Stilisierte Grafik zeigt im Vordergrund einen Mann und eine Frau mit nachdenklichen Gesichtern, im Hintergrund ist eine Hand zu sehen, die einen Wahlzettel oben in einen alten Fernseher einwirft. Der Fernseher hat einen Schlitz wie eine Wahlurne. Auf der Mattscheibe ist ein Bundesadler abgebildet.
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MDRfragt zur Wahlberichterstattung Zu uninteressant und unausgewogen

16. August 2021, 10:25 Uhr

It’s Wahlkampf, Baby. Von den Straßenlaternen lachen die Kandidatinnen und Kandidaten. In den Medien steht die Berichterstattung ebenfalls immer stärker im Fokus. Der MDR hat schon vor zwei Wochen sein Wahlberichterstattungskonzept präsentiert. Doch was erwarten die Menschen eigentlich konkret vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk und wie bewerten und nutzen sie seine Berichterstattung zur Wahl? Um das herauszubekommen, haben wir mit dem Team von MDRfragt die MDR-Community um ihre Meinung gebeten.

MDRfragt ist die Plattform für Online-Befragungen des Mitteldeutschen Rundfunks. Aktuell sind hier 46.943 Menschen aus Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen angemeldet (Stand Anfang August 2021). Die Ergebnisse bei MDRfragt sind nicht repräsentativ. An unserer Befragung zur Wahl hat gut die Hälfte der MDRfragt-Community (23.916 Menschen) teilgenommen.

Drei Viertel nutzen vor allem öffentlich-rechtliches Fernsehen

Balkendiagramm zeigt Verteilung der Anworten auf die Frage: "Wo informieren Sie sich über die Bundestagswahl und den Wahlkampf" Antwort: 76 Prozent öffentlich-rechtliches Fernsehen, 46 Prozent Tageszeitungen, 43 Prozent Radio, 22 Prozent privates Fernsehen. Weitere Antworten als PDF zum Download. Quelle: mdr FRAGT - Befragung vom 28. Juli 2021 - 4. August 2021 - Wahlen für Deutschland: Worauf es kommt es wirklich an.
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Drei Viertel der Befragten sagen, sie nutzen vor allem öffentlich-rechtliche TV-Angebote, um an ihre Informationen zur Wahl zu kommen. Damit liegt das Fernsehen klar vor Zeitungen und Radio, die aber immerhin für knapp die Hälfte eine wichtige Informationsquelle sind. Neue Medien spielen bei älteren Befragten keine besonders große Rolle, dafür aber bei jungen Menschen. Hier gaben 36 Prozent an, YouTube, Facebook oder Twitter als Informationskanäle in Sachen Wahlen zu nutzen.

Wahlberichterstattung für mehr als die Hälfte uninteressant

Grafik zeigt Verteilung der Anworten auf die Frage: "Die Berichterstattung über den Wahlkampf ist..." Antwort: 63 Prozent uninteressant, 31 Prozent interessant, 7 Prozent keine Angaben Quelle: mdr FRAGT - Befragung vom 28. Juli 2021 - 4. August 2021 - Wahlen für Deutschland: Worauf es kommt es wirklich an.
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Auch wenn die öffentlich-rechtlichen Angebote also hoch im Nutzungskurs liegen, sind die Ergebnisse für die Medienschaffenden eher kein Grund zum Feiern: Denn fast zwei Drittel der Teilnehmenden (63 Prozent) bewerten die Berichterstattung als uninteressant. Die Mehrheit ist außerdem der Meinung, sie sei nicht ausgeglichen genug (57 Prozent). Und immerhin fast die Hälfte (49 Prozent) findet sie obendrein zu abgehoben und für die breite Gesellschaft eher unverständlich (46 Prozent).

Mehr Perspektive der Bürgerinnen und Bürger gewünscht

Die Berichterstattung personalisiere den Wahlkampf und hänge viel zu sehr an Skandalen und Äußerlichkeiten, lautet die Kritik. Ein älterer Teilnehmer kritisiert, das Angebot zeige „deutlich die Sympathie oder Antipathie der Medienmitarbeiter für oder gegen eine politische Partei und ist leider nicht mehr auf eine unparteiische und umfassende Berichterstattung ausgerichtet“. Ein jüngerer fordert, die Berichterstattung thematisch stärker auf die Perspektive der Bürgerinnen und Bürger auszurichten und diese „offensiv, fordernd und transparent in die Debatte“ einzubringen.

