Schauspieler proben auf einer Theaterbühne.
Aufführung des Stücks "Kafka" am Theater Rudolstadt. Bildrechte: Friedericke Lüdde

Landtagswahl 2024 Das planen die Parteien für die Kultur in Thüringen

30. August 2024, 05:30 Uhr

Am 1. September wird in Thüringen ein neuer Landtag gewählt. MDR KULTUR hat in den Wahlprogrammen nachgesehen: Welche kulturpolitischen Prioritäten setzen die Parteien – und wo wollen sie Neujustierungen vornehmen? MDR KULTUR hat die Wahlprogramme auf Versprechen und Positionen bezüglich Kunst und Kultur untersucht. Ein Überblick.

Die Thüringer Kulturlandschaft wird in den Wahlprogrammen aller Parteien positiv hervorgehoben. Vor allem die Finanzierung von Museen, Theatern, Orchestern, Schlösser und Gärten werden thematisiert, aber auch die faire Vergütung von Kunstschaffenden sowie die kulturelle Bildung.

Kultur als Staatsziel

Nach wie vor gibt es in Thüringen kein Kulturfördergesetz, das eine angemessene Kulturfinanzierung von Einrichtungen wie Museen oder Theatern verbindlich machen könnte. Als einzige Partei fordert Bündnis 90/Die Grünen in ihrem Wahlprogramm ein solches Gesetz, um Kultur landesweit "verlässlich" unterstützen zu können.

Die Grünen wollen die Kultur darüber hinaus auch als Staatsziel in die Landesverfassung aufnehmen. Dafür plädiert auch die SPD, die laut ihrem Programm "Kultur als Pflichtaufgabe in der Thüringer Kommunalordnung verankern" will. Die CDU wiederum will den "Kulturlastenausgleich reformieren", um so die Kulturförderung flexibler und leistungsabhängiger zu gestalten.

Die Säulenfassade des Meininger Staatstheater wird in der blauen Stunde von Scheinwerfern angestrahlt
Die Förderung von Theatern in Thüringen ist für alle Parteien ein wichtiges Thema. Bildrechte: picture alliance / Arifoto Ug/dpa-Zentralbild/dpa | arifoto UG

Thüringer Theater, Schlösser und Gärten

Mit Blick auf die Förderung einzelner Institutionen fällt auf, dass ohne Ausnahme in allen Wahlprogrammen die Theater und Orchester hervorgehoben werden. Ihre Finanzierung ist aber ohnehin bereits bis 2030 gesichert. Bündnis 90/Die Grünen plädieren dafür, diese Theater- und Orchesterfinanzierung langfristig beizubehalten. Auch die AfD will sich explizit für den Erhalt und die Fortentwicklung des bewährten Theater- und Orchesternetzes einsetzen. Ebenso wollen SPD, CDU, FDP Schauspielhäuser fördern. Die Linke und BSW heben als einzige Parteien die Bedeutung der freien Theaterszene hervor.

Schloss Friedenstein in Gotha
Thüringens Schlosser und Gärten sind Teil des kulturellen Erbes – und auch des Wahlkampfs. Bildrechte: Marcus Glahn

Die Finanzierung der zahlreichen thüringischen Schlösser und Gärten findet sich vor allem im Wahlprogramm der CDU wieder. Die Christdemokraten wollen die Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten weiter ausbauen – inklusive einer Erweiterung des Stiftungszwecks, sodass künftig alle Kulturdenkmäler in Thüringen inbegriffen sind. Auch aus Sicht der FDP sind Schlösser und Burgen ein wichtiger Bildungs-, Wirtschafts- und Standortfaktor. Die Liberalen wollen deswegen ihre Finanzierung fördern.

Museen, Gedenkstätten und Kultur auf dem Land

Um die Stärkung der rund 230 Thüringer Museen wollen sich FDP und CDU bemühen. Nach den Plänen der Christdemokraten sollen kleine und mittlere Häuser künftig durch ein eigenes Programm unterstützt werden. Für den Ausbau und Erhalt von Bibliotheken plädieren die Linke, SPD sowie Bündnis 90/Die Grünen. Die Förderung thüringischer Gedenkstätten wie Buchenwald und Mittelbau-Dora taucht nur im Wahlprogramm der Linken auf. Die CDU sieht aber ein "Gesamtkonzept Erinnerungskultur" vor, das Besuche an historischen Lernorten miteinbezieht.

