Sven Liebich vor dem Amtsgericht Halle im Juni 2023.
Der Rechtsextremist Sven Liebig ist erneut angeklagt worden. (Archivbild) Bildrechte: picture alliance/dpa | Heiko Rebsch

Üble Nachrede und Beleidigung Rechtsextremist Sven Liebich erneut angeklagt

von Thomas Vorreyer, MDR SACHSEN-ANHALT

08. Dezember 2023, 05:05 Uhr

Sven Liebich droht der nächste größere Prozess. Sowohl die Staatsanwaltschaft Halle als auch die Generalstaatsanwaltschaft Naumburg haben neue Anklagen gegen ihn erhoben. Liebich, der Hetz-Aufkleber im Internet verkauft hatte, darf zudem kein Gewerbe mehr betreiben. In gleich drei weiteren Gerichtsverfahren steht ein Berufungsprozess an.

Die Staatsanwaltschaft Halle hat den Rechtsextremisten Sven Liebich erneut angeklagt. Sie wirft ihm üble Nachrede und Beleidigung in zwei Fällen vor, wie eine Sprecherin MDR SACHSEN-ANHALT mitteilte. Bei den Geschädigten handle es sich jeweils um Mitarbeitende der Versammlungsbehörde Halle.

Das Amtsgericht Halle hat die Anklagen zusammengezogen, aber noch nicht über ihre Annahme entschieden, so ein Gerichtssprecher. Liebich droht zum wiederholten Male ein größerer Prozess, denn auch die Generalstaatsanwaltschaft Naumburg hat ein Ermittlungsverfahren gegen ihn abgeschlossen. Laut dem Gerichtssprecher ist auch hier eine Anklage am Amtsgericht Halle anhängig. Sollte diese angenommen werden, sei eine Zusammenlegung mit den anderen Verfahren "nicht fernliegend".

Umfangreiches Ermittlungsverfahren

Was Liebich in diesem Verfahren genau vorgeworfen wird, teilten weder Amtsgericht noch Generalstaatsanwaltschaft auf Anfrage mit. Laut früheren Angaben der Behörden waren Ermittler unter anderem dem Verdacht der Volksverhetzung, der Belohnung und Billigung von Straftaten und dem Betreiben krimineller Handelsplattformen im Internet nachgegangen.

Es war das erste Ermittlungsverfahren dieser Art in Sachsen-Anhalt. Im Fokus stand ein Internet-Shop für Aufkleber und T-Shirts, dessen Geschäftsführer Liebich jahrelang war. Ende April 2022 durchsuchten die Behörden unter anderem die Geschäftsräume des Shops. Die Ermittlungen gegen eine weitere Beschuldigte laufen noch, so ein Sprecher der Generalstaatsanwaltschaft. Bei der Frau handelt es sich nach MDR-Informationen um die Gesellschafterin der Firma, die eine Schwester Liebichs ist.

Drei Motive, die Liebich über eine weitere Website vertrieben hatte, waren Teil des Urteils des Landgerichts Halle, das Liebich im Oktober 2022 unter anderem der Verleumdung Personen des politischen Lebens und Volksverhetzung schuldig sprach. Die Strafe von zehn Monaten Haft ausgesetzt zur Bewährung ist rechtskräftig.

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Gewerbeuntersagung rechtskräftig

Ebenfalls rechtskräftig ist eine Gewerbeuntersagung gegen Sven Liebich, die die Stadt nach dem Urteil des Landgerichts Halle eingeleitet hatte. Dieser darf kein Gewerbe mehr betreiben und somit auch nicht den Internet-Shop führen. Ein Widerspruch Liebichs war erfolglos, wie eine Sprecherin des zuständigen Landesverwaltungsamtes MDR SACHSEN-ANHALT bestätigte.

Bei Liebich ließen "erhebliche Steuerrückstände, Steuerhinterziehung, Verleumdung" und weitere rechtskräftigen Verurteilungen darauf schließen, "dass er nicht gewillt ist, die Rechtsordnung einzuhalten", so die Sprecherin. Zudem habe er mehrfach gegen das Telemediengesetz verstoßen. Liebich habe auf weitere Schritte verzichtet. Über das Verfahren hatte der MDR erstmals im Podcast "Extrem rechts" berichtet.

