Waidblauen Fahnen auf der Krämerbrücke  Erfurt
Nach dem Start in Weimar werden auch in Erfurt (Foto von der Krämerbrücke) und in anderen Städten in Thüringen im Oktober die Achava-Festspiele gefeiert. Bildrechte: imago images/Steve Bauerschmidt

Dialog und Musik Achava-Festspiele werden in Weimar eröffnet

05. Oktober 2023, 04:00 Uhr

Am Donnerstag werden die 9. Achava-Festspiele in Weimar eröffnet. Im Zentrum des jüdisch-interreligiösen Festivals stehen mehrere Konzerte, bei denen unter anderem internationale Stars mit jungen Menschen aus hiesigen Musikschulen zusammenkommen. Außerdem sind Gespräche mit Holocaust-Überlebenden und anderen Zeitzeugen geplant sowie Führungen auf den Spuren jüdischer Kultur.

Es geht um Gespräche, um Dialog und Begegnung: Die 9. Achava-Festspiele Thüringen werden am Donnerstag mit einer Performance und einer Open-Air-Party in Weimar eröffnet. Nach Angaben der Veranstalter handelt es sich um das größte jüdisch-interkulturelle Festival in Deutschland, das auch regelmäßig in Städten außerhalb Thüringens mit Veranstaltungen präsent ist. Das Festival läuft zweieinhalb Wochen und wird am 22. Oktober in der Augustinerkirche in Gotha mit einem Konzert beendet.

Grundgedanke der Achava-Festspiele

"Achava" kommt aus dem Hebräischen und kann mit Geschwisterlichkeit übersetzt werden, erklärt Martin Kranz, der Leiter des Thüringer Festivals bei MDR KULTUR. Für ihn stand der Gedanke von Gemeinschaft und Solidarität im Zentrum, als er 2015 das Festival startete.

Es war eine Reaktion auf den Völkermord an den Jesiden in Syrien: "Das war der Kern, um die jüdische Idee des lebenslangen Lernens zu verfolgen. Dann der Blick zu den anderen – das heißt, das Öffnen des Herzens, das Öffnen des Geistes und zu sagen: 'Lasst uns doch mal schauen, wie geht's dem Anderen'", erklärte Kranz.

Martin Kranz: Ein Mann in hellblauem Anzug.
Martin Kranz hat die Achava-Festspiele 2015 in Thüringen gegründet. Bildrechte: imago/Bild13

Diese Idee findet sich auch in diesem Jahrgang wieder. Am Beginn steht die Aktion "Lasst uns balancierend reden" in der Bauhaus-Universität Weimar. Dafür wird die Installation "Seat#12" der Weimarer Künstlerin Jenny Brockmann genutzt, die wie eine Wippe in Sternform funktioniert. "Da muss man sich hinsetzen und erst mal ausprobieren: wie kann man miteinander sitzen, sich aufeinander einlassen. Sonst fällt nämlich einer oder mehrere runter von der Installation. Man musss das Reden also miteinander ausbalancieren", erzählt Kranz.

Auf der Installation sollen dann Holocaust-Überlebende, Studierende und beispielsweise ein Musiker aus Tel Aviv Platz nehmen. Auch in anderen Formaten sollen Zeitzeugen reden oder Führungen einen Blick auf die jüdische Kultur in Thüringen ermöglichen – denn bei den Achava-Festspielen soll es auch um das Erinnern gehen.

Konzerte in Weimar, Gotha und Erfurt

Im Zentrum stehe jedoch die Musik, so Kranz: "Wir laden internationale Künstler und lassen sie mit jungen Musikern aus Musikschulen, aus Schulen zusammentreffen. Sie gehen in einen musikalischen Austausch, in einen Dialog, und am Ende steht dann immer ein gemeinsames Konzert." In Weimar wird das Ensemble Sadaqa mit dem Achava Project Orchestra auftreten. In Gotha wird Helmut Eisel mit jungen Menschen für das Konzert "Jewish Land and Gypsy Style" proben.

Dahinter steht ein Werkstatt-Gedanke, den Festival-Chef Martin Kranz auf das Bauhaus zurückführt: "Auf Augenhöhe miteinander in ein gemeinsames Üben zu gehen: Die Schülerinnen und Schüler lernen von den sogenannten Meistern. Auf der anderen Seite geben sie den Profis auch etwas mit auf den Weg, nämlich Unbekümmertheit und vielleicht auch, locker zu sein."

Auch darüber hinaus sind Konzerte geplant: Tim Fischer erinnert in der Peterskirche Erfurt an den Musikkabarettisten und Komponisten Georg Kreisler und Yael Deckelbaum hat mit ihrem Song "War is not a Woman's Game" dem diesjährigen Festival eine Art Motto gegeben.

Ein Frau steht in einer Wüste. Auf ihrem weißen Hemd steht "What about the woman".
Yael Deckelbaum spielt bei den Achava-Festspielen in der Peterskirche Erfurt. Bildrechte: Omar Messinger

Neuer Ort in Eisenach

Die Achava-Festspiele bieten schon seit einigen Jahren Veranstaltungen in Eisenach an. Dieses Jahr nutzen sie dafür einen neuen Spielort: Das E-Werk – ein ehemaliges Elektrizitätswerk, das zu einem Kulturort umgebaut wurde.

Regelmäßig kommen neue Orte und Städte zum Programm hinzu, in der Regel auf eigene Initiative, wie Martin Kranz im Gespräch mit dem MDR betont: "Sie fragen uns an, dann gehen wir in die Stadt, sprechen mit den Institutionen und vor allem mit der Zivilgesellschaft. Wir fragen: Was interessiert Euch? In den meisten Fällen ist es eine Erkundungsreise in die Vergangenheit: Was war Jüdisches bei Euch? Was hat die Stadt gemacht? Was hat sie ausgemacht? Damit starten wir eine gemeinsame Erkundungsreise." Laut Kranz läuft dieser Prozess gerade in Mühlhausen, die vielleicht bei den 10. Achava-Festspielen im nächsten Jahr dabei sein werden.

Weitere Informationen Die 9. Achava-Festspiele finden vom 5. bis 22. Oktober statt.

Ausgewählte Veranstaltungen:

5. Oktober, 12 bis 18 Uhr: Lasst uns balancierend reden! in der Bauhaus-Universität Weimar

7. Oktober, 19:30 Uhr: Yael Deckelbaum & The Mothers – "What About the Women" in der Peterskirche Erfurt

8. Oktober, 19 Uhr: Tim Fischer mit dem Tigerfest zum 100. Geburtstag von Georg Kreisler in der Peterskirche Erfurt

12. Oktober, 19 Uhr: "Lebendige Erinnerung – Die Leben des Pavel Taussig und Petro Mischtschuk" im Cineplex Gotha

14. Oktober, 19 Uhr: Sadaqa meets Achava Project Orchestra im Jugend- und Kulturzentrum mon ami, Weimar

22. Oktober, 16 Uhr: Abschlusskonzert "Jewish Land and Gypsy Style" in der Augustinerkirche Gotha

Quelle: MDR KULTUR (Annett Mautner, Antje Kirsten), MDR KLASSIK (André Sittner)
Redaktionelle Bearbeitung: tsa

Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | MDR KULTUR am Morgen | 04. Oktober 2023 | 08:10 Uhr

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