Tilo Weiskopf

Der 30. Juni 2023 wird für Oliver-Pascal Leisner immer ein besonderes Datum sein. Denn in dem Moment, in dem der 17-jährige Weißenfelser an diesem Sommertag sein Realschulzeugnis in die Hand gedrückt bekam, endete auch der bislang prägendste Abschnitt seines Lebens. "Die Schulzeit vergisst man nie, ich bin traurig, dass sie zu Ende ist", sagt Oliver-Pascal, der die Ökowegschule in Weißenfels besuchte. "Peinliche Momente, das erste Mal Verliebt sein, die Diskussionen mit den Lehrern, all das wird mir in Erinnerung bleiben."

Vor dem jungen Weißenfelser und seinen ehemaligen Klassenkameradinnen und Klassenkameraden liegt nun der Schritt ins Berufsleben, für manche gar der Schritt in eine neue Stadt. Oliver-Pascal weiß seit ein paar Wochen, wo es für ihn hingeht: Am 1. September fängt eine Ausbildung bei einer Bank in Leipzig an.

Bankausbildung statt Abitur

Dabei war seine Idee ursprünglich eine ganz andere. "Eigentlich wollte ich nach der Sekundarschule das Abi machen und danach Lehramt studieren", erzählt der 17-Jährige, "aber, das ist an Mathe gescheitert." Einen Plan B hatte Oliver-Pascal nicht. Erst im Frühjahr, als die meisten aus seiner Klasse schon längst ihre Ausbildungsverträge unterschrieben hatten, begann er zu grübeln.

"Als Kind wollte ich immer in einer Bank arbeiten, also dachte ich, warum das nicht jetzt machen", sagt er. Er informiert sich im Internet, spricht mit dem Berufsberater der Arbeitsagentur und entscheidet schließlich, sich in Leipzig zu bewerben.

"Leipzig ist eine größere Stadt, da ist mehr los, man hat mehr Abwechslung. In Weißenfels wollte ich meine Ausbildung nicht machen, weil ich hier die Leute kenne. Ich hatte die Angst, dass es dann kein Arbeitsverhältnis mit den Kunden mehr ist", sagt Oliver-Pascal. Obwohl er recht spät dran war, machte er sich keine Sorgen, etwas Passendes zu finden. "Nur meine Oma hat Druck gemacht", sagt Oliver-Pascal und lacht. "Wenn ich keinen Beruf gefunden hätte, der zu mir passt, hätte ich zur Not eben ein Freiwilliges Soziales Jahr gemacht."

Durchgesetzt gegen Abiturienten

Doch Oliver-Pascals Bewerbung überzeugt, er wird zum Vorstellungsgespräch in die sächsische Metropole eingeladen. "Das Assessment Center ging vier Stunden. Die anderen dort waren alle 19 und hatten Abitur. Ich dachte, das wird nix. Ein paar Tage später danach kam aber der Anruf: 'Herr Leisner, wir nehmen Sie als Einzigen.'"

Abitur oder Realschulabschluss – in Oliver-Pascals Augen ist das letztlich nicht entscheidend: "Wenn ich ein Abi mit 3 habe oder ein Sekundarschulabschluss mit 1,8 oder 1,9, dann ist das doch genauso gut."

Viele Sekundarschüler hätten das Gefühl, dass sie schlechter sind als Abiturienten und sich mit denen messen müssten, sagt Oliver-Pascal. "Ich selber habe das aber nicht. Ich habe das Selbstbewusstsein, zu sagen, ich weiß was ich kann und was ich nicht kann. Wenn ich souverän reingehe und mich so zeige, wie ich wirklich bin, spielt der Bildungsgrad keine so große Rolle. Man muss mit Menschlichkeit überzeugen", sagt er.

Sorgen um die berufliche Zukunft müsste sich in seiner Generation niemand machen, ist Oliver-Pascal überzeugt. "Der Arbeitsmarkt für uns ist so gut wie noch nie. Vor ein paar Jahren konnte man Bankkaufmann nur mit Abitur werden, das zeigt ja, dass die Anforderungen runtergehen und es für viele leichter wird, einen Job oder eine Ausbildung zu finden."

