Untersuchungsausschuss Posten-Affäre: Wirtschaftsminister sieht Verantwortung nicht in seinem Haus

27. November 2023, 23:29 Uhr

Gut bezahlte Posten nach Parteibuch statt nach Qualifikation: Der Landesrechnungshof hatte die Einstellungspraxis der Landesregierung zum Spitzenpersonal gerügt und ihr schwere Fehler vorgeworfen. Ein Untersuchungsausschuss im Landtag klärt gegenwärtig, was an den Vorwürfen dran ist. Am Montag äußerten sich der Wirtschaftsminister, der Chef der Staatskanzlei und der Ministerpräsident.

Im Thüringer Landtag hat sich am Montag ein Untersuchungsausschuss mit der Einstellung einer Staatssekretärin im Wirtschaftsministerium beschäftigt. Konkret ging es um eine Personalie im Februar 2018, als Valentina Kerst zur Staatssekretärin für Wirtschaftspolitik, Wirtschaftsförderung und digitale Gesellschaft ernannt wurde. Sie war bis Oktober 2021 im Amt.

Wirtschaftsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) sagte im Ausschuss, dass sein Ministerium bei ihrer Einstellung nicht die beamten- oder dienstrechtliche Tauglichkeit überprüft habe. Er habe sich um die fachlichen, persönlichen und politischen Kriterien gekümmert. Für alles andere sei die Staatskanzlei verantwortlich gewesen. Es sei gängige Praxis, dass Staatssekretäre in Deutschland auf diese Weise ausgewählt und eingestellt würden.

Innenministerium: Vorlage und Lebenslauf ausreichend

Staatskanzleiminister Benjamin Hoff (Linke) beteuerte im Untersuchungsausschuss mehrfach, dass grundsätzlich bei Kandidaten für Staatssekretärsposten die nötigen Voraussetzungen geprüft würden. Die personalrechtliche Prüfung fand demnach in der Staatskanzlei statt, die beamtenrechtliche im Innenministerium.

Er gab an, von Tiefensee einen Personalvorschlag und einen Lebenslauf der Kandidatin bekommen zu haben. Dieses Vorgehen sei nicht unüblich. Nur in Ausnahmen forderten die Mitarbeiter der Staatskanzlei weitere Unterlagen an. Nach der Prüfung der Kandidatin habe es keinerlei Zweifel an der Personalie gegeben, sagte Hoff.

Zuvor hatte im Ausschuss eine Leiterin des Innenministeriums ausgesagt. So sei im Fall der Staatssekretärin vom Kabinett eine Vorlage und ein Lebenslauf der Kandidatin eingereicht worden. Diese Unterlagen hätten gereicht, um dem Personalvorschlag der Staatskanzlei zuzustimmen. Im Weiteren sei die Kandidatin nicht beamten- oder dienstrechtlich überprüft worden, sagte die Leiterin.

Ramelow weist Verantwortung von sich

Ebenfalls als Zeuge geladen war Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke). Er wies die eigene Verantwortung von sich. Er als Regierungschef prüfe weder Ernennungsurkunden von Staatssekretären noch Gesetze auf ihre Rechtmäßigkeit. Ehe er Schriftstücke unterschreibe, würden sie von den zuständigen Mitarbeitern der Staatskanzlei bearbeitet. "Und ich habe ein volles Vertrauen zu meinem Haus und meinen Beamten, dass es geprüft worden ist und Recht und Gesetz entspricht."

Kritik von Ausschuss-Mitglied der CDU

Die CDU warf dem Innenministerium vor, nicht gründlich genug geprüft zu haben. Ausschuss-Mitglied Andreas Bühl berief sich dabei auf die Aussage der Mitarbeiterin des Innenministeriums. Er zog einen Vergleich mit niedriger dotierten Posten: Wenn man sich vor Augen führe, was dort für aufwendige Prozesse und Konkurrentenklagen geführt würden, sei es bemerkenswert, dass für die höchsten Posten ein Lebenslauf ausreichend sei, sagte Bühl.

Andreas Bühl (CDU)
Andreas Bühl von der Union kritisiert die Personalpolitik der Landesregierung. Bildrechte: IMAGO / Karina Hessland

Die Personalpolitik der Landesregierung steht seit Monaten in der Kritik. Der Untersuchungsausschuss soll mögliche Verfehlungen aufklären. Hintergrund ist ein Prüfbericht des Landesrechnungshofes. Dieser hatte der Landesregierung systematische und schwerwiegende Verstöße gegen Regeln zur Einstellung von Beamten vorgeworfen. In der Angelegenheit ermittelt auch die Staatsanwaltschaft.

Mehr zur Staatssekretärs-Affäre

MDR (jhi/wh/sar), dpa

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN | MDR THÜRINGEN JOURNAL | 27. November 2023 | 19:00 Uhr

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