HWG Wohnhaus Halle
Die Mieten könnten für viele Menschen in Halle bald steigen – insbesondere für Wohnungen von kommunalen Wohnungsunternehmen. Bildrechte: Erik Peuker

Studierende schreiben für den MDR Neuer Mietspiegel in Halle: Warum Mieten auch bei kommunalen Vermietern steigen könnten

09. März 2024, 08:21 Uhr

In Halle ist zu Beginn des Jahres ein neuer Mietspiegel in Kraft getreten. Dieser könnte Mieterhöhungen auch für die kommunalen Vermieter HWG und GWG vereinfachen. Tausende Mieter könnten dadurch von steigenden Mieten betroffen sein. Die Linksfraktion im Stadtrat versucht indes wiederholt, das zu verhindern. Ein Gastbeitrag eines Studenten aus Halle.

Dieser Text ist im Rahmen des Projekts "Studierende schreiben" in Zusammenarbeit mit der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg entstanden.

Zahlreiche Mieter in Halle könnten demnächst Post von ihrem Vermieter erhalten – denn zum Jahreswechsel ist in der Stadt erstmals seit 2010 ein neuer Mietspiegel in Kraft getreten. Er soll Mietern einen Überblick über die Preise auf dem Wohnungsmarkt bieten – gleichzeitig nutzen Vermieter ihn, um Mieten anzuheben.

Mietspiegel zeigt große Preisunterschiede für Wohnungen in Halle

Die kommunale Hallesche Wohnungsgesellschaft mbH (HWG) ist mit über 17.500 Wohneinheiten der größte Vermieter in Halle. Hinzu kommen rund 10.000 Wohnungen der Gesellschaft für Wohn- und Gewerbeimmobilien Halle-Neustadt (GWG). Im Jahr 2020 gab es in Halle insgesamt rund 137.000 Haushalte. Etwa jeder Fünfte befindet sich in einer kommunalen Wohnung – dementsprechend viele Mieter könnten auch hier betroffen sein.

Blick von Hochhaus auf Halle-Neustadt. 1 min
Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK
1 min

MDR SACHSEN-ANHALT Sa 09.03.2024 09:28Uhr 00:46 min

https://www.mdr.de/nachrichten/sachsen-anhalt/halle/halle/audio-mietspiegel-mietpreise-halle100.html

Rechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Audio

Was ist der Mietspiegel? Der Mietspiegel ist ein Instrument, das die sogenannten ortsüblichen Vergleichsmieten abbildet. Er dient Mietern und Vermietern als Orientierung. Viele Vermieter nutzen ihn auch, um ihre Mieten zu begründen und rechtssicher anzupassen. Dabei werden Faktoren wie Wohnlage, Ausstattung oder Sanierungsstand berücksichtigt. Öffentlich geförderter Wohnraum, so z.B. Sozialwohnungen, werden nicht in den Mietspiegel aufgenommen.

Die Mieten in kommunalen Wohnungen unterscheiden sich nach Größe und Ausstattung, vor allem aber auch nach der Lage. So können allein für die beste Wohnlage 15 Prozent mehr Miete verlangt werden. Laut dem Beratungsunternehmen Immo Consult, das den Mietspiegel für Halle erarbeitet hat, lag die niedrigste Miete in Halle im Jahr 2023 bei 2,59 Euro pro Quadratmeter, die höchste bei 14,83 Euro. Im Durchschnitt beträgt die Kaltmiete in der Saalestadt 6,44 Euro.

Kommunale Vermieter: Erhöhungen nötig, Details noch nicht absehbar

Steffen Schier, Pressesprecher der HWG, hält Mieterhöhungen für notwendig. "Die Inflation bedeutet auch für uns steigende Kosten in allen Bereichen", sagte er auf Anfrage. Außerdem hätten viele Mieter der HWG in den letzten Jahren keine Mieterhöhungen erhalten. Nun sei es an der Zeit, die Preise ortsüblich anzupassen – und der Mietspiegel schaffe dafür Rechtssicherheit. Wie hoch mögliche Erhöhungen ausfallen und ab wann sie gelten werden, dazu äußerte sich Schier nicht. Zunächst müsse man Berechnungen anhand des neuen Mietspiegels durchführen. Als kommunaler Vermieter werde man jedoch auf die Sozialverträglichkeit achten, sagte er.

Riebeckplatz HWG Gebäude
Die HWG ist mit 17.500 Wohnungen der größte Vermieter in Halle. Bildrechte: Erik Peuker

Auch bei der GWG möchte man sich noch nicht konkret zu Mieterhöhungen äußern. Aufgrund steigender Instandhaltungskosten werde es im Jahr 2024 zu "moderaten und sozial verträglichen" Mietsteigerungen kommen, teilte Andrea Drese, Pressesprecherin der GWG, auf Anfrage mit. Aufgrund bisher unterdurchschnittlicher Mietpreise der GWG sieht Drese das Potenzial für eine Erhöhung. Auch der Mieterbund Halle rechnet mit Erhöhungen – allerdings nicht in gravierendem Maße.