Ausbildung in Leipzig, Wohnen in Weißenfels

Seinem künftigen Arbeitgeber will der Bald-Azubi lange treu bleiben. "Ich möchte nicht auf der Stelle stehen bleiben, sondern mich immer weiterentwickeln und versuchen, so hoch wie möglich zu gehen", sagt Oliver-Pascal. "Aber erstmal muss ich die Ausbildung anfangen."

Wohnen wird er vorerst weiterhin bei seiner Familie im 30 Bahnminuten von Leipzig entfernten Weißenfels. "Ich will meine Zelte nicht zu schnell abbrechen, weil mir die Sicherheit noch ein bisschen wichtig ist. Ich habe auch ein wenig Angst vor der Lehrzeit, da ist es gut, wenn man weiß, dass man Zuhause einen Rückhalt hat", sagt Oliver-Pascal. Über einen Umzug nach Leipzig will er erst in einem Jahr nachdenken, wenn er angekommen ist im Berufsleben.

Optimistisch in die Zukunft

Als Schüler war Oliver-Pascal im Kreis- und Landesschülerrat aktiv, auch bei der Jungen Union engagierte er sich. Für ihn steht fest, dass er neben der Ausbildung weiter ehrenamtlich arbeiten will. "Ehrenamt ist das Schönste, was es gibt. Das ist für mich nicht wegzudenken", sagt der 17-Jährige.

Ich denke, wenn man immer nur Panik macht, tut uns das nicht gut.

Oliver-Pascal Leisner | Sekundarschulabsolvent

Nun liegen aber erstmal ein paar Wochen ohne Ehrenamt und ohne Verpflichtungen vor ihm. Viel Zeit zum Nachdenken über die Zukunft und die globalen Krisen unserer Zeit. "Der Klimawandel, der Krieg in der Ukraine, das macht einem natürlich ein bisschen Angst", gibt er zu. "Aber was muss dann die Generation meiner Uroma, die im Zweiten Weltkrieg aufgewachsen ist, erst für Angst gehabt haben? Und meine Uroma ist trotzdem sehr alt geworden und hat ein glückliches Leben geführt. Ich denke, wenn man immer nur Panik macht, tut uns das nicht gut."

Auch wenn er an seine persönliche Zukunft denkt, ist Oliver-Pascal optimistisch. Schon jetzt besucht er regelmäßig die Bankfiliale, in der er bald arbeiten wird. "Ich fühle mich da angekommen und wie Zuhause", sagt er. "Ich glaube, ich habe für mich den perfekt passenden Ausbildungsplatz gefunden."

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MDR (Lucas Riemer) | Erstmals veröffentlicht am 05.07.2023

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 05. Juli 2023 | 08:30 Uhr

7 Kommentare

DanielSBK vor 44 Wochen

Er will die Umwelt und das Wetter retten - selber aber sitzende Tätigkeit und frisst 24/7 Strom für PC und Rechentechnik - hätte auch Gärtner und Landwirt werden können! Das wäre was für die Umwelt und Nachhaltig!

Kritische vor 44 Wochen

Mathe hat für Lehramt nicht gereicht, aber für die Bankausbildung? Auch irgendwie seltsam. Hoffentlich wird dem jungen Mann der Job nicht irgendwann langweilig. Dass man auch nach 10, 20 oder 30 Jahren noch Spaß am Job haben möchte, kann man sich oft mit 17 oder 18 nicht vorstellen. Entwicklungsfähigkeit ist das Zauberwort.

C.T. vor 44 Wochen

Ohne Heimatbindung/ Familienbindung und guten Kenntnissen in Englisch würde ich als junger, ehrgeiziger und leistungsfähiger Mensch den Deutschen Arbeitsmarkt hinter mir lassen. Es sei denn mir gelänge der Einstieg ins Beamtentum.

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