Tor der Gedenkstätte Buchenwald
Nicht alle Parteien setzen sich für die Förderung von Gedenkstätten und Erinnerungskultur ein. Bildrechte: MDR/Grit Hasselmann

SPD und FDP wollen speziell Theater, Orchester, Museen, Burgen sowie Schlösser auf dem Land fördern. Auch das BSW fordert in seinem Wahlprogramm explizit, dass gute Kulturangebote nicht nur in Ballungszentren zur Verfügung stehen dürfen. Ebenso wollen die Grünen "Institutionen und Freiräume in allen Regionen Thüringens" stärken.

Kulturelle Bildung und Vergütung von Kunstschaffenden

In den Wahlprogrammen aller Parteien spielt die kulturelle Bildung und Teilhabe eine zentrale Rolle. SPD, CDU, BSW wollen insbesondere das Angebot von Musik- und Kunstschulen absichern. Die Linke möchte Kinder- und Jugendtheater stärken. Den kostenlosen Zugang zu kulturellen Einrichtungen für Kinder und Jugendliche fordern sowohl Bündnis 90/Die Grünen, SPD, BSW als auch die Linke. Die CDU möchte pro Quartal einen Familienkulturtag mit kostenfreiem Eintritt einführen. Die AfD plant dagegen eine "Thüringer Gästekarte", die Familien mit drei oder mehr Kindern eine günstigere Nutzung kultureller Angebote ermöglichen soll.

Ein wichtiges Thema für viele Parteien ist außerdem die angemessene Bezahlung von Kunst- und Kulturschaffenden. Die rot-rot-grüne Koalition hatte sich schon in der jetztigen Legislatur dafür eingesetzt. SPD, Linke und Bündnis 90/Die Grünen haben die Mindestvergütung für Künstlerinnen und Künstler auch weiterhin auf ihrer Agenda. Die Linke setzt sich insbesondere für Flächentarifverträge oder Tarifverträge für den öffentlichen Dienst an allen Theaterhäusern ein. Auch das BSW fordert in ihrem Wahlprogramm "faire und wertschätzende" Arbeitbedingungen.

Rund 1,6 Millionen Menschen in Thüringen zur Wahl aufgerufen

In Thüringen sind rund 1,6 Millionen Menschen wahlberechtigt. Das betrifft alle Deutschen, die am Wahltag das 18. Lebensjahr vollendet haben und seit mindestens drei Monaten ihren Hauptwohnsitz in Thüringen innehaben. Mit der ersten Stimme wird der Direktkandidat im Wahlkreis gewählt, mit der zweiten Stimme die Landesliste einer Partei.

Die kulturpolitischen Programme der Parteien:

CDU – Christlich Demokratische Union

Logo der Partei CDU
Bildrechte: MDR

Die CDU will die Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten weiter ausbauen. Kleine und mittlere Museen sollen durch ein eigenes Programm unterstützt und die Kulturförderung flexibler und leistungsabhängiger gestaltet werden.

Die Theater und Orchester sowie Musik- und Jugendkunstschulen sollen abgesichert werden. Pro Quartal soll es einen Familienkulturtag mit kostenfreiem Eintritt für Kinder und Jugendliche in Kultureinrichtungen geben.

Für die Erforschung von DDR-Geschichte will die CDU mehr Mittel bereitstellen und für die Opfer des SED-Regimes ein zentrales Denkmal errichten.

Das Wahlprogramm der CDU

AfD – Alternative für Deutschland

Logo der Partei AFD
Bildrechte: MDR

Die AfD setzt sich für die Einführung einer "Thüringer Gästekarte" mit einer kombinierten Nutzung kultureller und touristischer Angebote sowie des Nahverkehrs ein.

Die AfD will die ursprüngliche Kultur Thüringens und die deutsche Sprache schützen und fördern. Sie fordert die Festschreibung des Deutschen als Landessprache in der Thüringer Verfassung wie auch im Grundgesetz.

Die AfD unterstützt die Förderung musisch besonders begabter Kinder mit Stipendien und setzt sich für den Erhalt und die Fortentwicklung des bewährten Theater- und Orchesternetzes ein.

