Restart geht weiter Prinzen-Konzert in Halle für die Pandemie-Forschung
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27. Februar 2024, 16:39 Uhr
Restart ist ein Projekt der Uni Halle. Infektiologen untersuchen seit 2020, wie groß das Ansteckungsrisiko bei Großveranstaltungen wie Live-Konzerten während einer Pandemie ist. Das erste Konzert gab es mitten im Lockdown. Am Montag stand der dritte Teil der Untersuchungen bei einem normalen Konzert der Leipziger Band Die Prinzen im Steintor in Halle an. Die Ergebisse aus den drei Studienphasen werden später zusammengefasst und veröffentlicht.
- Das Forschungsprojekt Restart 3.0 ist der dritte Teil einer Infektologie-Studie der Uni Halle.
- Beim Konzert der Prinzen in Halle wurde erstmals das Ansteckungsrisiko bei einer Großveranstaltung untersucht, bei der es auch Stehplätze gab.
- Mehr Abstand und gute Lüftung machen Großveranstaltungen jederzeit möglich.
Ein Konzert mit Die Prinzen im halleschen Steintor war am Montag Schauplatz für das Forschungsprojekt Restart 3.0. Das Projekt wurde 2020 begonnen und untersucht seit Beginn der Corona-Pandemie, wie infektiös Großveranstaltungen sein können. Die Wissenschaftler der Uni Halle wollen die Daten nutzen, um Live-Events sicherer zu machen – bei einer neuen Pandemie beispielsweise. Dafür wurde den Besucherinnen und Besuchern des Prinzen-Konzerts ein so genannter Bewegungs-Tracer umgehängt. Das streichholzschachtelgroße, grün blinkende Messgerät erfasst die Bewegungen seines Trägers. Dadurch entsteht ein Bewegungsmuster. Das gibt Aufschluss über die Anzahl und Dauer der Kontakte aller Besucher während eines Stehkonzertes.
Die wichtige Frage ist nun, ob Stehkonzerte ansteckender als Sitzkonzerte sind. Dafür wollen die Infektiologen die neu gewonnen Daten nutzen, die übrigens vollständig anonym analysiert werden. Sie fließen unter dem Titel Restart 3.0 in die bereits begonnene Studie ein. Interessant ist für die Wissenschaftler, wann und wo genau Kontakte zwischen Teilnehmern und Teilnehmerinnen einer Großveranstaltung stattfinden, wie lange diese Kontakte bestehen und wie nah sich die Menschen kommen. In einem Sitzkonzert beispielsweise haben die Menschen längeren Kontakt mit immerhin neun Menschen. Genug Zeit, um sich bei einer grassierenden Viruserkrankung anzustecken.
Die Prinzen musizieren in Halle für die Wissenschaft
Für Studienleiter Stefan Moritz war die Pandemie eine seltene Chanche. Daher nutzen er uns sein Team die Möglichkeit, eine Langzeitstudie mit vielen Teilnehmern durchzuführen. Begonnen hatten ihre Untersuchungen bei einem Tim-Bendzko-Konzert. Stefan Moritz und sein Team untersuchten neben den Bewegungen der Leute auch die Lüftungen und das Raumvolumen. Für Restart 19 und für Restart 2.0 gingen sie mit Experten der TU Berlin durch viele Veranstaltungsräume. Sie besuchten die Oper in Halle, waren im Puppentheater und in der Arena in Leipzig. Und sie setzten Dummies in ein Konzert. Diese stießen statt Viren Kochsalzdampf in die Luft. Damit konnten Aerosole gemessen werden. Kleine Teilchen, die wir beim Atmen freisetzen. Außerdem wurden Simulationen am Computer ausgewertet.
Der beste Platz ist in der ersten Reihe.
Für die ersten beiden Studien liegen bereits die Ergebnisse vor. Danach ist laut Stefan Moritz das Raumvolumen entscheidend. Je größer und höher ein Raum, desto weniger infektiös ist eine Großveranstaltung, ein Live-Konzert oder eine Lesung vor großem Publikum. Denn die Aerosole steigen mit der warmen Luft nach oben. Noch wichtiger sei jedoch die richtige Raumlüftung, so Moritz. Dabei sei eine Mischlüftung besonders gefährlich. Die kommt zustande, wenn durchgehend Luftmassen aus verschiedenen Richtungen aufeinandertreffen. Aus der Lüftung und von der Bühne beispielsweise. Besser sei eine Quelllüftung, verrät Moritz. Diese lässt kältere Luft vom Boden in den Raum. Wo aber steht man bei einem Konzert nun am besten? Studienleiter Stefan Moritz meint lachend: "Der beste Platz ist in der ersten Reihe – aber nur, wenn der Sänger nicht krank ist."
Alle hoffen, dass die Studie der Uni Halle umsonst ist
Die Studie Restart ist deutschlandweit einzigartig, weil sie erst durch die Pandemie möglich gemacht wurde. Dafür hat sie ihren Preis: Die Kosten belaufen sich auf rund eine Million Euro. Diese werden aus Landesmitteln von Sachsen und Sachsen-Anhalt finanziert. Fast die Hälfte der Kosten entfallen dabei auf die Bewegungs-Tracer. Bald sollen alle Ergebnisse veröffentlicht werden. Damit fließen die Daten aus Restart 19., Restart 2.0 und die frischen Daten aus dem Prinzen-Konzert im Steintor in Halle zusammen. Die Studie soll dann richtungsweisend sein für Großveranstaltungen in einem neuen Pandemiefall. Dennoch hoffen auch die Studienmacher, dass sie nicht so schnell gebraucht werden. Am besten gar nicht.
Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | MDR Kultur am Nachmittag | 27. Februar 2024 | 16:10 Uhr