Feuerwerks-Show  2015 vor der Kulisse der Burg Giebichenstein an der Saale in Halle
Für die Stadt Halle könnte das Laternenfest in diesem Jahr teurer werden. Grund sind die Gema-Gebühren für das Bühnenprogramm. Bildrechte: picture alliance / dpa | Hendrik Schmidt

Studierende schreiben für den MDR Musik auf dem Laternenfest: Halle hadert mit Lizenzgebühren

25. März 2024, 12:10 Uhr

Konzerte namhafter Künstler erleben, und das ohne Eintritt zu zahlen: Das Programm auf dem Laternenfest in Halle ist jedes Jahr ein Besuchermagnet. Doch die Stadt muss für das Fest immer mehr Geld zuschießen. Unklar ist nun, ob sich auch die Lizenzgebühren an die Gema erhöhen werden. Welche Rolle Musik auf dem Laternenfest spielt und was die Stadtverwaltung tun muss, um sie weiterhin zu ermöglichen. Ein Gastbeitrag eines Studenten aus Halle.

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Dieser Text ist im Rahmen des Projekts "Studierende schreiben" in Zusammenarbeit mit der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg entstanden.

Freiluftveranstaltungen wie das jährlich stattfindende Laternenfest könnten für die Stadt Halle künftig teurer werden. Die Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte, kurz Gema, verlangt seit dem vergangenen Jahr von einigen Veranstaltern mehr Geld für gespielte Musik. Städte wie Quedlinburg, Wernigerode und Magdeburg hatten deshalb bereits gegen höhere Lizenzkosten auf Weihnachtsmärkten protestiert.

Gema-Gebühren schon für Weihnachtsmarkt in Halle gestiegen

Auch die Stadt Halle musste bei den Gema-Gebühren für ihren Weihnachtsmarkt einen Preissprung von 4.800 auf rund 26.000 Euro hinnehmen. Das könnte nun ebenso beim Laternenfest passieren.

Die Stadtverwaltung versucht mit der Veranstaltung jedes Jahr, bekannte Musikerinnen und Musiker ans Saaleufer zu holen. 2023 bestand das Gelände aus drei dezentral verteilten Bühnenflächen – Künstler wie Glasperlenspiel und Heinz Rudolf Kunze traten vor Tausenden Besuchern auf. Die Gesamtkosten für das Fest erhöhten sich dabei von 400.000 auf 700.000 Euro. Gründe dafür sind laut Angaben der Stadt die Preissteigerungen in verschiedenen Bereichen, Personalmangel und hohe Kosten für die Bewachung sowie Energieversorgung der Veranstaltung.

Warum müssen manche Städte mehr an die Gema zahlen? Einem Urteil des Bundesgerichtshofs zufolge darf die Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte (GEMA) auf Stadtfesten (Tarif U-ST) nicht nur die Fläche berechnen, wo Musik tatsächlich gespielt wird, sondern die gesamte Veranstaltungsfläche. Diese Bemessungsgrundlage gilt bereits seit 2011. Die GEMA hatte sie aber erst im vergangenen Jahr konsequent umgesetzt. Einzelne Kommunen hatten bislang zu kleine Flächen angegeben und erhielten durch die Nachprüfungen höhere Gebührenbescheide.

Stadt: Musik gehört zum Laternenfest

Die Grünen-Stadträtin Melanie Ranft spricht sich weiterhin für Musik als Programmbestandteil aus, kritisiert aber den Umgang der Stadtverwaltung mit den allgemeinen Mehrkosten angesichts der angespannten Haushaltslage. "Vielleicht muss das Fest dann ein bisschen kleiner werden, damit die Kosten sinken, oder es muss sich rechnen", regt Ranft an.

Finanziert wird das Laternenfest von Sponsoren wie den Stadtwerken Halle und dem MDR, jedoch vor allem aus dem städtischen Haushalt. Mehrkosten versucht die Verwaltung eigenen Angaben zufolge mit überschüssigen Buß-, Verwarnungs- und Zwangsgeldern der Stadt auszugleichen. Stadtsprecher Drago Bock stellt klar: "Musik ist erheblicher Bestandteil der Veranstaltungsqualität einzelner Programmpunkte."

Gema-Tarif ist auf Laternenfest schlecht anwendbar

Heinz Rudolf Kunze Konzert auf dem Laternenfest 2023
Nicht nur für die Bühnen, sondern für die gesamte Fläche des Laternenfests berechnet die GEMA Lizenzgebühren. Bildrechte: Clemens Kral

Der Stadtverwaltung zufolge sind auf dem Laternenfest von 2016 bis 2022 jedes Jahr etwa 13.000 bis 16.000 Euro GEMA-Lizenzgebühren angefallen. Eine Rechnung für 2023 stehe noch aus. Aktuelle Zahlen zu Gebühren und Fläche hatte die Gema aus Datenschutzgründen nicht herausgegeben. Wie hoch die Kosten in Zukunft ausfallen, ist demnach ungewiss.

Wie arbeitet die Gema?

