Eis auf Leitungen Netzanbieter schließt weitere Stromausfälle im Harz nicht aus

31. Januar 2023, 10:15 Uhr

Zwei Stromausfälle haben am Sonntag und Montag weite Teile des Landkreises Harz lahm gelegt. Zehntausende Haushalte waren betroffen. Der Versorger sagt: Die Lage sei stabil, weitere Kurzschlüsse aber nicht auszuschließen. Das hänge jetzt vom Wetter ab.

Nach den Stromausfällen im Landkreis Harz hat Netzbetreiber Avacon weitere Störungen nicht ausgeschlossen. Auf der Website des Unternehmens heißt es aber seit Dienstagmorgen, die Versorgung sei gewährleistet und die Lage stabil. Am Dienstag soll demnach an einem gerissenen Erdseil repariert werden. Wenn es das Wetter zulasse, solle ein Hubschrauber das Netz abfliegen.

Am Montagnachmittag hatte Avacon berichtet, entscheidend sei jetzt das Wetter. Die Störungen seien von Eisbehang ausgegangen, der die Leitungen beschwere. In Kombination mit dem Wind seien Schwingungen möglich, die "im Extremfall" zu Erd- oder Kurzschlüssen führen können.

Zuvor war in Zehntausenden Haushalten im Landkreis Harz am Sonntagabend der Strom ausgefallen. Betroffen waren seit etwa 22 Uhr mehrere Städte, darunter Halberstadt, Wernigerode, Thale und Blankenburg. Auch umliegende Gemeinden seien betroffen gewesen, hieß es von der Polizei. In der Folge waren auch Telefon und Internet ausgefallen. Das Lagezentrum der Landesregierung veröffentlichte eine amtliche Gefahrenmitteilung, die noch in der Nacht zu Montag wieder aufgehoben wurde.

Strom weg, Handynetz weg

Doch nur Stunden später die nächste Störung: Im Raum Blankenburg-Halberstadt fiel der Strom erneut aus. Nutzerinnen und Nutzer berichteten MDR SACHSEN-ANHALT bei Instagram, dass nichts mehr ging. Auch das Handynetz war wieder weg, erneut wurden die Menschen im Landkreis offiziell gewarnt. Am Montagmittag dann die Entwarnung: Avacon meldete, der Strom sei wieder da. Ursache für den neuerlichen Ausfall? Vereiste Freileitungen, wie eine Sprecherin von Avacon MDR SACHSEN-ANHALT sagte.

Ganz so groß wie in der Nacht zuvor war der neuerliche Ausfall aber nicht. Sonntagabend waren laut dem Kreisbrandmeister Kai-Uwe Lohse immerhin rund 100.000 Bürgerinnen und Bürger ohne Strom – fast die Hälfte aller Einwohner des Landkreises. Und das hatte Folgen: Pflegeheime und Krankenhäuser wurden mit eigenen Notstromaggregaten versorgt, ein beatmeter Patient musste aus einer Pflegeeinrichtung in ein Krankenhaus gebracht werden.

Feuerwehr besetzt Gerätehäuser

Kreisbrandmeister Lohse sprach am frühen Montagmorgen von mehreren Hundert Einsatzkräften: Alle Ehrenamtlichen seien im Einsatz gewesen, um die Versorgung der ambulanten Kranken zu gewährleisten. In vielen Städten seien die Gerätehäuser der Feuerwehr besetzt gewesen, um Notrufe vor Ort entgegenzunehmen.

Der Ausfall machte sich auch in Kliniken bemerkbar, etwa im Krankenhaus von Ameos in Halberstadt. Von dort erfuhr MDR SACHSEN-ANHALT noch in der Nacht, dass zwar keine Patienten zu Schaden gekommen seien, allerdings Geräte nicht genutzt werden konnten.

Erdseil gerissen, Hochspannungsleitungen beschädigt

Der Grund für all das? Laut Stromanbieter Avacon war am Sonntagabend in einem Umspannwerk in Hüttenrode ein Erdseil gerissen. Eisregen habe die Leitungen ungewöhnlich stark belastet und beschädigt. Mehrere Hochspannungsleitungen seien beschädigt worden. Mehrere Teams des Anbieters seien im Einsatz gewesen. Ab 2 Uhr sei die Stromversorgung wiederhergestellt gewesen, hieß es am Montagmorgen.

Feuerwehr sieht Mängel im Bevölkerungsschutz

Für Kreisbrandmeister Lohse ist klar: Die großflächigen Stromausfälle haben Mängel im Bevölkerungsschutz offenbart. Sie hätten gezeigt, dass die Bürgerinnen und Bürger bei einem großflächigen Stromausfall nicht in der Lage seien, Notrufe abzusetzen, sagte Lohse in einer ersten Bilanz am Montag. Auch Festnetz und Mobilfunk würden nicht mehr funktionieren. Lohse mahnte, dass auf Bundesebene etwas getan werden müsse, damit sich so etwas nicht wiederhole.

Technische Lösungen seien ihm allerdings nicht bekannt. Der jetzige Weg sei, dass im Notfall die Feuerwehrgerätehäuser in den Ortschaften besetzt werden. Dorthin könnten sich die Bürgerinnen und Bürger im Notfall wenden, erklärte Lohse. Über den Digitalfunk der Feuerwehren und Rettungsdienste werde von dort aus die Leitstelle informiert.

Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version des Artikels hatten wir geschrieben, dass das Röntgengerät und der Computertomograph im Ameos-Klinikum in Halberstadt durch den Stromausfall beschädigt wurden. Dies ist nicht korrekt. Nach Angaben des Krankenhauses wurden die Systeme heruntergefahren und nicht beschädigt.

MDR (Kevin Poweska, Max Hensch, Veit Müller, Luca Deutschländer, Moritz Arand) | Zuerst veröffentlicht am 30. Januar 2023

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 31. Januar 2023 | 06:00 Uhr

166 Kommentare

emlo am 31.01.2023

@Fraeuleinwunder: Ich glaube, das meinte mattotaupa eher nicht. Man baut aber nicht hunderte Tankstellen in die Gegend, bevor überhaupt das erste Auto fährt. Und man baut auch keine Stromleitung, wenn an deren Ende nicht wenigstens ein Windrad geplant oder besser noch im Bau ist. Das muss einfach Hand in Hand gehen! Erneuerbare Energien ohne Leitungen sind sinnlos, Leitungen ohne die entsprechenden Erzeugungsanlagen oder Abnehmer aber ebenso.

Fraeuleinwunder am 31.01.2023

In den 1960ern ist auch im Westen schon mal der Strom ausgefallen, z.B. wenn es sehr viel geschneit hatte. Da hat keiner viel Gewese drum gemacht. In der Küche oder im Wohnzimmer stand noch ein "Allesbrenner", worin man Papier, Holz und Kohle verfeuern konnte, oder man hatte sowieso noch Öfen; Kerzen hatte man sowieso immer bereit.

emlo am 31.01.2023

Wohnen Sie direkt neben dem Umspannwerk? Wenn nicht, halte ich den Rückschluss vom Wetter an ihrem Wohnort auf die Situation an der Schadstelle vorsichtig ausgedrückt für gewagt!

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