Eine Bronzestatue der römischen Göttin Justitia mit Waage und Richtschwert in der Hand
Justitia gilt als Symbol der Gerechtigkeit. Bildrechte: picture alliance / dpa | Arne Dedert

Urteile der Woche Arzt wegen Cannabisrezepten zu Haft verurteilt

15. April 2023, 05:00 Uhr

Fast täglich werden im Gerichtssaal wichtige Urteile gesprochen, die Einfluss auf unser Leben haben können. MDR AKTUELL präsentiert Ihnen die drei interessantesten dieser Woche in Kurzform.


Arzt wegen Cannabisrezepten zu Haft verurteilt

Bundesgerichtshof, Az. 1 StR 266/22

Willy Weed* ist Arzt in München. Über mehrere Jahre schafft er sich ein Nebeneinkommen, indem er ohne vorherige Untersuchung hunderte Rezepte für Cannabisprodukte ausstellt. Für die jeweils erste Verschreibung kassiert er dafür 150 Euro, für die Folgeverschreibungen 60 Euro. Die Machenschaften des Willy Weed fliegen auf und er muss sich wegen Verstößen gegen unerlaubten Verschreibens von Betäubungsmitteln zunächst vor dem Landgericht München, in letzter Instanz vor dem Bundesgerichtshof verantworten.

Die Richter verurteilen den Arzt zu einer Freiheitsstrafe von dreieinhalb Jahren. "Unter dem Deckmantel seiner ärztlichen Zulassung hat der Angeklagte Cannabisprodukte verordnet, obwohl er die Patienten zuvor nicht einmal untersucht hat. Zugunsten des Mediziners wertet das Gericht, dass er Reue gezeigt und freiwillig auf seine Approbation verzichtet hat."

Cannabis darf bislang zwar verordnet werden – aber nur bei schwerwiegenden Erkrankungen. Die Bundesregierung plant die Legalisierung von Cannabis in einem gewissen Umfang.


Hochzeitsfest auf Sylt kostet wegen Corona-Tests weniger

Amtsgericht München, Az. 132 C 12148/22

Hannelore und Hans Huber haben den Bund fürs Leben geschlossen. Das Münchner Paar heiratet im Sommer 2022 auf der Insel Sylt, feiert mit 76 Gästen. Vom viel beschworenen schönsten Tag des Lebens sind sie allerdings ein Stück entfernt. Der Vater der Braut zeigt Erkältungssymptome, wird positiv auf Corona getestet. Daraufhin entscheiden die Geschäftsführer des Gaststättenbetriebs, dass er zwar an der Feier teilnehmen darf, allerdings nur im Außenbereich des Restaurants, wo er über ein Fenster in den Feierraum hineinsehen kann. Die Gaststättenbetreiberin fordert zudem von allen Hochzeitsgästen einen negativen Covid-Test. Wegen der Testaktion verzögert sich das Abendessen von 19:30 Uhr auf 21:30 Uhr. Die eigentliche Feier findet nur im Außenbereich, ohne Sitzgelegenheiten und ohne richtiges Abendessen statt. Das Brautpaar hält die Covid-Testung für unberechtigt und willkürlich und kürzt den Rechnungsbetrag um 20 Prozent. Die klagende Gaststättenbetreiberin verlangt den vollen Rechnungsbetrag. Mit der Testung wollte sie ein Superspreader-Event verhindern.

Der Fall landet beim Amtsgericht München. Die Richter gestehen dem Brautpaar eine Kostenkürzung von 15 Prozent zu. "Zum Zeitpunkt der Feier hat es für private Veranstaltungen keine gesetzliche Verpflichtung zur Testung mehr gegeben. Selbst Kontaktpersonen eines Infizierten waren nicht mehr zur Isolation verpflichtet. Auch vertraglich war nicht festgelegt worden, dass die Gäste sich vorher einem Test unterziehen müssen."


Beamter verschläft 816-mal, darf aber im Dienst bleiben

Bundesverwaltungsgericht, Az. 2 C 20.21

Nico Nickerchen arbeitet als Oberregierungsrat der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht. Der Start in den Arbeitstag fällt ihm regelmäßig schwer und so kommt erzwischen 2014 und 2018 an 816 Tagen zu spät zum Dienst. Insgesamt summiert sich das auf eine Verspätung von 1.614 Stunden. Legt man eine 41-Stunden-Woche zugrunde, kommt es zu Fehlzeiten von knapp neun Monaten. Nachdem der Dienstherr im März 2015 Kenntnis davon erlangt, leitet er ein Disziplinarverfahren ein. Auf die erhobene Disziplinarklage entfernt das Verwaltungsgericht Düsseldorf den Beamten aus dem Beamtenverhältnis. Zu Recht?

Das musste nun das Bundesverwaltungsgericht Leipzig höchstrichterlich entscheiden. "Aus dem Beamtenverhältnis kann Nico Nickerchen nicht ohne Weiteres entfernt werden. Zwar hat der Beamte ein schweres Dienstvergehen begangen, jedoch ist die disziplinäre Höchstmaßnahme nicht gerechtfertigt. Die aufaddierte Gesamtzeit der täglichen Verspätungen kann nicht mit einem monatelangen Fernbleiben von Dienst gleichgesetzt werden. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass der Dienstherr zunächst mit niederschwelligen disziplinaren Maßnahmen auf den Beamten hätte einwirken müssen. Der Beamte wird vom Amt des Oberregierungsrates in das eines Regierungsrats zurückgestuft."

*Alle Namen wurden von der Redaktion geändert.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 15. April 2023 | 06:00 Uhr

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