Zwei Männchen in Balzfärbung und ein Weibchen umklammern sich während der Paarung an der Oberfläche eines Teiches.
Der Moorfrosch ist eine von 17 Amphibienarten, die in Sachsen vorkommen. Zur Laichzeit im März oder April färben sich die Männchen für kurze Zeit blau. Bildrechte: imago/blickwinkel

Klimawandel Oberlausitz: Naturschützer zählen immer weniger Amphibien

08. September 2022, 05:30 Uhr

Die Zahl der Kröten, Frösche und Lurche in der Oberlausitz ist in den vergangenen Jahren drastisch zurückgegangen. Auch 2022 wurden an den Krötenzäunen wieder weniger Amphibien als im Jahr zuvor gezählt. Wie stark der Rückgang bei den verschiedenen Arten aber tatsächlich in Sachsen ist, kann niemand sagen. Es fehlen genaue Daten. Das soll sich jetzt ändern.   

Annett Hertweck kann sich noch an Zeiten erinnern, an denen die Sammeleimer an den Amphibienschutzzäunen häufig übervoll mit Tieren waren. Die Chefin der Naturschutzstation Östliche Oberlausitz und ihr Team betreuen seit vielen Jahren im Frühjahr die Schutzzäune an den Straßen. In den vergangenen Jahren bleiben die Eimer der Naturschützer aber immer häufiger leer.

Ich hatte vor zehn, 15 Jahren noch Zeiten, da waren die Eimer so voll, dass die Tiere oben wieder rausgeklettert sind. Da waren über 300, 400 Amphibien in einem Eimer.

Annett Hertweck Naturschutzstation Östliche Oberlausitz

Naturschutzstation spricht von "dramatischem Rückgang"

Im Jahr 2016 haben sie im Frühjahr bei der Krötenwanderung im Bioshärenreservat Oberlausitzer Heide- und Teichlandschaft noch mehr als 73.000 Tiere gezählt, berichtet die Naturschützerin. In diesem Jahr seien es nur 17.000 Amphibien gewesen. "Dabei haben wir damals nur zwölf Kilometer Zaun betreut, jetzt sind es fast doppelt soviel. Der Rückgang ist wirklich dramatisch." Auch in den Jahren zuvor habe es bereits ähnlich wenige Kröten, Frösche und Lurche gegeben.

Bisher fehlen genaue Daten

In anderen Regionen Sachsens geht die Zahl der Amphibien ebenfalls immer weiter zurück, bestätigt Holger Lueg vom Sächsischen Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie (LfULG). Wie stark der Rückgang genau ist, kann er jedoch nicht sagen. Das Problem: Die Bestände der Amphibien werden bisher nicht systematisch erfasst. Die Zaun-Zählungen sind dafür zu ungenau und umfassen nicht alle Arten. "Da gibt es in der Tat eine Lücke", sagt Holger Lueg vom Landesumweltamt.

Amphibienschutzzaun neben einer Straße
Solche Amphibienschutzzäune halten Frösche und Kröten im Frühjahr bei ihrer Wanderung zu den Laichgewässern von der Straße fern. Sie landen in Eimern und werden dort von den Naturschützerinnen und Naturschützern gezählt. Bildrechte: IMAGO / CHROMORANGE

Forschungsprojekt will Lücke in der Erfassung schließen

Diese Lücke in der Erfassung will der Freistaat jetzt schließen und hat deshalb ein Forschungsprojekt ins Leben gerufen. Zurzeit werden alle Amphibien-Arten an ausgewählten Standorten und Lebensräumen genau erfasst und gezählt, um auch den Ursachen des Rückgangs besser auf die Spur zu kommen. Denn bei den sensiblen Amphibien würden viele Faktoren zusammenkommen, erklärt Holger Lueg. Neben der Trockenheit leiden die Tiere auch unter dem Verlust ihrer Lebensräume und der intensiven Landwirtschaft. Deshalb sei eines ganz wichtig: "Man kann die Amphibien nur schützen, wenn man weiß, wo ihre Laichgewässer sind."

Landesumweltamt will Bürgerinnen und Bürger für Erhalt von Laichgewässern gewinnen

Auch das wolle man mit den jetzt erhobenen Daten besser erfassen, sagt Holger Lueg. Denn wenn man nicht wisse, wo die Laichgewässer sind und sich keiner um deren Erhalt kümmere, sei dies eine Gefahr für die Amphibien. "Wir haben jetzt noch die Chance, mit relativ einfachen Methoden die Situation der Amphibien zu verbessern und zwar am allermeisten bei den Laichgewässern." Deshalb sei ein Ziel des Projektes, auch die Bürgerinnen und Bürger mit einzubeziehen. Wo sich Naturschützer um solche Gewässer kümmern oder Anwohner Hinweise zu trockenen Tümpeln oder kaputten Dämmen geben, gehe es den Amphibien besser. Das sei bereits eine erste Erkenntnis des Forschungsprojektes.

Wir haben jetzt noch die Chance mit relativ einfachen Methoden die Situation der Amphibien zu verbessern und zwar am allermeisten bei den Laichgewässern.

Holger Lueg Landesumweltamt

Moorfrösche (Rana arvalis) bei der Paarung
Moorfrösche paaren sich. Bildrechte: imago/imagebroker

Tipps: So können Amphibien geschützt werden

Voraussichtlich kommendes Jahr sollen die genauen Zahlen zu den Amphibien vorliegen, ebenso wie Empfehlungen zum Amphibienschutz für jedermann. Annett Hertweck von der Naturschutzstation Östliche Oberlausitz hat bereits jetzt ein paar Tipps parat. Ganz wichtig sei zum Beispiel, Kellerschächte so abzudecken, dass keine Frösche und Kröten hineinfallen könnten. Außerdem solle man im Garten nicht die gesamte Rasenfläche kurz mähen oder Mähroboter fahren lassen, denn sie würden Amphibien töten.

Nicht alles kurz mähen oder über alles den Mähroboter fahren lassen, denn der tötet nicht nur Igel, sondern auch Frösche. Also einfach mal was lassen und nicht so ganz ordentlich sein.

Annett Hertweck Naturschutzstation Östliche Oberlausitz

Denn Kröten, Frösche und Lurche brauchen Rückzugsmöglichkeiten wie hohes Gras, Laub- oder Reisighaufen. Das gefällt auch vielen Insekten, von denen es ebenfalls immer weniger gibt.

MDR (vis)

Dieses Thema im Programm: MDR 1 RADIO SACHSEN | Regionalreport aus dem Studio Bautzen | 09. September 2022 | 16:30 Uhr

Mehr aus Görlitz, Weisswasser und Zittau

Mehr aus Sachsen