Eine künstlische Darstellung der Nasa-Mission Veritas. Die Raumsonde soll die Venus untersuchen.
Eine künstlische Darstellung der Nasa-Mission Veritas. Die Raumsonde soll die Venus untersuchen. Bildrechte: Nasa

Aliens Auf der Venus könnte es außerirdische Bakterien geben

24. Juni 2023, 18:00 Uhr

Die Venus ist der lebensfeindlichste Planet des Sonnensystems? Stimmt nicht, glauben Forschende und fordern neue Missionen zu unserem Nachbarplaneten. Die sind tatsächlich in Planung.

Porträtfoto von Patrick Klapetz
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Wo sind die Außerirdischen? Auf dem Mars haben wir noch keine gefunden. Und es auf dem Mond Leben gibt, dann nur im Untergrund. Bislang scheint unser Sonnensystem jenseits der Erde still zu sein. Und auch die weit gereisten Voyager-Sonden haben bislang nichts entdeckt. 

Vielleicht aber haben wir noch nicht an den richtigen Orten gesucht. Extraterrestrisches Leben könnte sich noch an merkwürdigen Orten in unserem Sonnensystem verstecken – zumindest theoretisch. Beispielsweise auf der Venus. Auf dem augenscheinlich lebensfeindlichen Planet haben Forschende jetzt eine neue Nische ausgelotet, in der Mikroben existieren könnten.

Heiß, windig und hoher Druck: Die ungemütliche Atmosphäre der Venus

Die Venus ist der zweite Planet in unserem Sonnensystem, liegt aber noch am Rande der habitablen und somit lebensfreundlichen Zone. Allerdings ist es dort im Mittel 464 Grad Celsius heiß. Grund dafür ist die langsame Drehung um die eigene Achse. Ein Tag dauert dort länger als ein Jahr. Und es gibt schnelle atmosphärische Winde, eine extrem dicke Atmosphäre und einen hohen Atmosphärendruck. Leben auf der Venus scheint somit sehr unwahrscheinlich zu sein.

Eine 3D-Aufnahme der Venus. Zu sehen ist die Regien des Maat Mons.
Eine 3D-Aufnahme der Venus. Zu sehen ist die Regien des Maat Mons. Bildrechte: NASA JPL

Die Forscher um Sara Seager vom renommierten Massachusetts Institute of Technology (MIT) haben jetzt zwei Studien veröffentlicht, in der sie einerseits Argumente gegen die Möglichkeit von Leben auf der Venus prüfen und andererseits über mögliche Lebensbausteine unter den heißen Bedingungen nachdenken. 

Leben auf der Venus ist nicht möglich – bullshit! 

Leben auf der Venus sei möglich, meint das Team. Es wäre nur anders, als wir es kennen. Denn flüssiges Wasser als Lösungsmittel gibt es hier nicht. Stattdessen gibt es aber Schwefelsäure, vor allem in den Wolken. Die sind sowieso der Ort mit dem größten Potenzial, aufgrund des starken Drucks der Atmosphäre weiter unten. 

Raumsonden konnten diesem Druck in Bodennähe bisher nicht standhalten. Das sowjetische Landemodul Venera 8 landete zwar auf der Oberfläche, doch der Druck war zu stark für die Instrumente. Nach etwas mehr als 50 Minuten brach der Kontakt ab. Leben auf dem Grund sei daher unwahrscheinlich, schreiben die Autoren jetzt.

Schwerewellen könnten Mikroben in der Luft halten

Anders sieht es in den Wolken aus. Der Planet wird von Gravitations- beziehungsweise Schwerkraftwellen überzogen. Die gibt es auch auf der Erde, wenn Luftströme beispielsweise einem Berg gegenüberstehen und diesem dann ausweichen müssen und in höhere Lagen wandern. Nach dem Überqueren des Berges verfallene Ströme in Instabilität. Ähnlich ist es auch auf der Venus.

Genau diese Schwerkraftwellen könnten ausreichend große Populationen von Mikroben in der Luft halten, damit über lange Zeit einfaches Leben entstehen könnte. 

Ein 3D-Modell der Venus. Zu sehen ist das Gebiet des Sapas Mons.
Ein 3D-Modell der Venus. Zu sehen ist das Gebiet des Sapas Mons. Bildrechte: NASA JPL

Säurehaltige Atmosphäre der Venus ist dennoch ein bisschen lebensfreundlich

Das sich in der säurehaltigen Atmosphäre der Venus DNA (Träger der Erbinformation bei allen Lebewesen) und RNA (Einzelstrang in jeder Zelle eines Lebewesens) bilden können, wurde bisher bezweifelt. Doch diese Grundbausteine des Lebens hätten durchaus eine Chance, glauben die Wissenschaftler. 

Wissen

Stilisierte Zellen, die Zahl 10 als Wasserzeichen im Hintergrund 11 min
Wie ist das Leben entstanden? Bildrechte: MDR
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Ist das die schwierigste Frage überhaupt: Wie aus toter Materie Leben werden konnte? Komischerweise scheint das ganz unspektakulär gewesen zu sein.

Di 23.05.2023 07:32Uhr 10:43 min

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Dafür hat das Forschungsteam eine Reihe von Nukleinbasen in Schwefelsäure mit Konzentrationen zwischen 81 und 98 Prozent gelegt: Adenin, Cytosin, Guanin, Thymin sind die Hauptbestandteile der DNA und diese konnten bei Raumtemperatur im Säurebad ganz gut überdauern.

Auch das Abbauprodukt von Cytosin, Uracil, konnte das Säurebad überstehen – genauso wie Purin (das in der RNA die Base Adenin ersetzt), Pyrimidin (dass das Grundgerüst der Basen Cytosin, Uracil und Thymin bildet) sowie die Verbindung 2,6-Diaminopurin, die von einigen Viren als Ersatz für Adenin verwendet wird. 

