Rosengarten Keine neuen Pächter in Sicht: Kleingartenverein in Gera startet Mitmach-Garten
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22. September 2023, 09:25 Uhr
Was tun, wenn Kleingärten aufgegeben und keine neuen Pächter gefunden werden? Vorstände in vielen Vereinen in Thüringen kennen dieses Problem. In Gera versucht man es nun mit einem Mitmach-Garten - Gärtnern im Probe-Abo quasi.
Eine Handvoll Leute steht am Gartenzaun. Dahinter wuchert das Gras, nebenan liegen alte Sonnenschirme, Rohre und Teile einer Gartenlaube auf einem Haufen. Noch ist es nicht ganz einfach, sich vorzustellen, wie hier ein Mitmach-Garten aussehen könnte. Aber Albrecht Albert hat dennoch klare Vorstellungen: auf kleinen Flächen von 25 oder 50 Quadratmeter Größe sollen Stadtmenschen einfach mal das Gärtnern ausprobieren.
Spaß am Gärtnern entdecken
Wie viel Spaß das macht, kann der Ruheständler aus eigener Erfahrung berichten. Albert hat selbst erst vor einem guten Jahr in der Sparte "Rosengarten" eine Parzelle übernommen. Mit seiner Frau baut er dort Gemüse an. Im Beet daneben leuchten rot die Monatserdbeeren. Zwischen Blumen und Obstbäumchen gibt es Laube, Gewächshaus und eine gemütliche Ruheecke mit einer Paletten-Bank. 12 Cent pro Quadratmeter kostet die Pacht für die Parzelle.
Nein, teuer sei sie nicht, so Albert. Und doch könne sich nicht jede Familie den eigenen Garten leisten. Eine Fläche, auf der man gemeinsam etwas anbauen, pflegen und ernten kann - das wäre doch mal ein Angebot! Florian Brandl, von Beruf Software-Entwickler und ehrenamtlich im Vereinsvorstand tätig, hat die Idee hin- und hergewälzt. Dann stand das Konzept für den Mitmach-Garten. Auf acht Seiten ist festgeschrieben was geplant ist. Und inzwischen vom Kleingarten-Vorstand beschlossen.
Wir-Gefühl stärken
Brandl sagt: "Bei uns soll das Wir-Gefühl wieder gestärkt werden. Damit eben nicht jeder seins macht. Am Ende geht es nicht darum, dass sich im Gemeinschaftsgarten jeder seine Kartoffeln rausholt und mit nach Hause nimmt. Schön wäre doch, wenn man hier gemeinsam etwas mit den Kartoffeln macht. Wenn man die Früchte gemeinsamer Arbeit auch gemeinsam verarbeitet."
Drei nebeneinanderliegende, nicht mehr bewirtschaftete Gärten könnten ein Mitmach-Areal werden - insgesamt eine Fläche von 1.000 Quadratmetern. "Aber ja", sagt Brandl, "auch dafür gilt, was das Bundeskleingartengesetz vorschreibt". Also ein Drittel Nutzfläche für den Obst- und Gemüseanbau, ein Drittel Erholungsfläche, ein Drittel für Wege und Bauten. "Das Gesetz ist veraltet, aber wir werden es einhalten", erklärt Brandl.
Neue Ideen trotz altem Gesetz
Der Abfall von der alten Parzelle werde schon in den nächsten Wochen abtransportiert. Das haben die Nachfahren des ehemaligen Pächters zugesagt. Und dann könnten zwischen den benachbarten Gärten die Zäune fallen. Mit der zusammengelegten Fläche des Gemeinschaftsgartens wird auch möglich, was in einer einzelnen Parzelle unmöglich ist:
Cindy Dumont hat einmal Schäferin gelernt. Und sie hat auch einen Imkerschein. Sie erzählt: "Meine Bienen dürfen hier oben auf dieser Projektfläche stehen. Bienen und Menschen haben hier genug Platz und Raum, um sich aus dem Weg zu gehen und trotzdem voneinander zu profitieren. Win-Win-Situation!" Denn natürlich profitieren alle Gärtner in der Sparte davon, wenn aus Dumonts Bienenkästen die fleißigen Bestäuber ausfliegen und für noch bessere Erträge in den Gärten sorgen.
Naturnah - dieses Wort taucht im Konzept für den Mitmach-Garten mehrfach auf. Was das bedeutet: "Durch verschiedene Methoden der Bodenbearbeitung, eigene Kompostierung, Fermentierung, die Herstellung von Jauchen und konsequentes Mulchen soll die Bodenfruchtbarkeit erhalten und gefördert werden. Zur Wasserhaltung und Verhinderung von Erosion sollen Obststräucher und -bäume gepflanzt werden."
Auch für das Drittel Erholungsgartenfläche gibt es im Konzept Anregungen: "Bei der Gestaltung wird darauf geachtet, dass möglichst wenig neues Material in den Garten gebracht wird. Viele Baustoffe, die in verschiedenen Formen schon in der Anlage vorhanden sind, können recycelt werden. So wird neuer CO2-Ausstoß vermieden."
Naturnahes Gärtner vermitteln
Das ist ganz im Sinne der deutschlandweit tätigen Naturgarten-Bewegung. Seit zwei Jahren gibt es dafür auch eine Regionalgruppe in Thüringen. Beim Naturgarten e.V. möchte sich die Sparte "Rosengarten" mit ihrem Projekt um eine Zertifizierung bemühen. Und der Vorstand hält auch Ausschau, wo es vielleicht Fördermittel geben könnte.
Denn das Projekt Mitmach-Garten will Interessierten ersparen, dass sie gleich eine Pacht zahlen müssen, nur weil sie das Gärtnern mal testen wollen. Trotzdem müssen auch im Projekt die 12 Cent pro Quadratmeter aufgebracht, Gartengeräte angeschafft und Kosten für Pflanzgut bezahlt werden. "Wir haben keine Garantie, dass unsere Pläne aufgehen. Aber wir wollen es wenigstens versuchen," sagt Vorständler Brandl.
Die nächsten Schritte seien klar. Im Herbst muss zum Schutz des Bodens noch etwas ausgesät werden, als Gründüngung der Fläche. Über den Winter hinweg soll ein Anbauplan erstellt werden. Und über die Sozialen Netzwerke versucht der Vorstand, die Idee vom Gemeinschaftsgarten bekannt zu machen. Damit sich im Frühjahr genug Neugierige finden, die einfach mitmachen möchten.
Richtig auf geht das Ganze dann wohl erst in den folgenden Jahren - wenn aus dem einen oder anderen Mitmach-Gärtner ein Interessent für die Übernahme eines Kleingartens wird.
MDR (dst)
Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN | MDR THÜRINGEN JOURNAL | 22. September 2023 | 19:00 Uhr
Peter Pan am 22.09.2023
Dasd ist sicher eine gute Idee, aber ich gehe davon aus, das es kein allgemeines Thüringer problem ist, sondern eher ein Geraer Problem, denn in Erfurt höre ich immer wieder, das viele einen Kleingarten suchen aber keinen finden, dort wurden in den Letzten jahrzehnten viele Kleingärten dem Stadtausbau geopfert, allgemein scheint bei der heutigen Generation da etwas verloren zu gehen, es fehlt die Lust zum arbeiten, meine Generation stirbt langsam aus, ich bin von klein auf, mit einem garten in Erfurt aufgewachsen, das prägt fürs ganze leben.