Mobilität in der Saalestadt Blick in die Zukunft: Wie die Menschen 2040 in Halle unterwegs sein sollen

04. November 2022, 05:00 Uhr

Weniger Autoverkehr, bessere Radwege, Vorrang für Bus und Bahn – das sind einige Punkte, wie der Verkehr in Halle zukünftig aussehen könnte. Eine Arbeitsgruppe hat sich auf erste konkrete Ziele geeinigt, wie die Menschen Jahr 2040 unterwegs sein sollen.

Die Einigung war schwierig. Lange herrschte eine eher konfrontative Atmosphäre in der Arbeitsgruppe zum "Ganzheitlichen Mobilitätskonzept" der Stadt Halle für das Jahr 2040, berichten Teilnehmer. Manche Mitglieder der Arbeitsgruppe wollen sich deshalb gar nicht zum Stand äußern, um das fragile Arbeitsklima nicht zu gefährden. Aber zuletzt sind die Stadtratsfraktionen, die Verwaltung und Akteure der Zivilgesellschaft ein großes Stück vorangekommen: Inzwischen liegt nämlich ein gemeinsames Papier vor. In dem "Entwurf einer Zielsetzung" sind erste Stichpunkte skizziert, wie der Verkehr im Jahr 2040 in Sachsen-Anhalts größter Stadt organisiert werden könnte.

Und klar ist schon jetzt, wie wir unterwegs sein werden, wird sich bis dahin stark ändern. Schon allein, weil ab 2035 Autos mit Verbrennungsmotor nicht mehr zugelassen werden. Auch der Verkehr in der Saalestadt soll sich ändern. Nicht überraschend, aber mit einer konkreten Quote versehen. Der motorisierte Individualverkehr soll zukünftig nur noch 25 Prozent bis 15 Prozent ausmachen (aktuell rund 35 Prozent). "Es gibt eine Verständigung darauf", erzählt Stadtrat Christian Feigl, Vertreter der Grünen in dem Ausschuss, im Gespräch mit MDR SACHSEN-ANHALT. Heißt: Die Hallenser sollen zukünftig mindestens drei Viertel ihrer Wege zu Fuß, mit dem Rad oder per Bus oder Bahn zurücklegen.

Fahrradverkehr soll verbessert werden

Dabei sei der öffentliche Personennahverkehr schon jetzt ganz gut aufgestellt. Allerdings könnte die Taktung bei Bussen und Bahnen immer besser sein, merkt Stadtrat Feigl an. Zukünftig sollen sie an Kreuzungen Vorfahrt haben. Angesichts des aktuellen Zustandes überrascht es nicht, dass das Fahrradwegenetz deutlich verbessert werden soll. Bestehende Lücken sollen geschlossen, zusätzliche Fahrradstraßen ausgewiesen und Schnellwege eingerichtet werden.

Jeder Hallenser soll innerhalb von 500 Metern das Hauptradwegenetz der Stadt erreichen. "Die Distanz ist viel zu groß", gibt Marius Fischer im Gespräch mit MDR SACHSEN-ANHALT zu bedenken. "Gerade Kinder oder Senioren lassen das Rad eher stehen, wenn sie nicht auf sicheren Radwegen unterwegs sein können." Fischer nimmt für den "Allgemeinen Deutschen Fahrrad Club" (ADFC) an den Treffen der Arbeitsgruppe teil. Auch die Bedingungen für Fußgänger sollen verbessert werden. Fachmann Fischer spricht davon, die "Aufenthaltsqualität" zu steigern.

Parkplätze am Straßenrand werden reduziert

Ein Punkt wird sicherlich besonders sichtbare Veränderungen aufzeigen: In bestimmten Stadtteilen mit vielen engen Straßen soll auf öffentlichen Flächen, also auch am Straßenrand, nicht mehr geparkt werden. "Es soll weiterhin ausreichend Parkplätze geben, allerdings nicht mehr von öffentlicher Hand", erklärt Fischer. Bedeutet: Grundstücksbesitzer oder Wohnungsgenossenschaften sollen stärker herangezogen werden, wenn es um die Schaffung von Parkflächen geht. "Auch das Anwohnerparken soll auf privaten Flächen erfolgen", macht Fischer klar.

Ziel soll sein, die "Lebensqualität" in den Quartieren zu steigern. Die frei werdenden Flächen könnten für Grünflächen genutzt werden, die das Klima gerade in den heißen Sommermonaten nachhaltig beeinflussen. Außerdem soll so der Verkehr sicherer gemacht werden. Liefer- oder Pflegedienste bekommen bessere Stellflächen. Begegnen sich mehrere Verkehrsteilnehmer, haben sie zusätzlichen Platz zum Ausweichen.

Noch nichts beschlossen – Stadtrat muss zustimmen

Klar muss aber auch sein: Bislang haben sich die Mitglieder der Arbeitsgruppe auf den Entwurf einer Zielsetzung geeinigt. Wie das alles erreicht werden kann, muss noch diskutiert und ausgearbeitet werden. "Als nächsten Schritt werden wir in die Teilbereiche reingehen und die mit Leben füllen", stellt Stadtrat Feigl klar. Anschließend soll das Konzept mit weiteren Akteuren der Stadtgesellschaft diskutiert werden, bevor es möglicherweise im nächsten Jahr vom Stadtrat beschlossen werden könnte.

MDR (Hannes Leonard)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 04. November 2022 | 12:00 Uhr

93 Kommentare

Mediator am 05.11.2022

Man muss sich schon künstlich dumm stellen um zu ignorieren, dass PKW die meiste Zeit des Tages dumm in der Gegend herum stehen und in Städten massenhaft öffentlichen Raum in Beschlag nehmen, den man sicher auch anders und vor allem besser nutzen könnte.

Man muss sich auch künstlich dumm stellen um zu behaupten, dass zusätliche Mobilitätsangebote wie Car Sharing, bessere Radinfrastruktur oder zukünftig autonomes Fahren, gleichbedeutend sind mit einem Verbot von privaten PKW.

Komisch, dass sich immer die gleichen Menschen hier im Forum künstlich dumm stellen und solch einfache Fakten der Realität nicht anerkennen wollen. Die in Halle diskutierten Vorschläge zielen auf das Jahr 2040 ab und wollen den privaten PKW Verkehr durch gute Alternativen lediglich reduzieren. Warum also regt man sich darüber auf? Weil die eigene Vorstellungskraft zu gering für solche Visionen ist und man lediglich das Konzept hat, dass alles irgendwie schön deutsch werden muss,d amit es gut wird?

Mediator am 05.11.2022

@Magdeburger Jung
Wo sehen sie denn da bitte die Verleumdung? Ist doch angeblich eine ganz normale demokratische Partei, wenn man von den vielen Rechtsextremisten in Führunsgpositionen mal absieht.

Komisch, dass sie statt Argumenten andere Kommentatoren einfach in eine sehr difuse linkgrüne Ecke stecken und das für völlig normla halten. Rechte Weinerlichkeit nenne ich so was!

Magdeburger Jung am 05.11.2022

Schauen sie sich bitte mal den MDR Beitrag zum autonomen Fahren in Stolberg an. Diese Technik steckt in den Kinderschuhen, wie soll da in 7 Jahren eine funktionierende Technik zur Verfügung stehen? Reines Wunschdenken und nicht umsetzbar. Realistisch ist das nicht, was sie hier von sich geben.
Rechnen wir mal 30-40 Jahre, dann wird es wohl eher realistisch.

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