Ein junges Pärchen sitzt auf einer Bank und schaut lächelnd auf einen Laptop
Wer inkognito über eine VPN-Verbindung surft, hinterlässt keine ungewollten Spuren im Netz. Bildrechte: imago/Westend61

Ungewollte Spuren im Netz Das könnte Ihren Reisepreis bei Online-Portalen teurer machen

11. Februar 2023, 05:00 Uhr

Geht es Ihnen auch so, dass Sie den Eindruck haben, je länger Sie nach einer Reise im Internet suchen, desto teurer wird sie? Das kann tatsächlich sein. Gründe gibt es verschiedene. Hier ist oft die Rede von dynamischen und personalisierten Preisen. Darüber sprechen wir mit Marktforscher Professor Oliver Gansser von der Hochschulde für Ökonomie und Management in München. 

Welche meiner Spuren im Netz können genutzt werden, um Preise auf mich anzupassen?   

Prof. Oliver Gansser: Über die IP-Adresse kann zum Beispiel mein Standort identifiziert werden. Wenn ich davon ausgehe, dass Unternehmen standortbezogene Daten verwenden und mit Kaufkraft Kennziffern für bestimmte Regionen vergleichen, dann kann das ein Nachteil für mich als Kunde sein.

Die Kaufkraft in München ist groß. Wenn ich also mit einer IP Adresse aus München recherchiere, kann es sein, dass der Preis höher ausfällt als mit einer IP Adresse aus Bremen beispielsweise, wo die allgemeine Kaufkraft viel geringer ist.

Auch das Gerät, dass ich bei der Recherche verwende, kann eine Rolle bei der Preisbildung spielen. Hier sammeln Unternehmen vielfältige Informationen. Das fängt an beim Betriebssystem und geht weiter über Browserversionen und die Bildschirmauflösung. Allein die Bildschirmauflösung gibt Aufschluss darüber, ob es ein Handy oder ein Laptop ist. Auch die Marke kann übertragen werden. 

Es ist naheliegend, dass jemand, der ein teures Endgerät nutzt auch eine höhere Kaufkraft hat als jemand, der ein Endgerät verwendet, das relativ günstig ist. Wenn ich also mit einem teuren Gerät recherchiere, kann es sein, dass die Preise höher sind als wenn ich mit einem günstigen Gerät suche.

Wie verhindere ich, ungewollt Informationen über mich preiszugeben?

Prof. Oliver Gansser: Ich empfehle, nach jeder Internet-Recherche: Cookies löschen! Es gibt auch verschiedene Einstellungen und Tools im Browser, die man wählen kann, damit eben solche Cookies automatisch gelöscht oder gleich blockiert werden.

Was auch sinnvoll ist: einen VPN zu verwenden, also ein virtuelles privates Netzwerk, das die Internetverbindung verschlüsselt und die IP-Adresse verbirgt. Das heißt, mit einem VPN ist mein Standort nicht mehr identifizierbar bzw. kann ich einen anderen Standort vorgaukeln, den ich selbst festlegen kann. So entgehe ich standortbezogenen Preisfestsetzungen von Unternehmen.

Wie können sich personalisierte Preise bei Reise-Buchungen auswirken?

Prof. Oliver Gansser: In der Reisebranche werden tatsächlich personalisierte Preise eingesetzt. Es gibt Studien dazu, wie man mit personalisierten Preisen die Conversion Rate* erhöhen kann. Das ist der Anteil derer, die auf einer Internetseite nicht nur schauen und suchen, sondern eben auch kaufen. Und dieses Potential nutzt auch die Reisebranche aus.

Über Cookies können die Reisevermittler die Buchungsaktivitäten und Präferenzen ihrer Kunden verfolgen und ihnen dann auf dieser Grundlage personalisierte Angebote machen.

Ein ganz konkretes Beispiel: Ich recherchiere zu einer Flugreise. Es kann sein, dass, wenn ich jetzt das mehrere Tage hintereinander mache, genau diese Suche registriert wird. Der Preis könnte dann steigen. Die wiederholte Suche nach dem gleichen Flug signalisiert dem Anbieter, dass ich unbedingt buchen will, aber mit dem Preis noch nicht zufrieden bin.

