Mario Förster
Der gebürtige Görlitzer Mario Förster kann vom Bloggen gut leben. Bildrechte: Paul Glaser

Familie "Der Vatertag ist mehr als Bollerwagen und Bier"

18. Mai 2023, 05:00 Uhr

Vom ostsächsischen Königshain aus betreibt Mario Förster einen der erfolgreichsten Vaterblogs Deutschlands. Durch seine Arbeit weiß er, was die Väter des Landes bewegt. Und er stellt fest: Die Vaterrolle hat sich gewandelt - seit dem Ende der DDR, aber auch in den letzten zehn Jahren.

Mario Förster ist ein großer, kräftiger Typ mit markantem Gesicht und festem Handwerker-Händedruck. Auf den ersten Blick nicht unbedingt der Typ Mann, der sein Geld am Computer verdient. Und doch ist er hauptberuflich selbstständiger Blogger. Auf netpapa.de veröffentlicht er Artikel wie "Hab Dich lieb, Papa: 6 Sätze, die jeder Vater gern hört!" oder "Wie werde ich ein guter Vater: Eine einzigartige Reise beginnt."

Von seinem Blog können Förster und seine Familie laut eigener Aussage gut leben. Mehrere Autoren schreiben für die Webseite und auch seine Ehefrau konnte er einstellen.

Vor allem die ältere Generation kann sich gut daran erinnern, dass die Vaterrolle früher von Strenge geprägt sein sollte. Es galt als normale Aufgabenverteilung, dass die Mutter gütig und rücksichtsvoll ist, während der Vater mit Strenge auf Disziplin achten sollte. Der moderne Vater darf aus diesem Rollenbild ausbrechen.

Mario Förster Eintrag auf dem Blog Netpapa vom 11. Mai 2023

Als Mario Förster vor 14 Jahren Vater wurde, fiel ihm auf, dass sich die meisten Informationen für Eltern im Netz an Mütter richteten. Das wollte er ändern und so schrieb er vor zehn Jahren, rund ein Jahr nach der Geburt seines zweiten Sohnes, drauf los. "Ich habe gedacht, wir müssen hier mal ein bisschen was aufschreiben und einfach den Männern auch zur Seite stehen, mit dem, was man selber so erlebt", erklärt er.

"Vaterrolle war in der DDR ganz anders"

Und der Bedarf nach Informationen für Väter sei groß, sagt er. Auch weil sich die Vaterrolle so sehr gewandelt habe, dass die meisten Väter sich nicht mehr an den eigenen Vätern orientieren könnten, gerade im Osten. "Die Vaterrolle war ja in der DDR ganz anders, als sie heute ist", sagt der 52-Jährige, der in Görlitz aufgewachsen ist. Nach seiner Beobachtung sei die Vaterrolle heute "näher am Kind". Väter würden sich Gedanken machen über Fragen, wie "Was fühlt mein Kind?" oder "Wie kann ich es auf Augenhöhe begleiten?". Das sei früher nicht typisch gewesen.

Mario Förster
Mario Förster in seinem Büro in seinem Haus in Königshain bei Görlitz. Bildrechte: Paul Glaser

Aber auch in den letzten zehn Jahren kann er eine Entwicklung bei den Vätern feststellen, sagt Förster. Mit "Einfach Vater - Papa-Gruppe von Netpapa.de" betreibt er mit rund 30.000 Mitgliedern die wohl größte Väter-Online-Community im deutschsprachigen Raum auf Facebook. Als er die Gruppe vor fast zehn Jahren gegründet hat, hätten Väter dort ganz andere Fragen gestellt als heute, berichtet er. Es sei damals eher darum gegangen, welches Auto ein gutes Familienauto sei oder wohin man mit den Kindern in den Urlaub fahren kann.

Väter übernehmen mehr Aufgaben in der Familie

In der Gruppe spiegele sich, dass die Väter heute viele Aufgaben übernehmen, die früher eher die Mütter übernommen hätten, zum Beispiel Arztbesuche. Sie würden nach Rat fragen, wenn ihre Kinder nicht durchschlafen oder sich über die Entwicklungsphasen des Kindes informieren. Das habe es früher in der Gruppe überhaupt nicht gegeben.

Und auch Erziehungsfragen würden heute eine größere Rolle spielen, berichtet der Blogger: Was mache ich, wenn mein Kind einen Wutausbruch hat? Wie verhalte ich mich, wenn ich selber wütend auf mein Kind bin? "Das sind Themen, wo man einfach merkt, dass Väter sich heute sehr viel mit sich selber beschäftigen, reflektieren und versuchen, neue Perspektiven einzunehmen, um ein besserer Vater zu sein", sagt Mario Förster. Bis zu 350.000 Leser schauen monatlich vorbei, berichtet Förster.

