Eine Kuh-Skulptur in Deutschlandfarben, dahinter Bauern die protestieren
Die Bauern wollen die Agrarminister von Bund und Ländern auf ihre Probleme aufmerksam machen. Bildrechte: MDR/Wolfgang Hentschel

Landwirtschaft Agrarministerkonferenz in Erfurt: Weitere Bauern-Proteste am Donnerstag

14. März 2024, 19:49 Uhr

Die Agrarminister von Bund und Ländern kommen am Donnerstag zu ihrer Frühjahrstagung in Erfurt zusammen. Rund um die Konferenz sind weitere Proteste angekündigt. Der Bauernverband plant eine Kundgebung. Es kann zu Verkehrsbehinderungen kommen.

Rund um die Konferenz der Agrarminister (AMK) von Bund und Ländern in Erfurt gibt es auch am Donnerstag Proteste. Der Thüringer Bauernverband hat ein "Landwirte-Camp" auf dem Erfurter Theaterplatz, in dessen Nähe die Konferenz stattfindet, angekündigt. Der Verband fordert weiter einen Bürokratieabbau und die Steuerentlastung beim Agrardiesel.

Landtags-Demo nicht vom Bauernverband organisiert

Bereits am Mittwoch kam es zu Verkehrseinschränkungen in Erfurt. Grund war ein Protest am Landtag, wo am Nachmittag das Parlament tagte. Nach Polizeiangaben demonstrierten dort 150 Menschen mit 110 Traktoren und anderen landwirtschaftlichen Fahrzeugen.

Veranstalter dieser Aktion war nicht der Thüringer Bauernverband. Vielmehr habe es sich um eine überparteiliche Demonstration von Landwirten, Handwerkern und Selbständigen gehandelt, erklärten die Anmelder.

Schilder und Traktoren bei einer Bauern-Demo in Erfurt.
Traktoren sieht man derzeit öfter in der Innenstadt von Erfurt. Bildrechte: MDR/Nick Rösler

Für die Veranstaltung wurde im Vorfeld auch in rechtsextremen Kreisen geworben. Die Demonstranten wendeten sich an den Landtag und die Landesregierung, aber nicht an die Agrarministerkonferenz .

Demonstration gegen Tiertransporte

Auf dem Erfurter Theaterplatz demonstrierten am Mittwochnachmittag Tierschützer für strengere Regeln bei Tiertransporten. Eine Sprecherin der Stiftung "Vier Pfoten" sagte MDR THÜRINGEN, vor allem die Tierexporte in Länder außerhalb der EU seien lang und grausam. Das Land Niedersachsen habe bereits versucht, solche Transporte zu verbieten.

Das Vorhaben sei aber von einem Gericht gestoppt worden. Daher sei Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) in der Pflicht, ein bundesweit einheitliches und rechtssicheres Verbot zu erlassen. Für ihre Aktion hatten die Tierschützer vor dem Tagungshotel der Agrarminister ein vier Meter großes Modell einer Kuh aufgestellt, die an einem Haken hängt.

Menschen stehen vor einer aufgehängten Kuh aus Plastik.
Mit ihrem Protest machten die Tierschützer auf lange Transportewege für Tiere aufmerksam. Bildrechte: MDR/Wolfgang Hentschel

Bauernverband plant weitere Kundgebung am Freitag

Am Freitag will der Thüringer Bauernverband Forderungen an Thüringens Landwirtschaftsministerin Susanna Karawanskij (Linke) und Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir übergeben werden.

Verständnis von Thüringens Ministerin

Die Frühjahrstagung der Agrarministerkonferenz findet bis Freitag in Erfurt statt. Es treffen sich die Agrarminister der deutschen Bundesländer. Am Mittwoch begann die Konferenz zunächst mit einem Treffen der Staatssekretäre. In diesem Jahr hat Thüringen und damit Ministerin Karawanskij den Vorsitz inne.

