Reaktionen "Immer noch ein Alarmsignal": Stimmen zur Landratswahl im Saale-Orla-Kreis

29. Januar 2024, 11:29 Uhr

Christian Herrgott von der CDU ist am Sonntag zum neuen Landrat im Saale-Orla-Kreis gewählt worden. Nach einem spannenden Auszählungsprozess konnte er sich gegen Uwe Thrum von der AfD durchsetzen. Die Reaktionen zur Wahl.

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Der Thüringer CDU-Vorsitzende Mario Voigt hat Christian Herrgott zu seiner Wahl zum neuen Landrat des Saale-Orla-Kreises gratuliert. Voigt schrieb am Sonntag auf der Kurznachrichten-Plattform X: "Gemeinsam im Bündnis mit den Bürgern haben wir die Kraft die angebliche Alternative von Höcke zu schlagen." Der Wahlsieg Herrgotts sei ein "starkes Votum".

Innenminister Maier: Immer noch "Alarmsignal"

Auch Thüringens Innenminister Georg Maier (SPD) zeigte sich über den Sieg des CDU-Kandidaten Herrgott erfreut. Der Politiker sagte dem MDR, damit sei den Rechtsextremisten auch im ländlichen Thüringen ein Stoppsignal gesetzt worden.

Es sei aber nach wie vor ein Alarmsignal, dass so viele Menschen bereit seien, für eine extremistische Partei zu stimmen. Da gebe es noch einiges zu verbessern. Man müsse Politik so machen, dass die Menschen zufrieden seien und sich wiederfänden.

Auch Ramelow und Grüne mit Glückwünschen

Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) beglückwünschte Herrgott ebenfalls zu seinem Sieg. "Saale Orla Kreis. Auf gute Zusammenarbeit und viel Kraft für die neue Aufgabe. Das Thüringer Meer verbindet uns", schrieb er auf X.

Die Thüringer Grünen gratulierten Herrgott ebenso zu seiner Wahl als Landrat. Landessprecherin Ann-Sophie Bohm sagte: "Meinen tiefen Respekt vor der Leistung der Zivilgesellschaft im Saale-Orla-Kreis." Das Demokratie-Bündnis "Dorfliebe für alle!" habe geschafft, womit nur noch wenige gerechnet hätten.

Reaktionen kamen auch aus dem benachbarten Bayern. CSU-Chef Markus Söder schrieb auf X: "Starkes Signal aus Thüringen, es geht doch: Die CDU schlägt die AfD bei der Landratswahl im Saale-Orla-Kreis. Das gibt Hoffnung für den Herbst. Demokraten halten zusammen!"

Höcke schiebt Niederlage auf Bundespolitik

Die AfD-Niederlage bei der Landratswahl ist nach Ansicht von Landeschef Björn Höcke auf bundesweite Entwicklungen zurückzuführen. Der Erfolg von Kandidat Uwe Thrum in der ersten Wahlrunde habe die Aufmerksamkeit des ganzen Landes auf den Kreis gelegt, äußerte Höcke auf der Plattform X. "Und die gegnerischen Kräfte des ganzen Landes brauchte es, um in der Stichwahl das Blatt nochmal zu wenden", hieß es weiter.

Der stellvertretende Landeschef Stefan Möller sagte MDR THÜRINGEN, es sei bedauerlich, dass der AfD-Kandidat bei der Landratswahl unterlegen sei. Das knappe Ergebnis zeige aber auch, wie dünn die Luft für die etablierte Politik geworden sei. Der Trend gehe weiter zu Gunsten der AfD. Laut Möller wird die AfD im Wahlkampf in diesem Jahr vor allem auf die Themen Inflation, Energiepolitik und Zuwanderung setzen.

Uwe Thrum, Kandidat der AfD zur Stichwahl für die Landratswahl im Saale-Orla-Kreis, steht im Landratsamt und wartet auf die Bekanntgabe der Ergebnisse.
Nach seinem Erfolg in der ersten Wahlrunde musste Uwe Thrum von der AfD am Sonntag eine Niederlage einstecken. Bildrechte: picture alliance/dpa | Bodo Schackow

CDU-Sieg nach spannendem Rennen

Laut vorläufigem amtlichen Endergebnis gewann Herrgott am Sonntag die Stichwahl mit 52,4 Prozent. Uwe Thrum von der AfD unterlag mit 47,6 Prozent der Stimmen.

Die Stichwahl war nötig geworden, weil keiner der Kandidaten im ersten Wahlgang vor zwei Wochen die für eine Landratswahl nötige Mehrheit erhalten hatte. Die Wahlbeteiligung lag mit knapp 69 Prozent noch einmal höher als im ersten Wahlgang. Bei der vergangenen Landratswahl im Saale-Orla-Kreis im Jahr 2018 hatten lediglich 33,2 Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimme abgegeben.