Männer zerrissen zwischen Familie und Job

Doch häufig falle es den Männern schwer, ihre Rolle als Vater und als Ernährer unter einen Hut zu kriegen: "Sie wollen viel enger an der Familie dran sein", sagt Förster. Aber ihr Alltag lasse das häufig nicht zu. Unternehmen würden das Vatersein noch nicht so unterstützen, "wie es eigentlich sein müsste", zum Beispiel indem sie flexible Arbeitszeiten anbieten, kritisiert er.

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Protagonist Andreas Kärmer (33) bei Baumfäll- und Sägearbeiten auf dem elterlichen Hof Bildrechte: MDR/Sinnfilm
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Förster ist da in einer komfortableren Situation: Als Blogger kann er sich seine Zeit freier einteilen als viele Arbeitnehmer. "Für mich war schon relativ zeitig klar, dass die Zeit mit den Kindern und der Familie unwiederbringlich ist", sagt er. Deshalb würden er und seine Frau darauf achten, dass sie nicht zu viel arbeiten, um genug Zeit für die Kinder zu haben. Sie hätten sich deshalb schon früh dagegen entschieden, dass Unternehmen zu vergrößern und weitere Leute einzustellen. "Wir bleiben klein und flexibel und haben so viel Zeit für die Familie", sagt er.

Mario Förster mit Kindern.
Mario Förster achtet darauf, sich genug Zeit für seine beiden Söhne zu nehmen. Bildrechte: Jörg Winterbauer

Vatertag für die Familie nutzen

Zeit für die Familie nimmt Mario Förster sich auch am Vatertag. Der sei für ihn mehr, als mit Bollerwagen und Bier durch die Gegend zu ziehen. Väter könnten ihn stattdessen nutzen, um darüber nachzudenken, was Vaterschaft für sie bedeutet und wie man ein guter, aktiver Vater sein kann. Und um etwas mit seinen Kindern zu unternehmen. Mario Förster hat vor, an dem Tag mit seiner Familie mit den Fahrrädern einen Ausflug ins Elbtal nach Dresden zu machen.

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Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN | MDR SACHSENSPIEGEL | 19. Mai 2023 | 19:30 Uhr

9 Kommentare

Anita L. vor 51 Wochen

Bis heute noch nicht gelernt, dass insbesondere das "Kollektiv" in allererster Linie staatliches Kontrollorgan war? Aber korrekt: Vom Kindergarten über Schule, Hausgemeinschaft, Freizeit bis hin in die Betriebe funktionierte die sozialistische "Erziehung" reibungslos (Wochenkrippe, Pionierorganisation, FDJ, Hauswart, ABV, Kollektiv,...) Da hatten die Verantwortlichen in der DDR richtig gut vom nationalsozialistischen Deutschland gelernt.
Fragen Sie mal jene, die entweder gleich gar nicht ins "Kollektiv" hineinkamen (Religion, Lebensanschauung, Herkunft), von "Freunden" und "Kollegen" bespitzelt oder wieder aus dem "Kollektiv" hinausflogen (kritische Haltung zum Staat)... Und wie erfolgreich die ganze verdammte Indoktrination war, sieht man dann an Beiträgen wie Ihrem.

Anita L. vor 51 Wochen

"Die Grundlage dazu hat unsere Generation in der DDR gelegt, denn unsere Väter vor 60/70 Jahren waren vor allem nur Verdiener wie auch die Väter bis zur Wende in der BRD."

Aha. Welche Grundlage wurde denn so gelegt? Mein Vater war Verdiener noch weit über die Wende hinaus. Als meine Mutter irgendwann Anfang der 2000er Jahre plötzlich zur Hauptverdienerung wurde, hat es ihm sprichwörtlich die Füße weggezogen: Er war immer Versorger und Hauptverdiener gewesen. Welche gesellschaftlichen und/oder politischen Voraussetzungen für die Entwicklung des modernen Vaterbilds wurden denn in der DDR von Ihrer Generation geschaffen?

Atze1 vor 51 Wochen

Durch die Umbrüche in der Wendezeit, Umzüge usw. haben wir unseren Freundeskreis sehr dezimiert gesehen. Das ist traurig und sehr schade. Jeder hat erst einmal gesehen, wie er weiter existieren konnte. Manche Freunde sind auf nimmer Wiedersehen verschwunden. Leider. Ich finde es gut, dass sich heute die jungen Väter intensiver auch mit den Befindlichkeiten ihrer Kinder beschäftigen. Die Grundlage dazu hat unsere Generation in der DDR gelegt, denn unsere Väter vor 60/70 Jahren waren vor allem nur Verdiener wie auch die Väter bis zur Wende in der BRD. Die DDR wirkt also immer noch obwohl sie schon untergegangen ist. Lach.

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