Demonstrierende während eines Bauernprotests auf einem Marktplatz
Viele Menschen zeigen Verständnis für die Proteste der Bauern. Bildrechte: MDR/Wolfgang Hentschel

Karawanskij äußerte im Vorfeld Verständnis für die Bauernproteste. Die Linke-Politikerin sagte MDR AKTUELL, der Unmut habe sich schon sehr lange angestaut. Die Anforderungen an die Bauern seien deutlich gestiegen. Gleichzeitig seien noch nicht alle von der Bundesregierung versprochenen Förderungen umgesetzt worden.

Sie warnte zugleich davor, verschiedene Bevölkerungsgruppen gegeneinander auszuspielen. Die aktuell ungleiche Lastenverteilung müsse gerechter gestaltet werden.

Susanna Karawanskij und Cem Özdemir im Gespräch mit dem Thüringer Bauernverband.
Susanna Karawanskij (l.) und Cem Özdemir (m.) im Gespräch mit dem Thüringer Bauernverband. Bildrechte: MDR/Wolfgang Hentschel

Karawanskij fordert weniger Bürokratie für Landwirte

Vom Bund fordert Karawanskij eine Prioritätenliste beim Abbau von Bürokratie in der Landwirtschaft. Die Landwirtschaftsministerin sagte, überbordende Auflagen und Vorschriften seien ein "entscheidender Frustfaktor" für die Bauern. Es gebe ein großes Vereinfachungspotenzial. Die Bundesländer hätten dafür eine Reihe von Vorschlägen auf den Tisch gelegt, die die Bundesregierung zu bewerten habe.

Als Beispiel für zu viel Bürokratie nannte die Ministerin unterschiedliche Abstandsregelungen zu Gewässern beim Düngen und beim Pflanzenschutz in Hanglagen. Karawanskij geht davon aus, dass erste Schritte zu Vereinfachungen noch in diesem Jahr gegangen werden.

Özdemir: Problemlösungen brauchen Zeit

Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) sagte am Freitag, er sehe gute Chancen für einen Bürokratieabbau in der Agrarbranche. Die Ressortschefs der Länder hätten konkrete Vorschläge gemacht. Bei den Agrarvorschriften müsse aber auch mit der Europäischen Union gesprochen werden. Özdemir zufolge ist es auf jeden Fall möglich, ein hohes Umweltniveau und weniger Bürokratie zu vereinen. Der Grünen-Politiker warnte auf der anderen Seite aber auch vor zu hohen Erwartungen. Die Probleme in der Landwirtschaft ließen sich nicht schnell lösen.

AbL und Nabu fordern Änderung europäischer Förderpolitik

Anlässlich der Konferenz in Erfurt fordern die Arbeitsgemeinschaft bäuerlicher Landwirtschaft (AbL) und der Naturschutzbund Deutschland (Nabu) die Minister auf, Änderungen in der Europäischen Agrarpolitik (GAP) anzuschieben. Die Verbände plädieren dafür, dass in Zukunft mehr Fördergelder für Öko-Maßnahmen verteilt werden - und sich diese nicht nach der reinen Flächengröße berechnen.

Milchviehhalter mit Ruderboot-Aktion

Bereits am Dienstag hatte der Bundesverband Deutscher Milchviehhalter (BDM) unter dem Motto "Reißt das Ruder rum, sorgt für ein Umsteuern in der Agrarmarktpolitik!" in Erfurt demonstriert. Mit einem symbolischen Ruderboot, in dem auch Politiker sitzen mussten, übergaben die Landwirte einen Forderungskatalog an die Zentralen der Thüringer Parteien. Unter anderem geht es um höhere Einkommen für die Bauern.

BDM-Sprecher Hans Foldenau sagte bei der Übergabe des Forderungskatalogs an den Landesverband der Grünen, die Agrarpolitik müsse ökologischer, aber auch gerechter und wirtschaftlicher werden. Nur wenn die Landwirte genug verdienten, könnten sie auch Geld für Umwelt- und Naturschutz ausgeben.

