Bahnwandern Mit dem Ausflugszug von Zittau nach Nordböhmen

31. März 2024, 18:36 Uhr

Am Karfreitag ist die Saison der Ausflugslinie T9 des privaten Bahnbetreibers Trilex gestartet. Die Züge fahren bis zum 3. November an den Wochenenden und an allen tschechischen Feiertagen von Liberec über Zittau bis nach Mikulášovice im Schluckenauer Zipfel. Der Zittauer Matthias Böhm bietet kostenlose Touren an, um zu zeigen, wie gut und günstig man mit den öffentlichen Verkehrsmitteln das Nachbarland erkunden kann.

Acht Uhr morgens am Zittauer Bahnhof. Nach und nach trudeln immer mehr Menschen in Wanderschuhen und Outdoor-Kleidung ein. Letztendlich kommen knapp 20 Personen zusammen. Einer von ihnen trägt eine orangene Warnweste. Er ist der Führer der Gruppe, Matthias Böhm.

Ohne Auto zum Wandern ins Nachbarland

Kurz vor halb acht kommt der Ausflugszug am Bahnhof an. Matthias Böhm kauft für die ganze Gruppe Euro-Neisse-Tickets, mit denen man aus dem gesamten Landkreis Görlitz und großen Teilen des Landkreises Bautzen in grenznahe Gebiete in Polen und Tschechien fahren kann.

Die Euroregion Neisse-Nisa-Nysa ... erstreckt sich über gut 4.500 Quadratkilometer rund um das Dreiländereck Sachsen-Polen-Tschechien. In Sachsen sind die Kreise Bautzen und Görlitz Mitglieder des Verbundes, in Polen acht Landkreise, die Kreisstadt Jelenia Góra und 42 Gemeinden sowie in Tschechien der Kreis Liberec und 153 Gemeinden in vier Landkreisen und im Schluckenauer Zipfel. In dem Gebiet leben etwa 1,5 Millionen Menschen.

Mit der Euroregion Neisse soll die grenzüberschreitende Zusammenarbeit gefördert werden, auch im Bereich Tourismus. Dafür wurde das Euro Neisse Ticket entwickelt, dessen Gültigkeitsbereich von Bad Muskau im Norden bis nach Turnov im Süden sowie von Bischofswerda im Westen bis Jelenia Góra im Osten reicht.

Ein Tagesticket für den Verbundraum kostet beispielsweise 16,50 Euro für eine Person. Es werden aber auch Einzelfahrscheine, Gruppen- und Zeitkarten sowie ermäßigte Tarife angeboten.

Touristen unbekannte ÖPNV-Angebote näherbringen

Böhm bietet solche geführten Touren seit 2017 an, wie er erzählt. Er wolle mit den Touren nach Tschechien und Polen den Leuten das vorhandene ÖPNV-Angebot näherbringen. "Viele wissen gar nicht, was es für Angebote gibt oder sie fühlen sich alleine unsicher, gerade wenn es um Reisen ins Nachbarland geht, wo man die Sprache vielleicht nicht kennt", erklärt der freiberufliche Verkehrsplaner, der auch für die Grünen im Zittauer Stadtrat sitzt.

In einem Zug der Trilex-Linie 9 sitzen Fahrgäste. Zwischen ihnen steht der Zittauer Stadtrat und Wanderführer Matthias Böhm.
Wanderführer Matthias Böhm will mit dem Bahnwandern im Trilex den Menschen das ÖPNV-Angebot näherbringen. Bildrechte: MDR/ Jörg Winterbauer

Bei dem heutigen Ausflug gehe es darum, die Ausflugslinie T9 von Trilex bekannter zu machen. "Der ist während eines Lockdowns in der Corona-Pandemie an den Start gegangen und das ist damals so richtig untergegangen", erklärt Böhm. Der private Bahnbetreiber arbeitet deshalb seit vergangenem Jahr mit Böhm zusammen und bietet die Ausflüge mit ihm kostenlos an.