Theoretisch können die Nukleinbasen der DNA und RNA auch in den Schwefelsäurewolken der Venus überleben, erklären die Forschenden und sehnen sich nach neuen Weltraummissionen: "Die Wolken können eine Biomasse beherbergen, die von zukünftigen, auf die Astrobiologie ausgerichteten Weltraummissionen aufgrund ihrer Auswirkungen auf die Atmosphäre leicht entdeckt werden könnte."

Vermeintlicher Fund von Phosphinen: Signal für Leben in den Wolken der Venus?

Tatsächlich sind neue Missionen zur Venus im Gespräch. Einerseits wegen eines fehlerhaften Fundes in ihren Wolken. 2020 hatten Forschende Phosphine in der Venusatmosphäre vermutet. Doch diese hätten siech eigentlich nicht lange in der Atmosphäre halten können. Also wurde vermutet, dass dieses giftige Gas produziert wird, möglicherweise von Mikroben.  

Allerdings zeigt sich dann, dass das Signal ein Interpretationsfehler der Messdaten war. Dennoch war das Interesse einiger Wissenschaftler und Ingenieurinnen geweckt, wieder eine Mission zu unserem Schwesterplanten zu schicken.

Rocket Lab plant Venus Mission

Eigentlich sollte in 2023 die erste kommerzielle Mission zur Venus aufbrechen. Peter Beck, der Geschäftsführer des neuseeländischen Microlauncher-Unternehmens Rocket Lab, möchte unbedingt eine Raumsonde zu unserer astronomischen Schwester schicken. 

Eine künstlerische Darstellung einer Raumfahrtmission zur Venus (im Hintergrund). Das private Raumfahrtunternehmen Rocket Lab will die erste private Mission zur Venus schicken.
Eine künstlerische Darstellung einer Raumfahrtmission zur Venus (im Hintergrund). Das private Raumfahrtunternehmen Rocket Lab will die erste private Mission zur Venus schicken. Bildrechte: Rocket Lab

Die Raumsonde soll mit einer Rakete von Rocket Lab ins All gebracht werden, um dann durch die Wolken der Venus zu fliegen. Mit der Mission sollen Beweise für Leben oder die Bewohnbarkeit der Wolken der Venus gesammelt werden. Dafür soll die Sonde unter anderem nach Molekülen suchen. Der Start musste verschoben werden. Das Ersatzstartfenster ist für Januar 2025 vorgesehen.

Auch Raumfahrtbehörden wollen wieder zur Venus

Doch nicht nur Rocket Lab will zur Venus. Auch die amerikanische Raumfahrtbehörde Nasa plant eine Mission. Zwischen 2028 und 2030 soll die Davinci-Mission (Deep Atmosphere Venus Investigation of Noble gases, Chemistry, and Imaging) aufbrechen. Die Mission besteht aus einem Orbiter und einer Atmosphärensonde, die beim Abstieg die Zusammensetzung der Venusatmosphäre untersuchen soll. Zudem soll die Sonde Bilder der Landezone anfertigen.

Dann gibt es noch die Veritas-Mission (Venus Emissivity, Radio Science, InSAR, Topography, and Spectroscopy) der Nasa, die aber nicht vor 2031 aufbrechen wird. Mit ihr soll eine hochauflösende Kartierung der Venusoberfläche erfolgen. Neben einem Radar soll die Oberfläche auch mit in Infrarot vermessen werden. 

Auch die europäische Raumfahrtbehörde Esa will mit EnVision zwischen 2031 und 2033 zur Venus fliegen. Die Mission besteht aus einem Orbiter, der nach Spurengase in der Atmosphäre suchen soll. Zudem sollen die Oberfläche und ihre Zusammensetzung untersucht und nach möglichen Anzeichen von aktivem Vulkanismus gesucht werden. 

Vereinigte Arabische Emirate und Indien planen ebenfalls Flüge zur Venus

Vor den durchaus bekannten Raumfahrtbehörden wollen auch die Vereinigten Arabischen Emirate mit ihrer Raumfahrtbehörde MBRSC (Mohammad bin Rashid Space Center) eine Mission starten. Der MBR Explorer soll im Jahr 2028 zum Asteroidengürtel aufbrechen und auf seinem Weg dorthin an der Venus vorbeifliegen, um wissenschaftliche Daten zu sammeln. 

Noch etwas früher, im Dezember 2024, will die indische Raumfahrtorganisation ISRO (Indian Space Research Organisation) mit ihrer Shukrayaan-1-Misison (Hindi für Venusfahrzeug 1) zur Venus fliegen. Dort soll der Orbiter den Planeten in einem Abstand von 60.000 bis 500 Kilometer überfliegen. Die wissenschaftlichen Ziele umfassen die Untersuchung der Atmosphäre und Ionosphäre, der Oberflächengeologie, des Magnetfeldes und des interplanetaren Staubs. 

Russland plant Landung auf der Venus

Ob die Mission tatsächlich so früh starten wird, muss sich noch zeigen. In den letzten Jahren haben sich auch die nächste indische Mondmission und die erste astronautische Mission aus eigener Kraft (Raumfahrende mit ihrer eigenen Rakete und eigenen Raumkapsel ins All bringen) immer wieder verschoben. 

Die russische Venera-D-Mission könnte ab 2031 zur Venus aufbrechen. Roskosmos will neben einem Orbiter auch ein Landefahrzeug zum Morgenstern bringen. In der Atmosphäre soll zudem ein Ballon schweben. Mit der Landeplattform sollen potenzielle vulkanische Aktivitäten erforscht, Messungen der Atmosphäre vorgenommen und mehrstündige Oberflächen-Fotografien durchführt werden.

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