Die hallesche Landtagsabgeordnete Henriette Quade (Die Linke) nannte die Untersagung einen "wichtigen Schritt gegen rechtsextreme Versandhandelsstrukturen". Sie sei aber schon früher möglich gewesen, hätte die Justiz die Verfahren gegen Liebich schneller und engagierter betrieben. Quade sagte, eine Umgehung der Untersagung "etwa durch das Vorschieben von Strohmännern oder Verwandten" müsse verhindert werden.

Die Gewerbeuntersagung richtet sich nur gegen Liebich selbst, nicht gegen den Internet-Shop. Der Betrieb läuft weiter. Laut Firmenangaben führt derzeit eine zweite Schwester Liebichs die Firma. Sven Liebich ließ Anfragen zu einzelnen Vorwürfen in der Vergangenheit unbeantwortet. In Äußerungen auf Demonstrationen oder im Internet bestritt er strafbare Absichten, stellte sich als politisch Verfolgter und Künstler dar oder gab an, aus Notwehr heraus gehandelt zu haben. Auch seine Schwestern ließen Anfragen unbeantwortet.

Mehrere Berufungsverfahren stehen an

Noch unklar ist derzeit der Ausgang von drei weiteren Gerichtsverfahren. So hatte das Amtsgerichte Halle Liebich im Juli zu seiner ersten Freiheitsstrafe ohne Bewährung verurteilt. Doch sowohl Liebich als auch die Staatsanwaltschaft gingen in Berufung. Das Landgericht Halle hat allerdings noch keinen Termin angesetzt.

Auch in Berlin steht das Berufungsverfahren nach einem Urteil des Amtsgerichts Tiergarten vom November 2022 noch aus. Hier hatte Liebich eine Geldstrafe erhalten. Er hat zudem Rechtsmittel gegen eine Freiheitsstrafe ohne Bewährung eingelegt, zu der ihn das Amtsgericht Leipzig im September verurteilt hatte.

Seit dem Spätsommer tritt Sven Liebich auch wieder stärker auf Demonstrationen in der Innenstadt von Halle auf. So kam es Anfang September am Rande des CSD in Halle bzw. von zwei Gegendemos von Liebich zu Auseinandersetzungen mit anderen Demonstrierenden.

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MDR (Thomas Vorreyer, Annekathrin Queck)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT - Das Radio wie wir | 07. Dezember 2023 | 16:30 Uhr

9 Kommentare

Denkschnecke vor 20 Wochen

Was wollen Sie uns sagen: Dass man einen notorischen Steuerhinterzieher und Hassprediger, der aktenkundig zu körperlicher Gewalt gegen andere Bürger aufgerufen hat, nicht verurteilen soll? Bei anderen Fällen - auch und gerade in Halle - erregen sich gewisse Kreise regelmäßig, dass die Justiz immer nur "du, du" macht.

Wessi vor 20 Wochen

Gewöhnen Sie sich ab "uns" zu sagen @ Vopo.Sie sprechen nicht fürs Volk!"Gefährliche Rechte" sollte es nach 33-45 hierzulande gar nicht mehr geben.Genau deshalb sind sie die "gösste Bedrohung"...auch in der Kriminalstatistik.Sie verschulden 60 Millionen Tote und ein geteiltes Land.Die Strafen für Liebich und Konsorten finde ich als zu milde.Da sollte Besatzungsrecht angewendet werden.

Anita L. vor 20 Wochen

Ich stelle mir gerade vor, wie Sie Steuerhinterziehung, üble Nachrede, Verleumdung, kriminelle Geschäftspraktiken etc. mit Beton- und Stahlpollern verhindern wollen... oder anders gesagt: Was hat das eine mit dem anderen zu tun? Die Staatsmacht im Sinne von Staatsanwaltschaft kann nun einmal erst dann "mit aller Konsequenz durchgreifen" im Sinne von Straftaten ahnden, wenn diese begangen wurden. Und das ist hier nun einmal nur bei Herrn Liebich der Fall. Wobei es natürlich wünschenswert gewesen wäre, man hätte der Gefahr, die sich in seiner Person und seinem Handeln angedeutet hat, ähnlich umfassend vorgebeugt wie den möglichen Anschlägen auf Weihnachtsmärkte.

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