Mit einer Menschenkette wird am Königsufer der Zerstörung der Stadt im Zweiten Weltkrieg gedacht. Am 13. Februar gedenkt die Landeshauptstadt Dresden der Zerstörung der Stadt im Zweiten Weltkrieg vor 78 Jahren. Am 13. und 14. Februar 1945 legten alliierte Bomber das Zentrum der Elbestadt in Schutt und Asche. Bis zu 25.000 Menschen kamen dabei um... 4 min
Am 13. Februar wird in Dresden an die Zerstörung der Stadt im Zweiten Weltkrieg erinnert – unter anderem mit einer Menschenkette. Bildrechte: picture alliance/dpa | Sebastian Kahnert
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Am 13. Februar wird in Dresden an die Zerstörung der Stadt im Zweiten Weltkrieg erinnert. Viele Gedenkveranstaltungen gehen 2024 neue Wege und wollen ein deutlicheres Zeichen für die Demokratie und gegen Rechts setzen.

MDR KULTUR - Das Radio Di 13.02.2024 06:15Uhr 04:10 min

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"Gemeinsam wachsam" 13. Februar in Dresden: Vom stillen Gedenken zur Nacht der Stimmen

13. Februar 2024, 05:00 Uhr

Die Zerstörung Dresdens im Zweiten Weltkrieg jährt sich 2024 zum 79. Mal. Viele der diesjährigen Gedenkveranstaltungen am 13. Februar haben ihr Konzept geändert: Statt zu stillem Gedenken rufen sie dazu auf, die Stimme gegen Rechts zu erheben. Angesichts des derzeitigen Rechtsrucks soll ein deutliches Zeichen für die Demokratie gesetzt werden – ob beim gemeinsamen Singen vor dem Kulturpalast, einer "Nacht der Stimmen" in der Frauenkirche oder der alljährlichen Menschenkette um die Innenstadt.

Zum vierten Mal beteiligt sich in diesem Jahr das Kulturbündnis "Weltoffenes Dresden" mit einer Bannerkunst-Aktion, einem Parcours aus künstlerischen Arbeiten quer durch die Innenstadt, am Gedenken um den 13. Februar. Den Blick richtet man dabei aber nicht nur auf die Zerstörung Dresdens 1945, sondern die beteiligten Institutionen sowie die Künstlerinnen und Künstler bemühen sich, Bezüge zu gegenwärtigen Herausforderungen, zu aktuellen Krisen, herzustellen.

"Ich glaube, dass die Banner-Aktion im Stadtraum ein ganz starkes Zeichen setzen kann. Sie greift Fragen nach der Vielfalt der Gesellschaft, nach Offenheit, nach Freiheit für den Einzelnen und die Einzelne auf", sagt Christiane Mennicke-Schwarz vom Kunsthaus Dresden. Die Städtische Galerie ist eine der 18 an der Aktion beteiligten Kulturinstitutionen. Gleichzeitig wirbt sie in diesem Jahr ausdrücklich für die Menschenkette in der Dresdner Innenstadt

Menschen stehen neben einem Plakat mit einem Mädchen, das aufs Meer blickt
Das Kulturbündnis "Weltoffenes Dresden" hat einen Kunst-Parcour zum Gedenken am 13. Februar organisiert. Bildrechte: Anja Schneider

Denn diese würde ein Zeichen dafür setzen, dass die Lehren aus dem Zweiten Weltkrieg auch verstanden worden seien und "dass wir den Mechanismus verstanden haben, dass auf autoritäre Gewaltherrschaft eine Katastrophe folgt", so Mennicke-Schwarz. Diese Lehren müsse man sich in diesem Jahr ganz besonders vor Augen führen, betont sie.

Menschenkette um Dresdner Altstadt mit neuem Motto

Seit 2010 formiert sich am Abend des 13. Februars eine Kette aus um die 10.000 Menschen um die Dresdner Innenstadt. Die ursprüngliche Idee: ein symbolischer Schutzwall gegen die Aufmärsche von Rechtsextremisten an diesem Tag. In den letzten Jahren gab es daran aber häufig Kritik, da diese Botschaft kaum noch zum Tragen gekommen sei, so der Vorwurf.

