Eine Anlage, davor schauen Menschen in die Kamera.
Am Freitag wurde an der Anlage das "Fest der Ersten Flamme" mit vielen Gästen gefeiert. Bildrechte: MDR/Andreas Rückewold

Neue LNG-Anlage Geisa: Deutschlands erste Stadt mit unabhängiger Gasversorgung

30. Juni 2023, 17:22 Uhr

In Geisa im Wartburgkreis ist am Freitag ein Flüssiggas-Terminal der Firma Werra-Energie in Betrieb gegangen. Laut Geschäftsführer Hans-Ulrich Nager kann die Anlage auch Biogas und später Wasserstoff lagern.

Geisa im Wartburgkreis ist nach eigenen Angaben die erste Stadt Deutschlands mit einer vom Pipelinenetz unabhängigen Gasversorgung. Am Freitag ist in dem Ort in der Thüringer Rhön eine Flüssiggas-Anlage in Betrieb gegangen.

Eine Anlage, davor schauen Menschen in die Kamera.
Aktuell ist der gut 15 Meter hohe Tank laut Betreiber mit Biogas aus Südthüringen gefüllt. Bildrechte: MDR/Andreas Rückewold

Betreiber ist der regionale Energie-Anbieter Werra-Energie. Laut Geschäftsführer Hans-Ulrich Nager kann die sogenannte LNG-Anlage nicht nur Erdgas, sondern auch Biogas lagern und ins Netz speisen. Später sei auch die Nutzung von Wasserstoff vorgesehen.

Zum Aufklappen: Was ist Liquefied Natural Gas (LNG)?

  • LNG steht für Liquefied Natural Gas.
  • LNG ist verflüssigtes Erdgas, das tiefkalt (kryogen) ist.
  • LNG heißt auf deutsch "Erdgas, tiefkalt verflüssigt" oder "Flüssigerdgas".
  • Erdgas wird bei atmosphärischem Druck bei einer Temperatur ab ca. -161 °C flüssig – also zu LNG.
  • Das Expansionsverhältnis von flüssig zu gasförmig beträgt 1:600.
  • LNG hat einen durchschnittlichen Brennwert von 11,6 kWh / m3 bezogen auf die Gasphase.
  • LNG ist ein Gemisch, das überwiegend aus Methan (ca. 98%) besteht.
  • LNG hat eine sehr hohe Energiedichte.

Quelle: Deutscher Verein des Gas- und Wasserfaches e.V. (DVGW)

Die Anlage im Gewerbepark Mitte besteht aus einem rund 15 Meter hohen Tank. Daneben stehen laut Geschäftsführr Nager zwei acht Meter große Wärmetauscher, die mit Lufttemperatur das Flüssiggas umwandeln. Seinen Angaben zufolge besteht das Terminal aus recycelten Bauteilen.

Geisa sei vom Glück geküsst, sagte Thüringens Innenminister Georg Maier (SPD) bei der Einweihungsfeier. Politisch sei für ihn wichtig, dass sich Deutschland in der Energiepolitik weiter unabhängig mache. Geisa habe dies getan.

Das Flüssiggas für den Tank kauft Werra-Energie für die Rhönstadt auf dem Weltmarkt. Damit gebe es keine Abhängigkeiten von bestimmten Ländern mehr, wie Russland, sagte der Aufsichtsratsvorsitzende von Werra-Energie und Bürgermeister von Bad Salzungen, Klaus Bohl (Freie Wähler). Für ihn sei die LNG-Anlage die Alternative zu Wärmepumpen - vor allem für ältere Häuser.

Detail einer LNG-Anlage.
Die Anlage kann für Erdgas, Biogas und Wasserstoff genutzt werden, sagt der Betreiber. Bildrechte: MDR/Andreas Rückewold

Wirtschaftliche Gründe gaben den Ausschlag

Dass Geisa auf eine LNG-Anlage setzt, hat vor allem wirtschaftliche Gründe. Schon 2017 hatte sich die Stadt für Flüssiggas entschieden. Berechnungen von Werra-Energie zufolge wäre ein Anschluss an das zentrale Gasnetz aber zu teuer geworden.

Ein Jahr später begann der Energieanbieter, in jeder Straße von Geisa Gasleitungen zu verlegen. Den Angaben zufolge bislang auf einer Länge von rund sechs Kilometern. Abgeschlossen sei dieses Bauvorhaben noch nicht, so der Geschäftsführer.

Die Investitionskosten liegen bislang bei 1,3 Millionen Euro. Mit dem Ukraine-Krieg und der Energiekrise hat diese rein wirtschaftliche Entscheidung eine völlig neue Bedeutung bekommen.

Eine Anlage, davor schauen Menschen in die Kamera.
Dass Geisa jetzt seine Energie-Unabhängigkeit feiert, hat vor allem wirtschaftliche Gründe. Schon 2017 hatte sich die Stadt für Flüssiggas entschieden. Bildrechte: MDR/Andreas Rückewold

Viele Menschen noch immer verunsichert

Allerdings haben laut dem Unternehmen erst 26 Prozent der Geisaer Hauseigentümer sich für die Gasversorgung angemeldet, obwohl die Kleinstadt sonst nur mit Öl oder Holz heizt.

Das liege an der Unsicherheit der Bürger bezüglich der Energiewende. Viele seien orientierungslos aufgrund der Menge an Diskussionen zu dem Thema. Jetzt seien die politischen Akteure gefragt, sagte Geisas Bürgermeisterin Manuela Henkel (parteilos).

MDR (ar/gh)

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Nachrichten | 30. Juni 2023 | 15:00 Uhr

23 Kommentare

Ines W. vor 44 Wochen

@hinter dem Regenbogen:
Gegen was stänkern sie hier im Artikel eigentlich an?
Bekennen sie doch mal Farbe.

Jetzt ist angeblich nicht genügend Wertschöpfung dabei, wenn ein lokaler Energieversorger das tut, was ein lokaler Energieversorger halt so tut?

Sie behaupten hier ohne irgendeinen Beleg zu bringen, dass dieses Verfahren zu teuer sei und die Bürger sich die Energie nicht leisten könnten. Belege bringen sie keinen einzigen dafür, außer die üblichen Untergangs- und Verarmungsvisionen wie man sie im AfD Fanblock gerne pflegt. Was macht sie schlauer als den Betreiber, der sein Geld da rein investiert hat?

Ines W. vor 44 Wochen

@hinter dem Regenbogen:
Kein Mensch muss in Russland oder der DDR gewesen sein um zu wissen um was für Staaten es sich da handelt und welche demokratischen Defizite es da gibt. Dummes ideologisch angehauchtes Geschwätz wie das ihrer über das ach so tolle Russland erkennt man übrigens schon durch regelmäßigen Konsum der Tagespresse.

Was glauben sie denn was irgendwelche DDR Russlanderfahrungen heute noch wert sind, nachdem ein Herr Putin über 20 Jahre lang an der Macht war?

hinter-dem-Regenbogen vor 44 Wochen

@Anuk

ganz schön zynisch-arrogant . . .?! Man kann die Dinge wohl schön reden. Bezahlen aber muß am Ende der Bürger für alles.

#_ "Betreiber ist der regionale Energie-Anbieter Werra-Energie. . . "

Auch dieser "Betreiber" ist nur ein Zwischenhändler. Seine Dienstleistung besteht lediglich darin, dem Großanbieter an der Börse, die Arbeit abzunehmen.

Wenigstens stellt er einen Puffer und das Verteilsystem zur Verfügung. Darin aber beschränkt sich auch schon der Wertschöpfungsanteil.

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