"Eine Katastrophe" Kritik zu Kürzungen bei Kulturförderung – Übersetzer würde es hart treffen
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30. September 2024, 17:09 Uhr
Der Kulturetat in Deutschland soll schrumpfen: Plänen der Bundesregierung zufolge soll es im Kulturhaushalt zu starken Kürzungen kommen. Für die sechs Kulturfonds sind im Bundeshaushalt für 2025 nur noch 18 Millionen Euro vorgesehen, 2024 waren es noch rund 34,3 Millionen Euro. Betroffen ist u.a. auch der Literaturfonds und der Übersetzerfonds. Der Deutsche Kulturrat fordert, das zu verhindern. Auch die Leipziger Übersetzerin Maria Hummitzsch sieht schwere Auswirkungen auf ihren Beruf.
- Die Literaturübersetzerin Maria Hummitzsch kritisiert die geplanten Einsparungen an den Kulturfonds der Bundesregierung.
- Sie sagt, viele Übersetzerinnen und Übersetzer arbeiteten unter prekären Bedingungen.
- Hummitzsch schätzt die Rolle von künstlicher Intelligenz in ihrer Branche als begrenzt ein.
Aufgrund der Haushaltsverhandlungen auf Bundesebene drohen im Kulturbereich massive Kürzungen an den Fördertöpfen des Bundes. Das könnte auch die Literaturübersetzung treffen: Die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien, Claudia Roth, plant, die Mittel für den Deutschen Übersetzerfonds um 30 Prozent zu reduzieren. Neben dem Übersetzerfonds werden auch die Fördervolumen der anderen fünf Bundeskulturfonds gekürzt.
Deutliche Kritik an Plänen der Bundesregierung für Kulturhaushalt 2025
Die Literaturübersetzerin Maria Hummitzsch kritisiert die geplanten Kürzungen bei MDR KULTUR scharf: "Für die Literaturübersetzerinnen ist es im Grunde eine Katastrophe, weil der 1997 gegründete deutsche Übersetzerfonds [...] eigentlich bundesweit die einzige und ganz grundsätzlich die zentrale Förderinstitution für Literaturübersetzerinnen ist." Davon betroffen wäre auch die "Akademie der Übersetzungskunst", die mit ihrem "ausgefeilten Fortbildungsangebot" zum hohen Niveau der deutschen Literaturübersetzung beitrage, so Hummitzsch.
Für die Literaturübersetzerinnen ist es im Grunde eine Katastrophe.
"Ohne das umfangreiche und substanzielle Förderangebot des deutschen Übersetzungsfonds könnten viele Literaturübersetzer diesen Beruf gar nicht ausüben, so wie sie es tun," so Hummitzsch, denn die Förderung "bedeute eben immer eine Zunahme an Qualität." Zudem würden die Verlage "widerständige und abseitige Bücher" ohne die staatlichen Zuschüsse gar nicht übersetzen lassen, sagt die Leipzigerin mit Blick auf die Vielfalt im Literaturbetrieb. "Man kann nur hoffen [...], dass diese drohende Kürzung zurückgenommen wird."
Ohne das umfangreiche und substanzielle Förderangebot des deutschen Übersetzungfonds könnten viele Literaturübersetzer diesen Beruf gar nicht ausüben.
Beruf Übersetzer: Prekäre Arbeitsbedingungen und schlechte Bezahlung
Als langjährige Übersetzerin weiß Hummitzsch, dass ihre Kolleginnen und Kollegen ohnehin in häufig prekären Verhältnissen arbeiten. Eine übersetzte Buchseite werde pauschal mit 15 bis 25 Euro honoriert, so Hummitzsch. Wie anspruchsvoll ein Text etwa ist, werde bei der Honorierung oft nicht berücksichtigt.
"Es ist sehr, sehr schwierig, als Literaturübersetzerin sozusagen ein anständiges Dasein zu fristen, wenn man eine Familie zu ernähren hat", sagt Maria Hummitzsch. Als Freiberufler unterliegen die Übersetzer und Übersetzerinnen schwankenden Auftragslagen und kommen weder in den Genuss bezahlten Urlaubs, noch sind sie im Krankheitsfall durch Lohnfortzahlung abgesichert.
Viele Übersetzer und Übersetzerinnen bedienen zwar mehrere Sprachen, um mehr Aufträge zu bekommen. Allerdings schwanke die Nachfrage stark je nach Sprache. Das gelte auch für das Portugiesische, aus dem Maria Hummitzsch übersetzt: "240 Millionen Menschen sprechen weltweit Portugiesisch, also eine enorme Zahl. [...] Aber wenn man auf das Übersetzungsvolumen in 2022 schaut, wurden nur 21 Titel in der Belletristik aus dem Portugiesischen übersetzt."
Literaturübersetzungen in Zukunft: Keine Angst vor KI
Die Rolle von künstlicher Intelligenz in der Literaturübersetzung schätzt Hummitzsch indes als begrenzt ein. Zwar werden KI-Anwendungen bereits häufig zur Übersetzung von Gebrauchs- und Fachtexten angewendet. Aber in der Literatur, "wo Sprache vom Standard abweicht, wo Stil ins Spiel kommt, Witz, Mehrdeutigkeit in Haltung, im Text", bedarf es weiterhin des menschlichen Übersetzers, sagt Hummitzsch. "Diese Verwandlung von schierer Wortmasse in einen literarischen Text, das können Maschinen meiner Meinung nach nicht."
Diese Verwandlung von schierer Wortmasse in einen literarischen Text, das können Maschinen meiner Meinung nach nicht.
"Ich glaube einfach, dass Sprache eine Art Stoff ist, der aus sehr vielen Fasern besteht und die Sprache, die wir benutzen, ist ja immer Ausdruck dessen, auch wie wir als Menschen in der Welt stehen", erklärt die langjährige Übersetzerin. Regionale Ausdrücke, Familiensprache, auch der Einfluss durch die Literatur – das alles könne eine Maschine kaum fassen, sagt Hummitzsch: "Deswegen habe ich eigentlich keine Angst vor KI."
Quelle: MDR KULTUR (Thomas Bille); redaktionelle Bearbeitung: tis, sg
Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 30. September 2024 | 07:10 Uhr