Das Wahlprogramm der AfD

Die Linke

Logo der Partei Die Linke
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Die Linke bezeichnet Thüringen als Kulturland. Kultur soll kein Luxusgut, sondern für alle zugänglich sein. Die Linke will Flächentarifverträge oder Tarifverträge für den öffentlichen Dienst an allen Theaterhäusern. Haustarife sollen zugunsten fairer Bezahlung abgeschafft werden. Die Spielstättenförderung soll nachhaltig verankert werden, auch für Theater der freien Szene. Kulturförderung für die soziokulturelle und freie Szene sollen ausgebaut werden. Kinder und Jugendliche sollen kostenlosen Zugang zu kulturellen Einrichtungen erhalten.

Die Bibliothekenlandschaft soll flächendeckend erhalten und ausgebaut werden. Für die Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora und ihre Außenlager fordert die Linke stärkere finanzielle Unterstützung vom Bund.

Das Wahlprogramm der Linken

Bündnis 90/ Die Grünen

Logo der Partei Die Grünen
Bildrechte: MDR

Die Grünen fordern Mindesthonorare bei Landesprojekten sowie landesweit Honoraruntergrenzen für Künstlerinnen und Künstler. Kultur soll verlässlich, dezentral und geschlechterneutral finanziell abgesichert werden. Kinder und Jugendliche sollen viele Kulturangebote kostenfrei nutzen können.

Kulturleistungen sollen als Pflicht in der Kommunalverordnung verankert werden. Theater- und Orchesterfinanzierung müssten langfristig gesichert werden. Das gilt auch bei Zuschüssen für Bibliotheken.

Die Grünen fordern im Wahlprogramm die weitere Aufarbeitung und Aufklärung über die NS-Verbrechen, das SED-Unrecht und die deutsche Kolonialgeschichte. 

Das Wahlprogramm der Grünen

SPD – Sozialdemokratische Partei Deutschlands

Logo der Partei SPD
Bildrechte: MDR

Kultur soll in der Kommunalordnung und der Landesverfassung verankert werden. Für Kinder und Jugendliche sollen Angebote kostenlos sein. Thüringer Orchester, Theater sowie das kommunale Angebot der Musik- und Jugendkunstschulen sollen gesichert werden, gerade im ländlichen Raum. Bibliotheken sollen gemeinsam mit den Kommunen erhalten und gestärkt werden. Kreative sollen Mindestvergütungen erhalten.

Das freiwillige soziale, ökologische, kulturelle oder politische Jahr soll besser vergütet werden: Zunächst mit den maximal möglichen 438 Euro monatlich, später auf Bafög-Niveau.

Das Wahlprogramm der SPD

FDP – Freie Demokratische Partei

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Bildrechte: MDR

Die FDP sieht Theater, Orchester, Museen, Burgen und Schlösser als wichtigen Bildungs-, Wirtschafts- und damit Standortfaktor. Die Finanzierung dieser Angebote will die Partei fördern, auch im ländlichen Raum. Dazu sollen mehr Landesmittel bereitgestellt werden.

Insbesondere möchte die FDP die kulturelle Bildung fördern. Kunst- und Kultureinrichtungen sollen stärker als bislang mit Schulen und Kindertageseinrichtungen kooperieren.

Das Wahlprogramm der Freien Demokraten

BSW – Bündnis Sahra Wagenknecht

Logo der Partei Bündnis Sahra Wagenknecht
Bildrechte: MDR

Das BSW will eine "Kultur-Card" für Schülerinnen und Schüler einführen, die kostenlosen Zugang zu kulturellen Einrichtungen ermöglicht. Jugendprojekte zu Bildung, Kultur und Freizeitgestaltung sollen aktiv gefördert werden, auch ein innereuropäischer Jugendaustausch.

Thüringens Theater- und Orchester-Kultur sowie bedeutende Festivals und die freie Szene sollen gefördert und ausgebaut werden. Künstlerinnen und Künstler sollen "faire" Arbeitsbedingungen haben.

Darüber hinaus will sich die Partei für den Erhalt kirchlicher Denkmäler und demokratischer Gedenkstätten einsetzen und den Aufbau von neuen Gedenkstätten und "Orten der Begegnung" fördern.

Das Wahlprogramm des BSW

Quelle: MDR KULTUR (Blanka Weber), MDR AKTUELL, Thüringer Landtag, Wahlprogramme
Redaktionelle Bearbeitung: vp

Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 29. August 2024 | 08:40 Uhr

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