Insgesamt waren im Saale-Orla-Kreis mehr als 66.000 Menschen wahlberechtigt. Im ersten Wahlgang hatte Thrum 45,7 Prozent der Stimmen erhalten. Herrgott kam damals auf 33,3 Prozent. Die beiden Kandidaten von SPD und Linkspartei waren ausgeschieden, weil sie weniger Stimmen erhalten hatten.

Wissenschaftler: Bundesweite Demos mit Einfluss auf Wahl

Aus Sicht zweier Politikwissenschaftler haben die bundesweiten Demonstrationen der vergangenen Tage Auswirkungen auf die Landratswahl gehabt. Der Erfurter Politikwissenschaftler André Brodocz sagte, dass es sicherlich viele Wähler von SPD oder Linken motiviert habe, in der Stichwahl zu wählen, wie bei den Demos gefordert wurde, gemeinsam die rechtsextreme Bedrohung der Demokratie zu verhindern.

Der Politikwissenschaftler Torsten Oppelland von der Universität Jena sagte der "Deutschen Pressa-Agentur", die etwas höhere Wahlbeteiligung in der Stichwahl deute auf einen Mobilisierungseffekt hin. "Da kann die Demonstrationswelle durchaus einen Ausschlag gegeben haben." Generell sei der Einfluss ohne vorliegende Daten aber schwer zu beziffern.

Experten: Kaum Hinweise auf Landtagswahl

Die CDU sieht sich durch den Erfolg gestärkt für die kommende Landtagswahl in Thüringen. Doch bei einer Landtagswahl gebe es keine Stichwahl in einem Wahlkreis, sagte Oppelland. "Da hätte Thrum locker gewonnen. Insofern kann man da nicht grenzenlos optimistisch sein." Andererseits wäre es ein "verheerendes Signal" gewesen, hätte die CDU die Stichwahl verloren. Schon alleine deshalb, weil Herrgott als Generalsekretär der Landespartei in der Union profiliert sei.

Ein Mann mit Anzug und Krawatte sitzt auf einem Stuhl und hört anderen Gästen aufmerksam zu.
Der Jenaer Politikwissenschaftler Torsten Oppelland sieht in der erneut gestiegenen Wahlbeteiligung auch Zeichen eines Mobilisierungseffektes. Bildrechte: MDR/Fakt ist! aus Dresden

André Brodocz von der Uni Erfurt sieht in der Stichwahl vom Sonntag wenige Hinweise auf die Landtagswahl. Er verwies darauf, dass dann mit dem Bündnis Sahra Wagenknecht und der Werteunion wahrscheinlich zwei neue Parteien antreten. "Hier werden die Karten also nochmal gänzlich neu gemischt."

Hintergründe zur Wahl im Saale-Orla-Kreis

MDR (cno/dst)/dpa

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Nachrichten | 29. Januar 2024 | 08:00 Uhr

353 Kommentare

Grooveman vor 13 Wochen

Das trifft es ja ziemlich genau. Der SOK hat andere, regionale Probleme. Genau deshalb wollte ich aber auch hier in der Diskussion, mal einfach darauf aufmerksam machen, worum es eigentlich geht bei einer LANDRATSWAHL ! Es geht um die Lösung regionaler Probleme, und ob der Gewählte dazu in der Lage ist, diese zu lösen, völlig unabhängig davon in welcher Partei der ist. Wegen mir braucht der auch in gar keiner Partei zu sein!
P.s. noch, mein Vorschlag der Zusammenarbeit bezog sich vor allem auf das Thema des Radwege- Konzepts. Herr Thrum hat da nicht die dümmsten Ideen entwickelt und ist in dieser Frage sehr aktiv.

Janes vor 13 Wochen

Warum sollte Herr Herrgott mit dem anderen zusammenarbeiten?! Müssen Tische im Landratsamt gebaut werden?

Herr Herrgott sollte sich vlt eher mal überlegen, ob diese populistischen Thesen die er vertritt, welche die Europa- und Bundespolitik betreffen, vlt unangemessen sind als Landrat im SOK: Wie sie so erhellend aufgezählt haben, hat die Gegend scheinbar ganz andere Probleme.

Thommi Tulpe vor 13 Wochen

Träumen sei auch Ihnen und Ihresgleichen erlaubt. Zumindest noch leben wir ja in einer Demokratie, wo wirklich jeder jeden sinnigen und unsinnigen Quatsch träumen darf.

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