Die Gema vertritt als Verein die Interessen von Musikschaffenden. Weltweit hat sie rund 90.000 Mitglieder, die an den Einnahmen beteiligt werden. Das Geld stammt aus Lizenzgebühren, die von Musiknutzern gezahlt werden. Jeder, der Musik auf Veranstaltungen wie Dorffesten, Weihnachtsmärkten oder Vereinsfeiern spielt, muss diese Gebühren nach einem festgelegten Tarif an die Gema abführen. Das gilt auch für Cover-Bands und Chöre, die Lieder nachsingen.

Hier den Gema-Tarif korrekt anzuwenden und "von Hauswand zu Hauswand" zu messen, erweist sich als schwierig, denn zusammenhängende Häuserwände gibt es auf Ziegelwiese, Peißnitzinsel und Riveufer kaum. Die Stadt beziffert die Veranstaltungsfläche auf 0,15 Quadratkilometer. Das entspricht in etwa einem Drittel der Peißnitz.

Ohne Veränderungen in diesem Tarif würde die Gema verhindern, dass beim Laternenfest Live-Auftritte stattfinden.

Tom Wolter, Vorsitzender der Stadtratsfraktion Mitbürger

Stadtrat Tom Wolter hingegen behauptet, die Stadt habe nur die Bühnenfläche angegeben. Er vertritt die Mitbürger-Fraktion in Halle und leitet den neu gegründeten Unterausschuss zur Haushaltskonsolidierung. Da er sich als Theatermacher ebenfalls mit Gema-Gebühren befassen müsse, empfinde er die aktuelle Bemessungsgrundlage als unrealistisch.

Stadt sucht nach Alternativen

Er befürworte deshalb einen gesonderten Tarifvertrag für Stadtfeste, wie ihn der Deutsche Städtetag bereits bei den Weihnachtsmärkten gefordert hatte. Mitgliedsstädte beim Deutschen Städtetag – dazu zählt auch Halle – erhalten bereits einen Gesamtvertragsnachlass von 20 Prozent, also einen Rabatt für Gema-Gebühren. Für die Aushandlung des Tarifvertrags ist die Bundesvereinigung der Musikveranstalter (BVMV) zuständig. Auf Nachfrage wollten sich jedoch weder Bundes- noch Landesverband Sachsen-Anhalt zum aktuellen Verhandlungsstand äußern.


Sollten die Kosten für das Laternenfest in Halle weiter steigen, könne sich Grünen-Fraktionschefin Melanie Ranft alternativ vorstellen, auf bestimmten Flächen wie der Familienwiese keine Musik zu spielen. Im schlimmsten Fall, so gibt Mitbürger-Stadtrat Tom Wolter zu bedenken, müssten die höheren Gema-Lizenzkosten auf die Standgebühren umgelegt werden – zu Lasten der Händler. "Dann würde es keine Stände mehr geben", meint er.

So bleibt weiterhin offen, wie viel Geld die Stadt Halle für Musik auf dem Laternenfest einplanen muss. Tom Wolter will das Thema nun in den Ordnungs- und möglicherweise ebenso den Finanzausschuss einbringen. Die Stadtverwaltung kündigte an, nach neuen Einnahmequellen für das Laternenfest zu suchen. Knapp sechs Monate hat sie dafür noch Zeit.

Clemens, ein junger Mann mit Brille und grauem Pullover, schaut in die Kamera.
Bildrechte: Clemens Kral

Über den Autor Clemens Kral studiert den Master "Multimedia und Autorschaft" an der Uni Halle. Zuvor zog es ihn für den Bachelor in Journalismus nach Magdeburg und in einen gemeinnützigen Verein. Dort kümmerte er sich um die Öffentlichkeitsarbeit. Seit 2021 engagiert er sich bei radio hbw, einem nichtkommerziellen Radiosender in Aschersleben. Sein Ziel ist es, die Bürgermedien in Sachsen-Anhalt als dritte Säule des deutschen Mediensystems zu stärken. Als gebürtiger Hallenser hat er schon viele Ecken des Bundeslandes gesehen und interessiert sich daher vor allem für lokale Themen.

MDR (Sarah-Maria Köpf) | Erstmals veröffentlicht am 24.03.2024

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7 Kommentare

Klaus Egon vor 4 Wochen

Wenn ich das richtig gelesen habe waren im letzten Jahr 130.000 Besucher da.
Dafür stehen die Kosten von 700.000 € in keinem Verhältnis!
Irgendwie passt das Konzept offensichtlich nicht mehr für diesen Ort und Veranstaltung.
Bedenklich, dass eine finanzielle lädierte Stadt wie Halle ihren Bürgern so etwas spendiert, um das Volk bei Laune zu halten.

ElBuffo vor 4 Wochen

Aha, Datenschutzgründe beim öffentlichen Abspielen gebührenpflichtiger Musik. Heißt, der Rechnungsempfänger erfährt nicht, welchen Tarif er zahlt und wie die Summe berechnet wird? Und die vertretenen Künstler wissen auch nicht, wieviel sie bekommen? Alles geheim?

Bruder Wachturm vor 4 Wochen

Das ist die Chance das Unterhaltungsprogramm mit regionalen Künstlern zu bestücken, die eigene Musikstücke zum Besten geben. Ich würde es mir wünschen, dass so etwas Schule macht und Festlichkeiten somit einen eigenständigen und regionalen Charakter bekommen.

Schön, wenn das allgemeine Gedudel auf Großveranstaltungen durch die GEMA indirekt eingegrenzt würde.

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