Der Aufruf 2024 weist da eine andere Richtung. "Gemeinsam wachsam" lautet das Motto – eine Reaktion auf die Geheimplan-Recherche von Correktiv und den daraus resultierenden, anhaltenden Protestdemos gegen Rechtsextremismus. Dresdens Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) betont: "Wir sehen einen zunehmenden Ruck insbesondere ins rechte Lager und das sollte uns zutiefst zum Nachdenken anregen – nicht nur zum Nachdenken, sondern eben zum Handeln."

Die Notwendigkeit aktiv zu werden, hebt auch Ursula Staudinger hervor. Sie ist die Rektorin der Technischen Universität Dresden, die offiziell die Menschenkette jedes Jahr anmeldet. Sie hofft, dass sich in diesem Jahr weitaus mehr Menschen – sie nennt die Zahl 20.000 – die Hände reichen.

Wir sehen einen zunehmenden Ruck insbesondere ins rechte Lager und das sollte uns zutiefst zum Nachdenken anregen – nicht nur zum Nachdenken, sondern eben zum Handeln.

Dirk Hilbert, Oberbürgermeister Dresden

Bürgersingen statt Gedenkkonzert

Einen festen Platz am und um den 13. Februar haben auch die traditionellen Gedenkkonzerte, zum Beispiel das der Dresdner Philharmonie. Doch auch dort sucht man jetzt neue Wege und ruft zum gemeinsamen Bürgersingen vor dem Kulturpalast auf. In unsicheren Zeiten, Zeiten von Kriegen und zunehmenden Konflikten, bestünde ein großes Bedürfnis nach verbindenden Aktionen, meint Intendantin Frauke Roth.

"Jeder, der mal in einem Chor gesungen hat weiß, wie ganz körperlich die verbindende Kraft ist", so die Intendantin. "Wir schaffen einen Moment der gegenseitigen Selbstvergewisserung an diesem Tag, der gut, hilfreich und konstruktiv ist." Auch wenn man mit Liedern wie etwa "We Shall Overcome" natürlich nicht die Welt retten könne.

Dresdner Frauenkirche lädt zur "Nacht der Stimmen"

Und auch in der Frauenkirche will man, entgegen bisheriger Traditionen, die Stimme erheben. Sonst wurde hier in der Nacht des 13. Februars in aller Stille gedacht. "Für dieses nächtliche Format nach dem Glockenläuten haben wir gedacht: Einfach nur meditative Versenkung und Erinnern, Gedenken wie die ganzen Jahrzehnte kann in dieser gewandelten Situation, in der wir jetzt sind, nicht mehr ausreichen", so Frauenkirchenpfarrer Markus Engelhardt.

Schon seit Tagen hängt an der Kirche ein großes Banner, darauf zu lesen: "Wir haben die Wahl – Für Demokratie gegen Rechtspopulismus". Auch im Inneren sind an den Pfeilern Grundprinzipien unseres Zusammenlebens zu lesen, wie freie Wahlen, Rechtsstaatlichkeit und Meinungsfreiheit. Vertreterinnen und Vertreter aus der Stadtgesellschaft werden anhand dieser Themen in der "Nacht der Stimmen" - so das neue Format am 13. Februar – über ihr Engagement berichten.

Ein Banner «Wir haben die Wahl - Für Demokratie gegen Rechtspopulismus» hängt an der Fassade der Dresdner Frauenkirche
An der Dresdner Frauenkriche setzt ein Banner ein Zeichen für die Demokratie. Bildrechte: picture alliance/dpa | Robert Michael

"Das was vor 79 Jahren am 13. Februar passiert ist, hatte eine lange Vorgeschichte und diese Vorgeschichte hatte ihr erstes Kapitel darin, dass die erste deutsche Demokratie nicht etwa zu viele Gegner, sondern zu wenig überzeugte Befürworter hatte", sagt der Pfarrer. "Der 13. Februar 45 und der 13. Februar 2024 gehören in einem für unsere Demokratie entscheidenden Jahr mit drei Wahlen hier in Sachsen einfach untrennbar zueinander. Deshalb die Nacht der Stimmen."

Wobei es parallel weiterhin auch ein stilles Gedenken geben wird, beispielsweise mit Friedesandachten und zahllosen brennenden Kerzen auf dem Neumarkt vor der Frauenkirche.

Redaktionelle Bearbeitung: lig

Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 13. Februar 2024 | 06:15 Uhr

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