Wenn dann der Preis steigt, jagt der Kunde sogar noch seinem am Anfang doch recht günstigen Preis hinterher. Und irgendwann bucht er, zahlt mehr als er vielleicht wollte, weil er merkt, der Preis geht nicht mehr runter – im Gegenteil.

Meine Empfehlung: Sobald ich einen für mich wahrnehmbar günstigen Preis gefunden habe, buchen und nicht sagen, okay, ich such später noch mal, vielleicht ist er dann günstiger, denn das ist meistens nicht so.

* (Quellennachweis, bitte aufklappen)

Dubé, J. P., & Misra, S. (2023). Personalized pricing and consumer welfare. Journal of Political Economy, 131(1), 131-189.

Was tut der Gesetzgeber hier zum Schutz der Verbraucher?

Prof. Oliver Gansser: Eine der gesetzlichen Regelungen ist das Bundesdatenschutzgesetz, also das BDSG und die EU- Datenschutzgrundverordnung. Demnach muss die Verarbeitung personenbezogener Daten legal sein, die Person muss informiert werden und in die Verarbeitung einwilligen. Und das ist ja auch das, was wir immer sehen, wenn wir uns online bewegen und irgendwas suchen wollen, dass wir sozusagen irgendeinem Text durchlesen müssen und dann kann ich das akzeptieren oder nicht.

Welche Sicherheiten gibt so ein Gesetz?

Prof. Oliver Gansser:  Nun ja, man kann es ganz leicht umgehen, indem man sein Geschäft auf eine ausländische Website verlegt. Dann bin ich legal unterwegs und habe trotzdem diese personalisierten Daten. Die Frage ist also, in welchem Rechtsraum bewege ich mich mit meiner Internetseite und mit meinem Angebot.  

Ich würde mich als Verbraucher also nicht darauf verlassen, dass, wenn ich nichts akzeptieren muss, da auch nichts gesammelt wird.

Gut zu wissen Seit Mai 2022 müssen Online-Plattformen Kunden per Gesetz darüber informieren, wenn sie personalisierte Preise anbieten. Laut einer Studie der Bundesregierung kommt dies jedoch kaum zum Einsatz.

Was ist der Unterschied zwischen dynamischen und personalisierten Preisen?

Prof. Oliver Gansser: Der Unterschied ist, dass sich bei dynamischen Preisen die Preisgestaltung auf der Grundlage von aktuellen Marktbedingungen gestaltet. Typische Marktbedingungen sind zum Beispiel Angebot und Nachfrage. Personalisierte Preise hingegen basieren meistens auf individuellen Kundeninformationen, zum Beispiel aufgrund der Kaufhistorie eines Kunden.

Wie kann ich personalisierte Preise erkennen?

Prof. Oliver Gansser: Grundsätzlich ist es schwierig, das zu erkennen. Aber es gibt Anzeichen, dass die Preise personalisiert sind. Auf einen personalisierten Preis deutet hin, wenn ich etwa unterschiedliche Geräte verwende oder mit einem anderen Browser ins Internet gehe, und da die Preise variieren.

Wenn sich der Preis ändert, kann das aber auch andere Gründe haben. Wenn man zum Beispiel zu unterschiedlichen Tageszeiten unterschiedliche Preise bekommt, dann hat das eher was mit der Dynamik der Preise zu tun. Diese dynamischen Preise werden dann eher durch Angebot und Nachfrage geregelt. In der Mittagspause, wenn viele Leute recherchieren, können die Preise höher sein als nachts, wenn kaum jemand online ist.

Aber manchmal vermischt sich das eben auch.

Infos zum Experten Oliver Gansser ist Professor für Marktforschung und Marketing an der Hochschule für Ökonomie und Management in München. Seine Forschungsschwerpunkte liegen in den Bereichen Verhaltenstypologien und Konsumentenverhalten, Präferenzen, Kommunikation, Bindung und Vertrauen.

MDR (cbr)

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | Umschau | 31. Januar 2023 | 20:15 Uhr

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