Teilnehmer der Brandmauer-Demo in Dresden
Nachdem vor zwei Wochen schon einmal 40.000 Menschen in Dresden gegen Rechtsextremismus auf die Straße gegangen sind, versammelten sich an diesem Sonnabend 30.000 Menschen, um zu zeigen, wie wichtig ihnen der Erhalt der Demokratie ist. Bildrechte: xcitePRESS/Finn Becker

Bundesweiter Aktionstag Dresden setzt erneut Zeichen gegen Rechtsruck

03. Februar 2024, 20:51 Uhr

In Dresden haben am Sonnabend erneut zehntausende Menschen gegen den Rechtsruck demonstriert. Auf dem Theaterplatz traten unter anderem Vertreter der Kirchen, Gewerkschaften, Jüdischen Gemeinde, aber auch der Wirtschaft an das Rednerpult. Bands wie "Banda Comunale", das Elektro-Duo "Ätna" und "Revolverheld" unterstützten den Protest.

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Am Sonnabend haben erneut Zehntausende Menschen in Dresden ein Zeichen für Demokratie und gegen rechte Gesinnung gesetzt. Sie versammelten sich am Nachmittag auf dem Theaterplatz, wo mehrere Redner und Bands auftraten. Nach einer Demonstration durch die Innenstadt gab es auf dem Theaterplatz eine Abschlusskundgebung.

Kirchen und Jüdische Gemeinden warnen vor Ausgrenzung

"Heute stehen wir hier zusammen, um das zu verteidigen, was uns ausmacht und verbindet - gegen jedes Fremdheitsgefühl: Wir sind gleich, weil wir alle Menschenkinder sind", sagte der Bischof der evangelischen Landeskirche, Tobias Bilz. Angesichts der Gefahr für die freiheitlich-demokratische Grundordnung seien die Christen aufgefordert, das Wort zu ergreifen und sich nicht ins Private zurückzuziehen. "Es ist mit dem christlichen Glauben unvereinbar, Menschen aufgrund ihrer Herkunft, ihres Geschlechts, ihres Glaubens oder ihrer sozialen Zugehörigkeit zu entwerten."

Demo Dresden
Diese junge Frau will zwar anonym bleiben, sagt aber der MDR-Reporterin, dass sie die Recherchen zu dem Potsdam-Treffen zwischen der AfD, Werteunion und Rechtsextremisten aufgeschreckt habe. "Ich bin heute hier, weil es reicht. Ich bin die schweigende Mitte." Bildrechte: MDR/Eleonore Grahovac

Ein Vertreter der Jüdischen Gemeinde sagte, viele Jüdinnen und Juden in der Stadt seien angesichts der aktuellen Lage stark beunruhigt. Seit Jahren wachse das Potential des Antisemitismus und Rechtsextremismus auch in Sachsen. "Wir wissen, nicht jeder der die AfD wählt ist ein Nazi", so André Lang. "Aber diesen braunen Rattenfängern hinterher zu laufen und ihnen die Stimme zu geben, bedeutet doch Rechtsextremismus, Antisemitismus und Rassismus salonfähig zu machen."

Appell an Unternehmer: Sie müssen Vorbild sein

Einen Appell richtete auch ein Vertreter der sächsischen Wirtschaft an die Teilnehmenden, insbesondere die Unternehmer. Remigration löse keine Probleme, betonte Dirk Röhrborn vom Verband Silicon Saxony. Deutschland und Sachsen hätten einen Ruf zu verlieren, wenn sich ausländische Fachkräfte hier nicht sicher fühlten. "Liebe Unternehmerinnen und Unternehmer. Ich weiß, es sind viele von euch heute hier", so Röhrborn. "Ich wende mich ganz besonders an euch und ganz persönlich. Viele Menschen schauen darauf, was ihr sagt und was ihr tut. Als Unternehmer tragen wir Verantwortung. [...] Ich bitte euch: Sucht das Gespräch über die Probleme. Aber sprecht auch über das Gute, in der Familie, in euren Unternehmen, mit den Mitarbeitenden und in der Öffentlichkeit."

Unwort des Jahres: Remigration Der Begriff Remigration ist Unwort des Jahres 2023 und wird in der Identitären Bewegung, in rechten Parteien sowie weiteren rechten bis rechtsextremen Gruppierungen zu einem Euphemismus für die verfassungswidrige "Forderung nach Zwangsausweisung bis hin zu Massendeportationen von Menschen mit Migrationsgeschichte" verwendet.

Gewerkschaften, Parteien, Hochschulen und Organisationen vereint

Musikalisch unterstützten die Pop-Rock-Band Revolverheld, das Dresdner Electro-Independent-Duo Ätna sowie die Big Band Banda Comunale die Kundgebung des neu gegründeten, überparteilichen Bündnisses. Rund 200 Organisationen und Initiativen haben sich dem Aktionstag angeschlossen.

Zur Teilnahme aufgerufen hatte unter anderem der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB). Landesvorsitzender Markus Schlimbach verwies bereits im Vorfeld auf die Ergebnisse des Sachsen-Monitors, die erneut gezeigt hätten, dass Rassismus, Menschenfeindlichkeit, Rechtsextremismus und abstruse Verschwörungsmythen in Sachsen weit verbreitet seien. "Es kommt jetzt auf jeden Einzelnen und jede Einzelne an, sich dem rechten Treiben entgegenzustellen und für demokratische Grundrechte auf die Straße zu gehen“, so Schlimbach.

Die Polizei zog am Sonnabendnachmittag ein erstes Fazit. Demnach ist es zu keinen nennenswerten Störungen gekommen. Es werde in einem Fall wegen Beleidigung ermittelt.

Hinweis: Die Einordnung des Begriffs "Remigration" - Unwort des Jahres 2023 - hat die Redaktion nachträglich nach einem Nutzerhinweis ergänzt.

MDR (kav/dkö/lam)/dpa

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN | MDR SACHSENSPIEGEL | 03. Februar 2024 | 19:00 Uhr

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