Justiz Amtsgericht Pirna wegen Schleuser-Verfahren an der Belastungsgrenze

14. Februar 2024, 20:27 Uhr

Der enorme Zuwachs an festgestellten illegalen Einreisen hat das Amtsgericht Pirna an seine Belastungsgrenze gebracht. Bis Mai 2023 hätten pro Monat noch vier bis zehn Verfahren gegen mutmaßliche Schleuser stattgefunden, teilte das Gericht mit. Im Juni 2023 seien dann die Fallzahlen massiv gestiegen. Ermittlungsrichter hätten allein von Juni bis Oktober gegen 170 Schleuser Untersuchungshaft angeordnet.

Aufgrund der hohen Zahl an illegalen Einreisen hatte der Bund im Oktober 2023 feste Grenzkontrollen an den Grenzen zu Tschechien und Polen eingeführt. In der Folge gab es laut sächsischem Innenministerium einen deutlichen Rückgang von 7.500 illegalen Schleusungen im September auf nur noch 800 im November.

Das Amtsgericht in Pirna
Der größte Teil der Verfahren am Amtsgericht auf dem Pirnaer Sonnenstein dreht sich derzeit um Schleuserkriminalität. Bildrechte: picture alliance/dpa/Marko Förster

Kaum Zeit für andere Delikte

Der Direktor des Amtsgerichts Pirna, Alexander Klerch, sagte, für andere Kriminalfälle bleibe wegen der Schleuser-Verfahren kaum Zeit. Die Mitarbeiter seien erschöpft, die Sechsmonatsfrist zwischen Inhaftierung und Prozess könne nicht mehr durchgängig eingehalten werden. Es gebe kaum noch freie Verhandlungstermine, ebenso fehlten Säle. Zuweilen werde schon in der Bibliothek verhandelt.

Oft mehr als zehn Geschleuste pro Fahrzeug

Nach Angaben des Gerichts hat auch die Zahl der Geschleusten pro Fahrzeug deutlich zugenommen, über zehn Personen pro Van, SUV oder auf der Ladefläche eines Kleintransporters seien zur Regel geworden, schilderte die Behörde. Als Schleuser agierten immer mehr Ukrainer und Syrer.

Grenzkontrollen und Schleuser 29 min
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29 min

Do 21.12.2023 23:36Uhr 28:55 min

https://www.mdr.de/nachrichten/podcast/mdr-investigativ/video-784522.html

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Bei Verurteilung meist Freiheitsstrafe

Die meisten der Festgenommenen würden beim Amtsgericht Pirna als dem zuständigen Haftgericht auch angeklagt, bis Anfang November gingen fast 60 Anklagen ein. Etwa 50 bis 60 Prozent der von Juni bis Oktober 2023 Festgenommenen seien im Zuge eines Prozesses verurteilt worden, fast ausschließlich zu Freiheitsstrafen.

MDR (sth/msk)/dpa

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Regionalnachrichten aus dem Studio Dresden | 14. Februar 2024 | 17:30 Uhr

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