Großrazzia im Dezember "Reichsbürger" wollten Bundestag gewaltsam stürmen

20. April 2023, 21:18 Uhr

Die im Dezember festgenommenen mutmaßlichen Führungsmitglieder der "Reichsbürger"-Gruppierung hatten einen bewaffneten Sturm des Bundestags geplant. Dem Bundesgerichtshof zufolge gab es konkrete Vorbereitungen. Unter anderem sollten den Plänen nach Abgeordnete in Handschellen abgeführt werden.

Mutmaßliche Führungsmitglieder der "Reichsbürger"-Gruppierung, die bei einer Großrazzia im Dezember festgenommen worden waren, sollen Pläne für einen gewaltsamen Sturm auf den Bundestag gehabt haben. Dafür seien sie "bereits in konkrete Vorbereitungshandlungen eingetreten", heißt es in einem Beschluss des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 30. März, der am Donnerstag in Karlsruhe veröffentlicht wurde.

Ein Kommando von bis zu 16 Personen habe Regierungsmitglieder und Abgeordnete in Handschellen abführen sollen, schreiben die Richter unter Verweis auf den Ermittlungsstand.

Ort, Datum und Politiker standen bereits fest

Einer der in Untersuchungshaft sitzenden Beschuldigten hatte dem Bericht zufolge in Berlin schon die Örtlichkeiten ausgekundschaftet, Fotos gemacht und eine Namensliste von Politikern, Journalisten und anderen Personen des öffentlichen Lebens erstellt.

Die ebenfalls festgenommene frühere AfD-Bundestagsabgeordnete Birgit Malsack-Winkemann habe "verschiedene Mitglieder der Vereinigung über Anwesenheitszeiten von Abgeordneten und Regierungsmitgliedern" informiert. Außerdem habe sie geplant, das Reichstagsgebäude gemeinsam mit einem anderen Beschuldigten zu betreten. Bereits im Dezember hatte die Bundesanwaltschaft mitgeteilt, dass es Pläne der Gruppe gegeben habe, gewaltsam in den Bundestag einzudringen.

"Militärischer Arm" für geplante Machtübernahme mit Waffen

Nach früheren Angaben der Bundesanwaltschaft hat sich die Gruppe spätestens seit Ende November 2021 intensiv den Vorbereitungen gewidmet. Zentrales Gremium war demnach ein regierungskabinettähnlicher "Rat". Daneben soll ein "militärischer Arm" für die geplante Machtübernahme mit Waffengewalt zuständig gewesen sein. Den Angaben des BGH zufolge führte diese Planungen "der engste Führungszirkel", zunächst zwei Männer.

Fotos von Absperrgittern um Regierungsgebäude

Die bis zu 16 Personen hätten sich nach Aussage des BGH vornehmlich aus aktiven oder ehemaligen Angehörigen von Spezialeinheiten der Bundeswehr oder der Polizei zusammensetzen sollen. Dafür hätten die Männer schon Kontakt zu mehreren Angehörigen des Kommandos Spezialkräfte (KSK) aufgenommen. Einer der Männer soll sich unter anderem Munition, Gewehrmagazine und Nachtsichtgeräte besorgt haben.

In Berlin soll er Fotos von Absperrgittern am Paul-Löbe-Haus, vom Eingang der U-Bahn-Station "Bundestag" und vom Schloss Bellevue gemacht haben, also vom Sitz des Bundespräsidenten. Das Paul-Löbe-Haus beherbergt die Ausschüsse des Bundestags und liegt nur wenige Meter vom Reichstagsgebäude entfernt.

Der Bundestag hatte Anfang März seine Zugangsregeln verschärft, auch als Reaktion auf die Ermittlungen des Generalbundesanwalts.

BGH: Gefahr ist erheblich

Die BGH-Strafrichter sprechen von "konkreten vielfältigen Vorbereitungshandlungen" und ziehen daraus den Schluss, von der Gruppierung gehe eine erhebliche Gefahr aus.

Anlass für die Ausführungen des BGH war die Beschwerde eines Mannes, der angibt, bei den Durchsuchungen von den Ermittlern mit seinem Bruder verwechselt worden zu sein. Die Richter verwarfen seine Beschwerde Ende März.

Bei der Razzia am 7. Dezember waren 25 Männer und Frauen festgenommen worden, von denen zuletzt noch 23 in U-Haft waren. Die Bundesanwaltschaft führt in dem Komplex inzwischen 61 Personen als Beschuldigte. Sie sieht in der Gruppe eine Terrorvereinigung, die das politische System in Deutschland stürzen wollte.

dpa (amu)

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Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 10. März 2023 | 08:12 Uhr

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