Wahlprognosen für die Älteren eher unwichtig

Beim Blick darauf, ob der Umfang der Wahlberichterstattung passt, ergibt sich ein geteiltes Bild. Nur ein Drittel der Befragten findet ihn genau richtig. Ein Viertel findet dagegen, es sei zu viel - und ein knappes weiteres Viertel sagt, es dürfe gerne noch etwas mehr sein.

Grafik zeigt Verteilung der Anworten auf die Frage: "Haben vorab veröffentlichte Wahlprognosen Einfluss auf Ihre Wahlentscheidung?" Antwort: 85 Prozent nein / eher nein, 13 Prozent ja / eher ja, 1 Prozent keine Angaben Quelle: mdr FRAGT - Befragung vom 28. Juli 2021 - 4. August 2021 - Wahlen für Deutschland: Worauf es kommt es wirklich an.
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Spannend ist die Beurteilung von Wahlprognosen, die in den Medien bis zur Wahl immer eine große Rolle spielen. Denn mehr als die Hälfte der Befragungsteilnehmenden findet solche Wahlprognosen unwichtig oder eher unwichtig (56 Prozent). Immerhin 43 Prozent gaben an, die Erhebungen wichtig oder eher wichtig zu finden. Bei der jungen Altersgruppe unter 30 ist die Bedeutung von Wahlprognosen dagegen deutlich höher, sie finden 63 Prozent der Befragten wichtig.

Prognosen haben kaum Einfluss auf Wahlentscheidung

Doch stärker als auf Prognosen verlassen sich alle Teilnehmenden auf ihren eigenen Kopf - oder vielleicht auch ihren Bauch. 81 Prozent der Jüngeren und sogar 85 aller Befragten gaben an, dass sie sich nicht oder kaum von solchen Prognosen in ihrer Wahlentscheidung beeinflussen lassen.

Hierbei muss beachtet werden, dass diese Zahlen auf Selbsteinschätzungen basieren. Die Wissenschaft hat bislang nur wenige Erkenntnisse darüber, was das Wahlverhalten tatsächlich beeinflusst. Bei einer solchen Entscheidung gibt es viele Faktoren, die Einfluss haben können. Dazu gehören Prägung und Sozialisation durch Familie und Freunde sowie Sympathien für einzelne politische Akteure, aber auch strategisches Wählen, um bestimmte Konstellationen zu verhindern oder zu befördern.

Klar ist: Die Berichterstattung der Medien und Wahlprognosen können einen Einfluss auf die Entscheidungen der Bürgerinnen und Bürger haben. Deshalb gelten insbesondere für öffentlich-rechtliche Medien besondere Spielregeln bei der Wahlberichterstattung.

MDRfragt

MDR fragt ist die Plattform für Online-Befragungen des Mitteldeutschen Rundfunks. Aktuell sind 46.943 Menschen aus Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen bei MDRfragt angemeldet (Stand: 4. August 2021). An der aktuellen Befragung zur Wahl haben 23.916 Menschen teilgenommen. Davon stammten (51 Prozent) aus Sachsen, 25 Prozent aus Sachsen-Anhalt und 23 Prozent aus Thüringen. 56 davon waren Männer, 44 Prozent Frauen. Die übergroße Mehrheit der Teilnehmerinnen und Teilnehmer war über 50 Jahre alt, nur rund 4.500 waren jünger. Die Ergebnisse der MDRfragt-Befragungen sind nicht repräsentativ. Sie werden allerdings in Zusammenarbeit mit dem wissenschaftlichen Beirat von MDRfragt nach statistischen Merkmalen wie Bildung, Geschlecht und Alter gewichtet. Das heißt, dass die Daten der an der Befragung beteiligten MDRfragt-Mitglieder mit den Daten der mitteldeutschen Bevölkerung insgesamt abgeglichen werden. Aufgrund von Rundungen kann es vorkommen, dass die Prozentwerte bei einzelnen Fragen zusammengerechnet nicht exakt 100 ergeben. Im wissenschaftlichen Beirat von MDRfragt sitzen die Politik- und Wirtschaftswissenschaftlerin Prof. Dr. Heike Grimm von der Universität Erfurt und der Medienwissenschaftler Prof. Dr. Hans-Jörg Stiehler (Universität Leipzig).