Mehrere Personen bei einer Protestaktion mit einem Ruderboot.
Am Dienstag übergab der BDM Forderungen an Thüringer Politiker - dafür sollten die symbolisch in einem Ruderboot Platz nehmen. Bildrechte: MDR/Wolfgang Hentschel

Zum Aufklappen: Was ist der Bund Deutscher Milchviehhalter?

Der Bundesverband Deutscher Milchviehhalter (BDM) repräsentiert nach eigenen Angaben die Hersteller von 40 Prozent der in Deutschland produzierten Milch und setzt sich für eine wirtschaftlich nachhaltige, gesellschafts- und sozialverträgliche, vielfältige Milchwirtschaft in. Der Verband bemüht sich demnach um faire Marktbedingungen, die es ihnen ermöglichen, einen kostendeckenden Milchpreis zu erzielen und so existenziell nicht von Steuergeldern abhängig zu sein. Der BDM hatte sich nach eigenen Angaben 1998 gegründet, weil sich die Milchviehbetreiber nicht mehr vom Bauernverband vertreten gesehen haben

Quelle: bdm-verband.de

Milchviehhalter fordern faire Bezahlung

Wenn die Politik von den Bauern fordere, Blumenwiesen anzulegen, dann müsse das auch finanziell ausgeglichen werden. Auch für ihre Produkte wollten die Landwirte besser bezahlt werden.

Grünen-Landeschef Max Reschke sagte, er wisse als Imker selbst, wie schwer es sei, Abnehmer für seine Produkte zu finden. Er sprach von vernünftigen Forderungen, die er sich genau anschauen werde.

Mehr zu Landwirten in Thüringen

Der Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck mit Haarnetz und weißem Kittel beim Firmenbesuch von Viba in Schmalkalden. mit Video
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck mit Haarnetz und weißem Kittel beim Firmenbesuch von Viba in Schmalkalden. Vor den Werkstoren blockierten Demonstranten eine Straße wegen der Kritik an Habeck. Das Unternehmen kritisiert aggressiven Proteste. Bildrechte: IMAGO / Jacob Schröter

MDR (cfr/cmo/dst/co)/dpa

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR THÜRINGEN JOURNAL | 12. März 2024 | 19:00 Uhr

79 Kommentare

MAENNLEiN-VON-DiESER-WELT vor 6 Wochen

Was mich verwundert: PV (steht m.W. für Photovoltaik) ist ein Thema.

Da es also immer unlukrativer wird Bauer in Deutschland zu sein,
„bestellt“ man die Felder lieber mit Windkraft- und PV-Anlagen … ?!

Unser Essen kommt ja dann bald aus dem 3-D-Drucker und
wer will sich noch - ernsthaft - das Schnitzel oder den
Sonntagsbraten „leisten“ … ?!

Nein, es mißfällt nicht nur mir, was da bei diesen Protesten so „abgeht“ und welche Rechten Kräfte sich dazwischen mischen und die Proteste für eigene
Machtdemonstrationen zu mißbrauchen scheinen.

Bio-Diesel oder sonstiges Bio-Gas mal völlig außen vor gelassen …

Maria A. vor 6 Wochen

Ich finde auch, dass die Bauern und anderen Protestteilnehmer nur in erster Linie für ihre eigenen Probleme auf der Straße sind, in zweiter für uns Schlichtbürger. Seltsamerweise habe ich bei den Medien keinen Bezug darauf gehört oder gelesen, abgewandelt aus "Unsere Freiheit wird am Hindukusch verteidigt", obwohl Landwirte bei ihren Protesten die überhöhten Strom- und Dieselpreise in Deutschland anmosern.

Maria A. vor 6 Wochen

Stimme Ihnen zu. Macht traurig. Realitätsfremdheit scheint überall vorhanden und auf dem Vormarsch, nicht nur bei der Politprominenz. Kein Wunder, wenn die Menschen ihre Lebensrealität vom Bildschirm beziehen und Kontakte sich bei vielen auf das Agieren mit der Tastatur oder dem Gesäusel ins Smartphone beschränken.

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