Vivien Schacke, Assistenzärztin der Chirurgie am Universitätsklinikum Magdeburg, sitzt während einer Operation an der Bauchspeicheldrüse einer weiblichen Patientin am roboterassistierten Operationssystem "DaVinci Si". 3 min
Fast täglich werden im Gerichtssaal wichtige Urteile gesprochen, die Einfluss auf unser Leben haben können. MDR AKTUELL präsentiert Ihnen die drei interessantesten dieser Woche in Kurzform im Audio. Bildrechte: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild | Ronny Hartmann

Urteile der Woche Auf Bundesstraße innerorts: Keine Pflicht zur Bildung einer Rettungsgasse

13. Januar 2024, 05:00 Uhr

Fast täglich werden im Gerichtssaal wichtige Urteile gesprochen, die Einfluss auf unser Leben haben können. MDR AKTUELL präsentiert Ihnen die drei interessantesten dieser Woche in Kurzform.


Rettungsgasse auf autobahnähnlicher Straße?

Bayerisches Oberstes Landesgericht (AZ: 201 ObOWi 971/23)

Vincent Vinzke* ist in einer größeren Stadt auf einer Bundesstraße unterwegs. Dabei handelt es sich um zwei voneinander baulich getrennte zweispurige Fahrbahnen in jede Richtung – es fühlt sich also an wie eine Autobahn. Nun wird Herr Vinzke nach einem Unfall auf dieser Straße vorgeworfen, keine Rettungsgasse gebildet zu haben. Dafür soll er nun eine Geldbuße von 240 Euro zahlen. Der Autofahrer geht jedoch dagegen vor: Innerorts gebe es gar keine Pflicht eine Rettungsgasse zu bilden. Hat er Recht?

Ja, sagte man am Bayerischen Obersten Landesgericht: "Die Pflicht zur Bildung einer Rettungsgasse gilt dem Gesetz nach nicht für den innerstädtischen Verkehr auf einer Bundesstraße. Daran ändert sich auch nichts, wenn diese Straße autobahnähnlich ausgebaut ist. Anders verhält es sich auf Außerortsstraßen mit mindestens zwei Fahrstreifen für eine Richtung. Die Eigenschaft einer Straße als Autobahn wird im Übrigen nicht bestimmt durch den Ausbau, sondern durch das betreffende Verkehrsschild."

Herr Vinzke muss die Geldbuße nicht zahlen.


Sozialgericht: Keine Kostenerstattung für Augen-OP im Ausland

Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen (AZ: L16 KR196/23)

Azra Azram* ist türkischer Herkunft, lebt aber seit vielen Jahren in Deutschland. Seit längerer Zeit leidet sie an Grauem Star, einer altersbedingten Eintrübung der Augenlinse. Während ihres Urlaubs in der Türkei geht sie deshalb in eine Privatklinik und lässt sich an beiden Augen operieren. Die Linsentrübung habe sich in der Türkei derart verschlechtert, dass sie gestürzt sei und die Sorge gehabt habe, ihr Augenlicht zu verlieren, heißt es zur Begründung. Zurück in Deutschland reicht sie die Behandlungskosten von 1.600 Euro bei ihrer Krankenkasse ein.

Am Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen entschied man wie folgt: "Grundsätzlich werden bei einem vorübergehenden Auslandsaufenthalt nur Notfallmaßnahmen von der Krankenkasse übernommen. Bei der operativen Behebung einer altersbedingten Linsentrübung handelt es sich aber nicht um eine Notfallmaßnahme. Der Anspruch auf Erstattung der Kosten besteht auch deshalb nicht, weil die Klägerin als Privatpatientin in einer Privatklinik behandelt wurde. Derartige Behandlungen sind nicht im Leistungsspektrum der gesetzlichen Krankenkassen enthalten."

Die Krankenkasse übernimmt die Behandlungskosten nicht – auch wenn die OP deutlich günstiger war als in Deutschland.


Krankenkasse muss für zweiten Therapiestuhl im Kindergarten zahlen

Sozialgericht Detmold  (AZ: S 16 KR 78/23)

Familie Wiesenbach* hat ein minderjähriges Kind, das an spinaler Muskelatrophie und Skoliose leidet. Die Krankenkasse übernimmt dann für gewöhnlich die Kosten für einen Therapiestuhl im häuslichen Umfeld. Der wird auch durchaus benötigt, um dem Sohn das Sitzen am Esstisch zu ermöglichen. Für den Kindergarten ist nun aber noch ein zweiter Stuhl erforderlich. Die Krankenkasse fühlt sich dafür nicht verantwortlich, schließlich habe sie die Kosten für den Stuhl zu Hause bereits übernommen.

Am Sozialgericht Detmold sah man das anders: "Der Besuch des Kindergartens trägt wesentlich zur Herstellung der Schulfähigkeit bei und ist damit ein allgemeines Grundbedürfnis des täglichen Lebens. Um die Schulfähigkeit des Kindes hier im konkreten Fall zu unterstützen, muss die gesetzliche Krankenversicherung auch einen zweiten Therapiestuhl für den Kindergartenbesuch bereitstellen."

Die Kosten werden also übernommen.

*Alle Namen wurden von der Redaktion geändert.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 13. Januar 2024 | 08:17 Uhr

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