Rundfunk, Presse und Politik

Stilisierte Grafik zur ARD-Reform mit dem ARD-Logo am Haken eines Krans und einem grafisch dargestellten Baugerüst mit einem Bauarbeiter sowie Geldscheinen im Bildhintergrund.
Was soll der Öffentlich-Rechtliche leisten? Was soll er kosten? Darüber wird derzeit viel diskutiert. Dass es Reformbedarf gibt, das ist weitgehend Konsens. Nicht nur in der Politik, auch in den Rundfunkanstalten selbst. Bildrechte: MDR | MEDIEN360G
Porträtfoto von Prof. Dr. Annika Sehl von der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt
Im Interview mit MEDIEN360G spricht Prof. Dr. Annika Sehl von der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt über ihre Aufgaben im Zukunftsrat. Bildrechte: MDR MEDIEN360G | Christine Blohmann/Die Hoffotografen, Berlin

Medien im Fokus

Ein Reporter steht in kniehohem Wasser und spricht in ein Mikrofon. Eine Person mit Kamera filmt ihn.
Der Klimawandel beeinflusst alle Lebensbereiche. Die Herausforderung für Journalisten ist es, das Thema als Teil ihrer Berichterstattung anzusehen und lösungsorientiert zu berichten. Bildrechte: MDR MEDIEN360G | dpa
Eine junge Frau sitzt umgeben von Büchern auf dem Boden und filmt sich mit einem Smartphone.
Auf der Videoplattform TikTok diskutieren, empfehlen und rezensieren vor allem junge Frauen in kurzen Videos Bücher. Bildrechte: MDR MEDIEN360G | Panthermedia
Eine Frau blickt durch einen weißen Rahmen, auf dem "facebook" steht und wirft der Kamera einen Kuss zu.
Im Februar 2004 startete die weltweite Erfolgsgeschichte von Facebook. Auch wenn die Plattform vor allem bei Jüngeren an Bedeutung verloren hat, ist das Urgestein der Sozialen Netzwerke noch lange nicht tot. Bildrechte: MDR MEDIEN360G | Panthermedia
Stilisierte Grafik von mehreren Fernsehern, die aufeinandergestapelt sind. Auf einigen ist ein bunter Hintergrund und die Logos von deutschen Privatsendern zu sehen.
Der 1. Januar 1984 war der Startschuss für das deutsche Privatfernsehen. Im Gegensatz zum Programm der Öffentlich-Rechtlichen stand bei den Privaten die Unterhaltung im Vordergrund. Bildrechte: MDR MEDIEN360G | Panthermedia
Eine Frau sieht mit gespanntem Blick in die Kamera und isst Popcorn.
Binge-Watching beschreibt das "Durchschauen" einer Serie in kurzer Zeit. Was früher verpönt war, gehört heute zur Normalität. Bildrechte: MDR MEDIEN360G | Foto: Panthermedia
Eine Frau mit Köpfhörern auf dem Kopf und einem Smartphone in der Hand hält sich erschrocken die Hand vor den Mund.
Unter True-Crime-Fans sind Frauen mit Abstand in der Überzahl. Der Grund dafür könnte mit der Angst vor Verbrechen zusammenhängen. Bildrechte: Panthermedia / Benzoix (YAYMicro)

Sicher in der digitalen Welt

Ein Mann und eine Frau posieren mit ihrem Säugling für ein Selfie.
Bevor Kinder fünf Jahre alt sind, sind bereits durchschnittlich 1500 Bilder von ihnen im Netz, so eine Studie. Und einmal online, haben die Eltern keine Kontrolle mehr darüber, wie die Bilder verwendet werden. Bildrechte: MDR MEDIEN360G | Panthermedia
Zwei Kleinkinder sitzen nebeneinander und haben ein Smartphone und ein Tablet in der Hand.
Der Medienkonsum von Kindern kann mittels verschiedener Apps besser von den Eltern kontrolliert werden. Bildrechte: Panthermedia | MDR MEDIEN360G
Auf einem Gewässer schwimmt ein durchsichtiger Ball, in dem eine Person steht.
Durch den Einfluss von Algorithmen in (Sozialen) Medien können sogenannte Filterblasen entstehen, in denen nur bestimmte Themen und Meinungen stattfinden. Bildrechte: picture alliance/dpa
Bildausschnitt von einem Handy-Display mit Nachrichten-Apps.
Täglich strömen zahlreiche Nachrichten und Meldungen auf uns ein. Die Folge: Bei vielen zeigt sich Nachrichtenmüdigkeit. Warum uns Bad News frustrieren, wird wissenschaftlich untersucht. Bildrechte: MDR | MEDIEN360G
Frau surft nachts mit Smartphone im Bett.
In Sozialen Netzwerken verbreiten sich Videos mit sensiblen Inhalten weitestgehend unkontrolliert. Garantierten Schutz davor gibt es nicht, einige Einstellungen können das Risiko vor ungewolltem Ansehen aber senken. Bildrechte: Panthermedia