Bäume, Berge, Bauwerke

Dann geht es los in Richtung Mikulášovice. Am Fenster ziehen Hügel und Schlösser, Umgebindehäuser, Kirchen und schließlich Wälder und Berge vorbei. Nach knapp eineinhalb Stunden ist die Gruppe am Ziel. Ausgestiegen wird an der Bedarfshaltestelle Mikulášovice horni nadrazi, am Rande des Städtchens.

Von dort geht die Wanderung los zur Dreifaltigkeitskapelle (Kaple Nejsvětější Trojice). So richtige Wanderlaune kommt hier trotz guten Wetters noch nicht auf, denn ein Teil des Weges führt entlang einer Landstraße. Bei der Kapelle angekommen, wird man aber mit einem schönen Ausblick auf die Berge der Böhmischen Schweiz belohnt.

Wanderer stehen an der kleinen Dreifaltigkeitskapelle nahe dem tschechsischen Mikulášovice.
Zwischenstopp an der Dreifaltigkeitskapelle in Horní Mikulášovice. Der barocke Sakralbau wurde 1742 errichtet. Bildrechte: MDR/ Jörg Winterbauer

Von der Kapelle geht es weiter durch Wälder und über Wiesen in Richtung Brtníky (früher Zeidler). Bei herrlichem Ausblick auf Berge und Wälder wandern sich jetzt die rund sieben Kilometer fast wie von selbst. Der Weg führt durch das Dorf Kopec (früher Hemmehübel), vorbei an teils wunderbar erhaltenen, sehr gepflegten Umgebindehäusern.

Zwischen Baumlücken sind in der Ferne die Gipfel der Böhmischen Schweiz zu sehen.
Wanderern bieten sich in der waldreichen Region herrliche Aus- und Fernblicke - bis in die Böhmische Schweiz. Bildrechte: MDR/ Jörg Winterbauer

Die Teilnehmer der Wanderung sind fast nur Rentner, die aber mit dem angeschlagenen Tempo erstaunlich gut mithalten. Zeit für längere Pausen bleibt nicht, denn in Brtníky geht es mit dem Bus 409 weiter nach Rumburk - und der wartet nicht auf Nachzügler. Man könnte von hier aus auch mit der Ausflugslinie nach Zittau zurückkehren, sie fährt kurz nach vier in Mikulášovice los.

Wanderer aufen auf einer schmalen Straße durch das böhmische Dorf Brtníky.
Im fast 680 Jahre alten Dörfchen Brtníky gibt es einige gut erhaltene und restaurierte Fachwerk- und Umgebindehäuser. Bildrechte: MDR/ Jörg Winterbauer

In Rumburk gibt es eine Pause am Lausitzer Platz, der sich durch einen wilden Mix aus alten und neuen Gebäuden auszeichnet. Die Heiligenfiguren der Pestsäule aus dem 17. Jahrhundert in der Mitte des Platzes kontrastieren mit den roten und grünen Fassaden eines modernen Freizeitzentrums.

Blick auf die Pestsäule in der Mitte des Marktplatzes von Rumburk in Tschechien.
Am Markt von Rumburk treffen Geschichte und moderne Architektur direkt aufeinander. Bildrechte: MDR/ Jörg Winterbauer

Nach dem Mittagessen geht die Wanderung weiter in Richtung der orthodoxen Johanneskapelle am Stadtrand. Schließlich geht es heimwärts: mit dem Bus 401 nach Filipov, von dort zu Fuß zum Bahnhof Neugersdorf und weiter mit dem Zug zurück nach Zittau.

Martina Kunath, eine Teilnehmerin, sagt: "Mir hat es wie immer sehr gut gefallen, ich liebe diese Touren mit Matthias Böhm. Ich lebe seit drei Jahren in der Region und lerne auf diese Art einfach meine neue Heimat kennen und das ist sehr schön." Besonders gefällt ihr dabei, die Möglichkeit andere Leute kennenzulernen.

Weitere Wanderungen mit Matthias Böhm hat Trilex für den Juni, September und November geplant.

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