In einer Scheibe des Augusteums mit der Ausstellung "Buchstäblich Luther" spiegelt sich das Lutherhaus.
Während der Schließung des Lutherhauses gibt es in Wittenberg eine neue Ausstellung über den Reformator im benachbarten Augusteum. Bildrechte: picture alliance/dpa | Heiko Rebsch

Augusteum Ausstellung in Wittenberg zeigt Luthers widersprüchliche Facetten

von Sandra Meyer, MDR KULTUR-Landeskorrespondentin in Sachsen-Anhalt

30. November 2023, 15:09 Uhr

Als Ersatz für das geschlossene Lutherhaus ist ab Freitag die Sonderausstellung "Buchstäblich Luther – Facetten eines Reformators" im benachbarten Augusteum in Wittenberg zu sehen. Sie zeigt anhand des Alphabets die zahlreichen Gesichter des Reformators – seinen Weg vom Mönch zum Papstgegner und Rebell oder Luthers Judenhass neben seiner Nächstenliebe.

Die Sonderausstellung "Buchstäblich Luther – Facetten eines Reformators" eröffnet am 1. Dezember im Augusteum in Wittenberg. Darin zu sehen: Luther mit Doktorhut, schwarzer Kutte oder als Quietscheentchen. In der Sonderausstellung will man seiner Person im wahrsten Wortsinn "buchstäblich" auf die Spur kommen – von A bis Z.

"Jeder Buchstabe steht für einen wichtigen Luther-Begriff, so dass sie sein Leben, sein Wirken durchwandern, von A wie Askese bis Z wie zuhause", erklärt die Leiterin der Museen Wittenberg, Anne-Katrin Ziesak, das Konzept der Ausstellung.

Luthers Ausweichquartier in Wittenberg

"Das Lutherhaus spielt natürlich eine besondere Rolle", betont Ziesak. In die Ausstellung wurde es als immersive digitale Installation transportiert. Denn die originale Stube ist wegen der energetischen Sanierung des Lutherhauses über ein Jahr nicht zu sehen. Um den Besuchern trotzdem die Highlights zeigen zu können, wurden sie in eine abwechslungsreiche Ausstellung transferiert.

Ausstellungsstücke zwischen witzig und wissenschaftlich

"Sie sehen die Stücke, die man erwarten kann, also die Kanzel, das berühmte Gemälde Luther auf dem Reichstag in Worms, aber auch ein paar Stücke, die bisher noch nie zu sehen waren, zum Beispiel Luther als konfuzianischer Gelehrter von einem koreanischen Künstler", erzählt Museumsleiterin Ziesak.

Den Impuls dafür gab das Reformationsjubiläum 2017. Und auch wenn viele danach Luther erstmal satt hatten, konnte man wissenschaftlich profitieren, was nun in die Schau eingeflossen ist, sagt Ziesak.

Aber es gibt auch das Populäre: Da steht B für Bier, was bei Luthers selbst gebraut wurde oder C für Cranach, also der Maler, durch den sein Konterfei in die ganze Welt getragen wurde. Oder unter G wie Gesang das Klugsche Gesangbuch mit dem Lied "Ein feste Burg ist unser Gott", das viele mit Luther verbinden und das man in der Ausstellung in mehreren Sprachen anhören kann.

Luther als Antisemit

Aber bei Luther war eben auch nicht alles musikalisch. Er war eine widersprüchliche und streitbare Persönlichkeit: mutiger Held, sprachbegabter Gelehrter, aber auch ein elender Antisemit. Anne-Katrin Ziesak führt zum Buchstaben J. Der stehe "für Judentum, da sind wir bei dem intoleranten, finsteren Luther angekommen, der ja schlimme Schmähschriften gegen Juden verfasst hat."

Die Ausstellung spielerisch erleben

Wie im Widerspruch dazu steht dann wieder der Begriff Nächstenliebe – übrigens eine eigene Wortschöpfung Luthers, da findet man eine mit verschiedenen Schließen versehene Holztruhe – quasi die Sozialkasse der Reformation, in der Geld oder Urkunden verwahrt wurden Drei Leute mussten mit ihren Schlüsseln zusammenkommen, damit man den Kasten öffnen konnte. In der Ausstellung lädt eine Spielstation dazu ein, das selbst auszuprobieren.

Eigentlich für Kinder gedacht, werden das sicher alle Besucher gerne ausprobieren, wie auch die weiteren spielerischen Elemente: So wurde die kleine silberne Spottmünze vergrößert und man kann sie tatsächlich drehen und sehen, wie der Papst quasi zum Teufel wird.

Die vielen Gesichter des Martin Luther

Beim sogenannten Luthermorph sieht man durch die Überlagerung verschiedener Bilder, wie er sich im Laufe seines Lebens verwandelt hat. Ziesak dröselt auf: "Er hat ja diverse Rollen eingenommen, als Mönch, als hagerer, entflammter junger Mann. Er wird dann zum bärtigen Junker Jörg, der auf der Wartburg versteckt ist, der Akademiker mit dem großen Doktorhut, dann der gesetzte Reformator, wie wir ihn kennen."

Daneben begegnet er uns auch noch als Quietscheentchen – mit dem man die kitschigen Devotionalien thematisiert, die mit der Reformation einhergingen.

Doch so skurril und unterhaltsam es teils zugeht, im Vordergrund stehen weiterhin die außergewöhnlichen Originale: die Lutherbibel oder als berühmtestes Exponat Luthers Brief an Kaiser Karl V., heute Unesco-Weltdokumentenerbe. Alles unterfüttert mit informativen, gut verständlichen Texten und einer ansprechenden Aufmachung. So mag es gerne mal wieder richtig Luthern in Wittenberg.

Blick in die Ausstellung "Buchstäblich Luther" mit schwarzen Wänden und einzelnen Exponaten. Besucher im Hintergrund betrachten eine Ausstellungswand. Im Vordergrund sind Blätter mit einer Schnur verbunden gestapelt.
Darstellung der Druckproduktion in Wittenberg durch gestapelte Blätter in der Ausstellung "Buchstäblich Luther, Facetten eines Reformators". Bildrechte: picture alliance/dpa | Heiko Rebsch

Quellen: MDR KULTUR (Sandra Meyer), epd, kna, dpa
Redaktionelle Bearbeitung: hro

Informationen zur Ausstellung

Sonderausstellung "Buchstäblich Luther. Facetten eines Reformators"
1. Dezember 2023 bis 6. Januar 2025

Augusteum
Collegienstraße 54
06886 Lutherstadt Wittenberg

Dienstag bis Sonntag: 10 bis 17 Uhr
montags geschlossen

Eintritt: 6 Euro, ermäßigt 4 Euro, Familienticket 15 Euro

Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 01. Dezember 2023 | 06:10 Uhr

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