Zwei Männer stehen in einer Halle. 17 min
Projektleiter Thomas Brandenburg (re.) und Kraftwerksleiter Michael Geißler vor dem Heizkraftwerk der Stadtwerke Leipzig Bildrechte: Ralf Geißler
17 min

Neue Gaskraftwerke sollen künftig nicht nur Erdgas, sondern auch Wasserstoff verbrennen können. Letztes Jahr ging ein solches Kraftwerk in Leipzig ans Netz. Bis es mit Wasserstoff betrieben werden kann, dauert es noch.

MDR AKTUELL Di 02.04.2024 08:00Uhr 16:55 min

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Tschüss Kohle, hallo Zukunft – 2024 Leipzig wartet auf grünen Wasserstoff

02. April 2024, 05:00 Uhr

Damit Deutschland nie der Strom ausgeht, hat die Bundesregierung im Februar eine neue Kraftwerksstrategie beschlossen. Es sollen neue Gaskraftwerke gebaut werden, die nicht nur Erdgas, sondern auch Wasserstoff verbrennen können. So soll gewährleistet werden, dass Strom auch dann klimaneutral erzeugt werden kann, wenn weder die Sonne scheint noch der Wind weht. Ein Kraftwerk, das bereits jetzt wasserstofffähig ist, steht in Leipzig, das erste seiner Art in Deutschland, seit 2023 am Netz.

Ralf Geißler, Wirtschaftsredakteur
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Ein Kraftwerk kann auch hübsch sein. Jedenfalls, wenn man es so baut, wie die Stadtwerke Leipzig. Thomas Brandenburg steht vor dem Projekt, das er mehr als zwei Jahre betreut hat. Eine zartgelbe Terrakotta-Fassade unter strahlend blauem Himmel. Grünpflanzen ranken nach oben. Am Löschteich sitzt die Statue einer Meerjungfrau. Weil das Kraftwerk so effizient ist, qualmen die Schornsteine nur bei bestimmten Wetterlagen. Man sieht oft gar nicht, ob das Kraftwerk läuft oder nicht.

"Es läuft üblicherweise dann, wenn die Strompreise hoch sind. Und die Strompreise sind dann hoch, wenn kein Strom aus Photovoltaik oder Wind kommt", sagt Brandenburg. Er geht in das Kraftwerk hinein. Die Wände riechen noch nach frischer Farbe. Es gibt hier einen Besucherraum, denn das Kraftwerk soll ein Vorzeige-Projekt sein. Es kann statt Erdgas auch grünen Wasserstoff verbrennen.

Kraftwerksbetrieb mit Wasserstoff: Erste Testphase im Sommer 2026

Nach der Euphorie zum Projektstart bremst Brandenburg inzwischen aber die Erwartungen. Schnell passiere das nicht.

Zwei Männer stehen in einer Halle.
Projektleiter Thomas Brandenburg (li.) und Kraftwerksleiter Michael Geißler stehen im Heizkraftwerk Leipzig, das mitten in einem Wohnviertel errichtet wurde. Bildrechte: Ralf Geißler

Aktuell sei man dabei, die Durchführung des ersten Tests zu planen – für Sommer 2026. "Und dann testen wir drei Sommer hintereinander, also immer außerhalb der Heizperiode, jeweils ungefähr drei Wochen." Doch das könne man immer nur wenige Stunden machen. Den Wasserstoff werden Lkw bringen.

Denn über die Rohrleitungen kommt bislang ja noch Erdgas. Laut Kraftwerksstrategie der Bundesregierung soll es bundesweit künftig rund 20 solcher Kraftwerksblöcke geben, die mit grünem Wasserstoff laufen können, wenn Wind- und Sonnenstrom ausfallen.

Wir sind dann sozusagen das erste Kraftwerk in Europa, das in der Lage ist, das was die Bundesregierung möchte, technisch zu realisieren.

Thomas Brandenburg | Projektleiter bei den Stadtwerken Leipzig

Es ist eine Zeitenwende, die hier in Leipzig beginnen könnte: "Es gibt kein Kraftwerk auf der Welt, was das mal vorgefahren hat. Das heißt, es gibt kein Kraftwerk das jemals mit 100 Prozent Wasserstoff gelaufen ist, kommerziell", erklärt Brandenburg. "Wir sind dann sozusagen das erste Kraftwerk in Europa, das in der Lage ist, das was die Bundesregierung möchte, technisch zu realisieren."

Brandenburg spricht von einer "Machbarkeitsdemonstration", die man vorhabe. Am Ende werde das mit dem Wasserstoff technisch schon klappen. Das hofft auch Michael Geißler, der neue Kraftwerksleiter. Mit Schutzhelm und oranger Weste läuft er in den Maschinenraum, wo die Turbinen auf Hochtouren laufen – noch mit Erdgas.

Wasserstoff für Strom und Wärme in "kalten Winternächten"

"In dunklen Winternächten braucht man Wasserstoff", sagt Geißler. Ansonsten seien die Speicherformen doch sehr begrenzt, wenn man auf die Elektroenergie schiele, mit den Batterien und so weiter. "Also wir werden Wasserstoff brauchen, um Wärme und Strom zu erzeugen."

Michael Geissler
Michael Geißler wirkt als neuer Kraftwerksleiter in Leipzig an der Energiewende mit. Bildrechte: Ralf Geißler

Geißler läuft an den Turbinen vorbei. Ihr Lärm ist ohrenbetäubend. Draußen hört man von alledem nichts. "Für die Anwohner hier sind hohe Schallschutzanforderungen aufgestellt worden, die wir auch komplett eingehalten haben", sagt er. "Das heißt, wir haben das Gebäude so errichtet in massiver Betonbauweise, so dass man draußen gar nichts hört."

Das Heizkraftwerk Leipzig Süd steht in einem Wohnviertel. Auf dem Gelände wurde früher Kohle verheizt. So gesehen war der Neubau ein großer Schritt zu mehr Umweltfreundlichkeit. Wann der letzte Schritt zur Klimaneutralität wirklich kommt, bleibt aber offen. In den Plänen der Bundesregierung steht: Spätestens 2040 sollen Gaskraftwerke nur noch grünen Wasserstoff verbrennen.

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Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 02. April 2024 | 06:00 Uhr

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