Soziologe Jaeck: Mieterhöhungen in allen Stadtteilen möglich

Tobias Jaeck, Soziologe an der Uni Halle, erklärt, dass sich in Halle eine Schichtung der Bevölkerung beobachten lasse, die dazu führe, dass sich die Zusammensetzung der Bevölkerung je nach Stadtteil stark unterscheide. Diese Segregation spiegele sich auch auf dem Mietmarkt wider. Insbesondere die HWG verfüge jedoch über ein großes Portfolio in allen Stadtteilen. Mieterhöhungen könnten daher Menschen aus allen Schichten treffen. Über die letzten Jahre hätten die Mietpreise aber stagniert.

Hinzu kommt eine schwierige finanzielle Lage vieler Menschen: Halles Bewohner haben das niedrigste Pro-Kopf-Einkommen in Sachsen-Anhalt. Einem Drittel der Haushalte steht laut Statistischem Landesamt ein Monatseinkommen von weniger als 1.500 Euro netto zur Verfügung. Wer allerdings in einer Sozialwohnung lebt, muss keine Mietspiegel-bedingte Erhöhung der Kosten befürchten, da diese nicht im Mietspiegel enthalten sind.

Linksfraktion im Stadtrat will Mieterhöhungen verhindern

Bodo Meerheim Linksfraktion Stadtrat
Stadtrat Bodo Meerheim (Linke) versucht mit seiner Fraktion, Mieterhöhungen zu verhindern. Bildrechte: Erik Peuker

Unterdessen versucht die Linksfraktion im Stadtrat von Halle, Mieterhöhungen durch Einsparungen an anderer Stelle zu verhindern. Bislang zahlen HWG und GWG jedes Jahr sieben Millionen Euro an die Stadt Halle. Im Herbst hatte die Fraktion einen Antrag eingebracht, wonach diese Abgaben entfallen sollten. Das Geld sollte stattdessen durch eine Erhöhung der Gewerbesteuer eingenommen werden. Der Stadtrat lehnte den Antrag mehrheitlich ab. Ein neuer Antrag wurde Ende Januar in den Finanzausschuss überwiesen. Eine Entscheidung steht noch aus.

Fraktionsvorsitzender Bodo Meerheim kritisiert das Vorgehen scharf. "Die Stadt verhält sich wie ein Aktionär." Das Geld, das in den städtischen Haushalt fließt, fehle den kommunalen Vermietern und trage dazu bei, dass Erhöhungen notwendig werden. Wie viele Mieter betroffen sein werden, wann und ich welcher Höhe die Mieten steigen werden, kann auch Meerheim nicht absehen. Dass Mieterhöhungen anstehen – davon geht aber auch er fest aus.

Erik Peuker, ein junger Mann mit Bart, lächelt in die Kamera.
Bildrechte: Erik Peuker

Über den Autor Erik Peuker studiert seit Oktober 2023 im Masterstudiengang Multimedia und Autorschaft an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. Zuvor absolvierte er sein Bachelorstudium der Europa-Studien an der TU Chemnitz. In dieser Zeit fand er durch eine Hospitanz beim ZDF auch sein berufliches Ziel, Journalist zu werden. Besonders interessieren ihn politische und rechtliche, aber auch soziale Themen.

MDR (Sarah-Maria Köpf)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT - Das Radio wie wir | 08. März 2024 | 08:30 Uhr

6 Kommentare

pwsksk vor 6 Wochen

Ich gebe ihnen Recht. Aber das Wort "Sozialismus" wird heutzutage nur mißbraucht.
In den Grundideen ging es dabei eher um den Menschen als in der sozialen Markwirtschaft. Ich streite auch ab, das wir diese noch haben.

Ralf G vor 6 Wochen

Der Vorschlag der Linken zeigt ein unglaubliches Maß an ökonomischer Inkompetenz.
Die Zahlungen an die Stadt will die Linke durch höhere Gewerbesteuern ersetzen.

Hobby-Viruloge007 vor 6 Wochen

Das ist Marktwirtschaft.
Wenn die Politik die Neubauten durch neue Vorschriften immer mehr verteuert und gleichzeitig immer neue Menschen ins Land kommen dürfen, dann gibt es immer weniger Neubauten und immer mehr Wohnungssuchende. Die Preise steigen.

Die Alternative dazu ist der Sozialismus. Die Auswirkungen auf Immobilien dürften die älteren Hallenser noch sehr gut kennen.

Mehr aus dem Raum Halle und Leipzig

Mehr aus Sachsen-Anhalt